Freizeit

Einkaufen fürs Klima

Liptauer statt Streichwurst, Glas statt Plastik, Secondhand statt Fast Fashion. Bewusste Kaufentscheidungen wirken sich direkt auf den ökologischen Fußabdruck aus. Familie Tittel hat den Umstieg versucht – und kann sich das Leben heute gar nicht mehr anders vorstellen.

Die Äpfel kommen vom Bauern, an der Feinkosttheke wird der Aufschnitt direkt in die Edelstahldose geschichtet, der Müll muss in der Regel nur einmal im Monat raus. „Bewusster Konsum ist befreiend“, sagt Charlotte Tittel. Die zweifache Mutter beschäftigt sich seit einigen Jahren mit dem Thema Nachhaltigkeit, gemeinsam mit ihrer Familie hat sie ihren Haushalt in dieser Zeit Stück für Stück umgestellt – um die Umwelt zu schonen und Müll zu vermeiden.

„Am Anfang weiß man gar nicht, wo man anfangen soll, aber mit der Zeit wird es immer einfacher. Heute gehe ich an den meisten Dingen im Supermarkt einfach vorbei. Ich muss mich nicht mehr zwischen 20 Sorten Nudeln entscheiden, ich nehme die, die in Papier eingepackt sind, und fertig. Das ist eine Erleichterung und fühlt sich wirklich gut an.“ Dass das so gut klappt, hat auch damit zu tun, dass die Möglichkeiten, biologisch und verpackungsfrei einzukaufen, stetig steigen. Denn während das Bewusstsein für Umweltschutz auf Seiten der Konsumenten immer größer wird, bauen die Hersteller und Produzenten ihr Angebot dementsprechend aus.

Unverpackt einkaufen. Familie Tittel kauft am liebsten direkt bei Produzenten ein. In die Stoffbeutel kommen so nur regionale Lebensmittel. Auch die Kinder werden miteinbezogen – das schafft Bewusstsein.

Die Lebensmittelformel: regional und saisonal

„Über das Kaufverhalten kann man direkt Einfluss nehmen“, weiß auch Gabriele Homolka von der Umweltberatung Wien. „Der einfachste und effektivste Schritt ist, ausgewählte Lebensmittel in Bioqualität zu wählen. Es gibt mittlerweile ein wirklich großes Angebot, und bei den Grundnahrungsmitteln ist der Preisunterschied nicht mehr sehr hoch.“ Darüber hinaus lohnt es sich, tierische Produkte zu reduzieren – also weniger Fleisch- und Milchprodukte zu konsumieren. „Hierzulande werden im Schnitt dreimal so viel Fleisch- und Wurstwaren gegessen wie in der österreichischen Ernährungspyramide empfohlen. Die meisten von uns haben also Potenzial, da etwas einzusparen – und Fleischprodukte haben einfach einen enormen CO2-Abdruck.“ Genau das hat sich auch Charlotte Tittel vorgenommen. Fleisch kommt bei der vierköpfigen Familie mittlerweile nur noch am Wochenende auf den Tisch, frisches Obst und Gemüse dafür umso häufiger.

Die unverpackte Familie

Nachhaltigkeit im Fokus. Auf ihren Blogs www.starke-mama.at und www.wickelwahnsinn.com kann man Charlie auf ihrem persönlichen Weg zu einem ökologischen und achtsamen Familienleben begleiten.

Doch nicht nur der Inhalt, auch die Verpackung hat enormen Einfluss auf die Klimabilanz im Einkaufssackerl. „Wir verzichten auf Plastik, wo immer es geht“, sagt Tittel, die heute auch Zero-Waste-Austria-Botschafterin ist. Stoffsackerl sind Pflicht, Mehrweg kommt vor Einweg und auch alle Alltagsgegenstände bestehen, wo möglich, aus nachwachsenden Rohstoffen. Dabei wurde Tittel erst nach der Geburt ihres ersten Sohnes, heute vier, so richtig bewusst, von wie viel Plastik sie eigentlich umgeben waren. „Und das allermeiste haben wir gar nicht gebraucht. Das hat sich einfach nicht richtig angefühlt.“ Also wurde aussortiert, auf Stoffwindeln umgestellt und vor allem immer bewusster eingekauft. Allein für Kontaktlinsen, Katzenfutter und Medikamente hat sich bis heute keine optimale verpackungsarme Alternative gefunden.

Auch Milena Glimbovski verbindet heute die Leidenschaft für klimafreundlichen Alltag und Familienleben. Mit nur 22 Jahren gründete sie in Berlin „Original Unverpackt“, den ersten Supermarkt, der ganz ohne Einwegverpackungen auskommt, und schuf damit ein Vorbild für ähnliche Shops weltweit. Auch in Österreich gibt es heute in beinahe jeder größeren Stadt Unverpacktläden – hier kommt man mit eigenem Transportgefäß zum Einkauf und füllt Grundnahrungsmittel wie Nudeln, Reis, Linsen und Co. einfach direkt ab. Nach der Geburt ihres Sohnes kamen auch bei ihr neue Fragen auf, etwa: „Wie viel Kleidung braucht ein Baby? Wie viel Spielzeug gehört ins Kinderzimmer? Und wie kommt man eigentlich ohne Quetschies durch den Alltag mit Kleinkind? Gemeinsam mit Familienbloggerin Susanne Mierau hat sie also bei unterschiedlichsten Familien nachgefragt, wie das bei ihnen eigentlich aussieht, und die Antworten in ihrem Buch „Einfach Familie leben“ zusammengefasst. Dabei zieht sich das „Weniger ist mehr“ gekonnt durch alle Bereiche. „Minimalismus bedeutet weniger Dinge und weniger Konsum. Weniger Dinge sind weniger belastend, weil man sich nicht drum kümmern muss. Konsumieren ist kein Hobby mehr, wie es früher einmal bei mir war. Das alles führt dazu, dass ich trotz stressigem Arbeitstag mehr Ruhe für mich finde mit meiner kleinen Familie“, kommt Glimbovski nach dieser Auseinandersetzung im Grunde dann auch zu einem sehr ähnlichen Ergebnis für sich wie Tittel.

Secondhand ist erste Wahl. Secondhand ist immer die nachhaltigste (und billigste) Lösung. Das gilt vor allem auch für Kleidung oder Spielzeug.

Geburtstagswünsche und Vorbildfunktion

Aber was tun, wenn es zum Geburtstag nun mal das bunt leuchtende Plastikspielzeug sein soll? Oder die liebe Verwandtschaft die Sache mit dem Klimaschutz einfach nicht ernst nehmen will? Dranbleiben. „Ich hab alle angeimpft, den Kindern nur Selbstgemachtes oder Gebrauchtes zu schenken. Dieses Jahr hat das zum ersten Mal richtig gut geklappt“, freut sich Charlie Tittel. Und: „Noch sind die Kinder klein, da ist es noch leicht. Wenn sie spezielle Wünsche haben, dann reden wir darüber und überlegen, wie wir sie so umweltfreundlich wie möglich erfüllen können.“ Mit ein wenig Planung findet sich der gewünschte Transformer dann auch secondhand in Wie-neu-Qualität, ebenso wie das eisblau funkelnde Elsa-Kleid. Der Dialog mit den Kindern ist dabei essenziell – die Kunst, auf das Wunschgeschenk eine kleine Weile warten zu können, nämlich so lange, bis es auch in öko- logisch
vertretbarer Form gefunden wurde, muss geübt werden. Die wichtigste Regel lautet aber: „Wir müssen immer bei uns selbst anfangen. Wir haben eine Vorbildwirkung, und die Kinder schauen sich alles bei uns ab – auch unser Konsumverhalten.“

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