Freizeit

„Auf Bäume klettern und kleinere Blessuren sollten kein Drama sein!“

Kinder- und Bewegungstrainerin Theresa Gansterer erzählt, warum Bewegung für Kinder so wichtig ist, wie der Turnunterricht idealerweise aussieht und was es bei außerschulischen Sportkursen zu beachten gilt.

Warum ist Bewegung für Kinder so wichtig und wieviel Bewegung brauchen sie denn eigentlich?
Motorik spielt in so vielen Bereichen unseres Leben eine wichtige Rolle. Wenn Kinder sich bewegen, lernen sie sich im Raum zu orientieren, entwickeln ihre Handlungskompetenzen und steigern ihre Konzentrationsfähigkeit. Die WHO empfiehlt 60 bis 180 Minuten täglich für Kinder und Jugendliche. Kleinkinder sollten sich 180 Minuten am Tag bewegen. Volksschulkinder im Schnitt 90. Laut Studien erreichen nur 26 Prozent aller Kinder in unseren Breiten diese Vorgabe. Mit fatalen Folgen: Im Schnitt hat etwa die Knochendichte bei Kindern in den letzten 20 Jahren bereits im frühen Alter um die Hälfte abgenommen.

Freie Bewegung oder Kurse – was ist besser?
Ich empfehle Kindern bis sechs Jahren Kurse, die vielfältig die motorischen Grundfertigkeiten ausbilden, wie zum Beispiel Kinderturnen. Ich erlebe es immer wieder, dass Kinder in der Volksschule keinen Purzelbaum zusammen bekommen, sich kaum irgendwo hochziehen oder schlecht balancieren können. Und natürlich gibt die Natur viel her. Vorrausgesetzt, dass Kinder zum Beispiel auch auf Bäume klettern oder wo runter springen dürfen, dass kleinere Blessuren kein Drama sind – und das dreckige Gewand schon gar nicht. Erfahrungen geben schließlich Sicherheit und schärfen die Reaktionsfähigkeit für Handlungsabläufe auch allgemein für den Alltag.

Sportkurse nach der Schule sind sehr beliebt. Inwiefern sind sie auch sinnvoll?
Egal ob Geräteturnen, Leichtathletik, Schwimmen oder Tanzen – der Kurs muss Spaß machen. Ich halte nichts davon, Kinder um jeden Preis zum Bewegen zu drängen, weil es gesund ist, sich zu bewegen. Natürlich ist Bewegung immer ein guter Ausgleich und manchmal brauchen die Kinder auch einen kleinen Motivationsschub. Aber gerade wenn das Kind nach einem anstrengenden Schulvormittag ausgepowert in den Kurs kommt, muss man genau hinschauen, was es gerade braucht.
Gute Trainer erkennen übrigens, wenn es dem Kind zu viel ist. Gerade im polysportiven Bereich eignen sich ruhigere Stationen, wie zum Beispiel Schaukeln, auch als Rückzugsort. Auch Zuschauen kann einmal voll ok sein.

Wegen Corona fand Turnen öfter im Freien statt. Ist es nicht ohnedies förderlich, dass Kinder sich im Freien austoben anstatt sich an Geräten & Co abzuarbeiten?
Die Natur und das freie Spiel in den Unterricht einzubeziehen ist immer wünschenswert. Im Kindergarten zum Beispiel mit Waldtagen. In der Schule passen die Rahmenbedingungen dafür nicht immer. Mit 50 Minuten – und meist nur einer Lehrperson – ist das alles zu knapp. Ländliche Schulen haben oft mehr Möglichkeiten, weil der Wald, die Langlaufloipe oder die Rodelbahn gleich nebenan sind. Es gibt Schulen, die wirklich abwechslungsreiche Projekte umsetzen. Mit bewegten Pausen etwa oder Konzepten, bei denen Sport auch mit anderen Fächern verknüpft wird. Der Stellenwert von Bewegung ist in den vergangenen Jahren zum Glück stark gestiegen. Aber da ist sicher noch Luft nach oben.

Wie schaut denn der ideale Turnunterricht in den Schulen aus?
Meiner Meinung nach brauchen wir mehr polysportiv ausgebildete Menschen, die von extern in den Schulen herangezogen werden. Denn für Volksschullehrer ist es schon eine ordentliche Herausforderung, neben allen Fächern auch noch auf der sportlichen Ebene ein kreatives, auf die verschiedenen Bedürfnisse abgestimmtes Programm auf die Beine zu stellen. Sport in der Schule muss jedenfalls so gestaltet werden, dass Freude vermittelt wird und die Aufgabenstellung alle Kinder anspricht, auch schwächere oder übergewichtige.

„Bewegung ist immer ein guter Ausgleich – das Wichtigste ist, dass Bewegung Spaß macht!“
Theresa Gansterer
Kinderfitnesstrainerin und Motopädagogin
www.bewegungswelt.at

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