Freizeit

Die Entdeckung der Welt – auf Skateboards

Hollywoodstar Jonah Hill präsentiert mit dem Berlinale Beitrag „Mid90s“ eine sehenswerte Liebeserklärung an die 90er-Jahre.

Los Angeles, Mitte der 90er: Stevie (Sunny Suljic) hat es nicht gerade leicht, denn er wächst in einer nicht gerade schmucken Gegend von Los Angeles auf, seine alleinerziehende Mutter Dabney (Katherine Waterston) ist überfordert und hat wechselnde Männerbekanntschaften, sein älterer Bruder Ian (Lucas Hedges) verprügelt ihn regelmäßig und Freunde hat Stevie auch keine. Die heißen Sommertage verbringt er damit, das Nintendo-Spiel „Street Fighter II“ zu spielen, und verbotenerweise die CDs von Ian zu hören.

Eine coole Gang

Als er eines Tages wieder einmal mit seinem Fahrrad durch die Straßen Los Angeles’ cruist, trifft Stevie vor dem Motor Avenue Skateshop auf eine Gruppe Burschen. Fuckshit (Olan Prenatt), Ruben (Gio Galicia), Fourth-Grade (Ryder McLaughlin) und Ray (Na-kel Smith) haben tief sitzende Hosen an, sprechen Rapper Slang, legen sich mit Erwachsenen an – und sie fahren so professionell Skateboard wie es Stevie noch nie gesehen. Dabei geht es vor allem um eines: cool zu sein, sich nicht um Konventionen zu kümmern und aus dem System auszubrechen.

Stevie ist begeistert von den älteren Burschen und bald wird er Teil der Gang dank der er eine neue Welt entdeckt: Gemeinsam skaten die Burschen an verbotenen Plätzen, werden von der Polizei gejagt, rauchen, trinken und dann gibt es da ja auch noch die Mädchen, die sich erstmals für den einst schüchternen Stevie interessieren. Der emanzipiert sich mehr und mehr von seiner Familie, fühlt sich plötzlich erwachsen und unbesiegbar. Jedoch: die neue, ungewohnte Freiheit, die Stevie genießt sowie die mangelnde Kontrolle durch seine überforderte Mutter führen bald zu gefährlichen Situationen, die die Burschen längst nicht mehr unter Kontrolle haben – und Stevie muss erleben, dass auch Skaterhelden böse stürzen können.

Die Skater-Gang rund um Ray (Na-kel Smith) wird erwachsen.

Berührendes Coming-of-Age-Drama

Jonah Hill ist den meisten Kinozuschauern durch seine Rollen in „Wolf of Wall Street“ und „21 Jump Street“ bekannt. Zur 69. Ausgabe der Internationalen Filmfestspiele Berlin ist der Schauspieler allerdings als Regisseur gekommen und stellt hier in der Panorama Schiene sein Regiedebüt „Mid90s“ vor. Der im raren Filmformat 4:3 gedrehte Film ist eine cineastische Liebeserklärung an die 90er-Jahre geworden: Es geht ums Skaten, um Popkultur und um Musik– von den Pixies bis zum Wu-Tang Clan. Dabei ist „Mid90s“, für dessen Drehbuch Hill auch verantwortlich zeichnet, weit mehr ist als eine verklärte Coming-of-Age Geschichte, denn man merkt, dass der Filmemacher, geboren im Jahr 1983, eine Zeit verfilmt hat, die er selbst erlebt hat und durchaus einiges vom Skaten versteht.

„Dieser Film“, so Jonah Hill, „hat auch etwas mit meinem Leben zu tun. Es geht nicht nur um das Gefühl des Erwachsenwerdens sondern auch darum, dass man auf eine Gruppe von Menschen trifft, die man zu seiner Familie machen möchte. Es ist Film über Kinder, die im Leben Sicherheit suchen, ständig auf der Straße sind, aber auch wissen, wie man sich verhält und zugleich erwachsen werden. Ich wollte mit diesem Film nicht nur eine Zeit und eine Subkultur zeigen, sondern auch Hoffnung.“

Liebevolle Momentaufnahme

„Mid90s“ feierte seine Premiere im Herbst 2018 beim renommierten Toronto Film Festival und landete kurz nach seinem Start bereits in den Top-10 der US-Kinocharts – und das zu recht: Der Film, ist, obwohl von einem Hollywoodstar gedreht, der meist in großen Produktionen mitspielt, keinesfalls Mainstream und eine verklärte Sicht auf eine Jugendkultur – er beleuchtet auch die schwierigen familiären Hintergründe der Burschen, die mit alkoholkranken Eltern, Tod, Wohlstandsverwahrlosung oder Armut konfrontiert sind – und gerade das macht „Mid90s“ so stark.

Für seinen Film hat Jonah Hill, wie er in Berlin verrät, in Skater-Parks nach jungen Burschen gesucht – und so seinen jungen Hauptdarsteller Sunny Suljic gefunden. Andere aus dem Cast, wie etwa Na-kel Smith hingegen sind bereits erfolgreiche Profi-Skater, arbeiten als Designer, Models und Schauspieler. Jonah Hill: „Wir haben Sunny auf seinem Skater-Ring gefunden. Und als ich ihn gesehen habe, habe ich sofort gewusst, dass er dabei sein muss.“ „Mid90s“ – die liebevolle-wehmütige Momentaufnahme (in Deutschland ab 12 Jahren freigegeben) einer Jugendkultur, die bis heute weiterlebt – und einer der bislang stärksten Film der Berlinale 2019.

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