Gesundheit

Impftag 2023: COVID-19 bleibt, vergessene Krankheiten kehren zurück

In den vergangenen zwei Jahren stand vor allem COVID-19 im Vordergrund, andere Infektionserkrankungen gerieten in den Hintergrund. Mangels ausreichender Durchimpfungsraten kehren sie jetzt zurück und setzen unser Gesundheitssystem gehörig unter Druck. Mediziner raten daher Eltern, auf den Impfschutz ihrer Kinder zu achten.

Durch die Corona-Pandemie hat sich der Impfschutz der Kinder verringert.

Die Corona-Pandemie hat heute viel von ihrem Schrecken eingebüßt. Daran haben Schutzimpfungen einen großen Anteil, denn sie bieten einen wirksamen Selbstschutz. Vakzinologin Ursula Wiedermann-Schmidt: „Die Impfstoffe gegen Corona verhindern vor allem schwere Verläufe, Hospitalisierungen und daraus resultierende Todesfälle. Auch die Wahrscheinlichkeit, an Long Covid zu erkranken, ist deutlich reduziert.“ Dennoch seien die Impfstoffe keine Wunderwaffe, man könne dennoch erkranken, besonders, weil immer wieder neue Subvarianten des Virus auftreten. „Beim Impfen gegen Corona – so wissen wir heute – steht der Selbstschutz und der Schutz vor einem schweren Verlauf im Vordergrund. Die ursprüngliche Erwartungshaltung eines Herdenschutzeffekts war falsch, denn die Impfung kann eine Infektion und damit auch Weitergabe des Erregers nicht oder nur kurzfristig verhindern.“
Dennoch sei Impfen weiterhin zu empfehlen, hier besonders für Risikogruppen. „Bei der Aufklärung um mögliche Nebenwirkungen durch die Impfung geht es immer um die Nutzen/ Risiko-Bewertung im Vergleich zu einer Infektion. Die Datenlage zeigt mittlerweile klar, dass dieses Verhältnis in den meisten Fällen – und ganz besonders für alle Risikopersonen – klar zugunsten der Impfung liegt.“

„COVID-19- Impfungen bieten Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf.“ Univ.-Prof. Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt, Vakzinologin, MedUni Wien

Vergessene Impfungen
In den vergangenen zwei Jahren stand vor allem COVID-19 im Vordergrund, andere Infektionserkrankungen gerieten in den Hintergrund. Was aber nicht heißt, dass sie deswegen nicht mehr existieren. „Leider haben wir bei vielen wesentlichen Impfungen einen extremen Nachholbedarf“, sagt Rudolf Schmitzberger, Leiter des Referats für Impfangelegenheiten der Österreichischen Ärztekammer. So hat die Analyse der Masern-Durchimpfungsraten für 2021 gezeigt, dass nur mehr 74 Prozent der Zweijährigen mit zwei Dosen gegen Masern geschützt sind. Um den Gemeinschaftsschutz zu erreichen, ist eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent notwendig: „Masern ist eine hochansteckende Infektionskrankheit, die bei Komplikationen sehr schwer verläuft“, betont Schmitzberger. „Die vorbeugende Impfung ist sehr wirkungsvoll und wir raten dringend, die MMR-Impfung bei einer Impflücke so schnell wie möglich nachzuholen.“ Auch bei der Kombinationsimpfung Diphtherie-Tetanus-Pertussis-Polio-Haemophilus influenzae B-Hepatitis B gibt es Impflücken. Bei den einjährigen Kindern wurden 2021 bei Polio Durchimpfungsraten von nur 90 Prozent für die erste und 83 Prozent für die zweite Teilimpfung beobachtet. Bei den Zehn- bis 16-Jährigen sind rund 75.000 nicht ausreichend gegen Polio, und somit auch gegen Diphtherie, immunisiert. Für Letzteres seien einige Fälle in Österreich dokumentiert: Im Frühsommer 2022 wurde erstmals seit über 20 Jahren eine tödlich verlaufende respiratorische Diphtherie gemeldet, seitdem wurden in Österreich mindestens 17 Fälle von Diphterie gemeldet. Auch bei Polio, wo der letzte Fall in Österreich 1980 gemeldet wurde, zeigen rezente Fälle in London und New York, dass der Import von Polioviren bei unzureichender Durchimpfungsrate rasch zu einem Infektionsgeschehen führt. Und bei FSME wurden in Österreich bereits mehr als 180 Fälle dokumentiert, mit weiteren Fällen ist zu rechnen. „Diese Zahlen zeigen alle eindrucksvoll, dass wir dringenden Nachholbedarf bei Routine Impfungen haben“, resümiert Schmitzberger und warnt: „Sinkende Durchimpfungsraten bei längst vergessenen Erkrankungen sind gefährlich, denn das begünstigt ein Wiederaufflammen dieser impfbaren Erkrankungen.“

„Die vorbeugende Masern-Impfung ist sehr wirkungsvoll.“ Dr. Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer

Gratis HPV-Impfung bis zum 21. Lebensjahr
Dabei sind Impfungen in Österreich eine Erfolgsgeschichte. Das zeigt etwa die HPV-Impfung. 80 Prozent aller Männer und Frauen infizieren sich zumindest einmal im Jahr mit Humane Papillomaviren, ein Großteil der Krebserkrankungen von Frauen und Männern im mittleren Rachenraum und an den Geschlechtsorganen ist HPV-induziert. Die HPV-Impfung wird ab Februar 2023 bis zum 21. Lebensjahr in Österreich kostenlos sein. „Die HPV-Impfung soll bei Ihrem Arzt des Vertrauens durchgeführt werden, egal ob Kinder- und Jugendmediziner, Gynäkologe, oder Hausarzt“, betont Schmitzberger.

„Nur weil einige Infektionskrank- heiten heute seltener vorkommen, sind sie nicht weniger gefährlich.“ Alexander Herzog, Generalsekretär der PHARMIG

Jetzt gegen Influenza impfen lassen
Eine weitere Schutzimpfung, die besonders auch älteren Personen empfohlen wird, ist jene gegen die echte Grippe. In den letzten beiden Grippesaisonen blieb die große Welle aufgrund der strengen Hygienemaßnahmen aus. Heuer wird allerdings eine höhere Influenza-Aktivität erwartet. Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Apothekerkammer: „Gehen Sie dabei bitte gerade in dieser Winter-Saison auf Nummer sicher. Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, sich gegen Influenza impfen zu lassen!“ Allerdings unterschätzen viele Menschen die Grippe. Nach einem Influenza-Impfrekord während der Grippesaison 2020/21 mit der bisher höchsten Durchimpfungsrate von 21,3 %, ist die Impfbereitschaft bereits letztes Jahr wieder auf 16,9 % gesunken.

„Wir rechnen heuer mit einer starken Influenza-Welle und damit auch mit Pneumokokken-Co- Infektionen.“ Prim. Priv.-Doz. Dr. Rainer Gattringer, Klinikum Wels-Grieskirchen

Impfschutz der Kinder erhöhen
Über die letzten zwei Jahre sind wichtige Impfungen bei Kindern und Jugendlichen pandemiebedingt vernachlässigt worden. Alexander Herzog, Generalsekretär der PHARMIG, appelliert an die Bevölkerung, Auffrischungs- oder Teilimpfungen, die eine Grundimmunisierung ausmachen, nachzuholen. Dazu zählen beispielsweise Influenza, Masern, Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Polio, Humane Papillomaviren (HPV), FSME sowie Hepatitis A und B.

WELT-IMPFWOCHE 2023:
Impfungen können Meningokokken-Erkrankungen verhindern
Viele Kinder sind nicht umfassend vor Meningokokken geschützt. Dabei kann Impfschutz lebenslange Folgen verhindern.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will mit der Welt-Impfwoche vom 24. bis zum 30. April das Bewusst sein für eine der größten Errungenschaften der Medizin stärken: Impfungen! Unter anderem will sie dadurch Hirnhautentzündungen (Meningitis) stark zurückdrängen. Ausgelöst werden diese beispielsweise durch Meningokokken-Bakterien. In Österreich stehen dafür unterschiedliche Impfungen zur Verfügung. Für einen bestmöglichen Schutz ihrer Kleinen sollten Eltern sich frühzeitig in der Kinderarztpraxis beraten lassen und nach diesen Impfungen fragen. Babys unter einem Jahr sind am meisten gefährdet, an Meningokokken zu erkranken. Weitere Risikogruppen sind Kleinkinder und Jugendliche.

Meningokokken-Erkrankungen können schnell lebensgefährlich werden
Zwar sind Meningokokken-Erkrankungen selten, allerdings können sie innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich werden. Die Symptome sind zunächst sehr unspezifisch und grippeähnlich, weswegen die Erkrankung oft nicht rechtzeitig diagnostiziert werden kann. Selbst bei bester medizinischer Versorgung im Spital versterben etwa 10 % der Patient*innen und bei bis zu 20 % der Überlebenden bleiben Folgen zurück, die sie ein Leben lang begleiten können. In schlimmen Fällen kann es beispielsweise zu Amputationen, Hörverlust oder Hirnschädigungen kommen.

Impfungen bieten einen bestmöglichen Schutz
Was viele Eltern nicht wissen: Es gibt verschiedene Impfungen gegen die fünf häufigsten Meningokokken-Erregergruppen (A, B, C, W, Y). Die Impfung gegen die häufigste Gruppe B wird im österreichischen Impfplan möglichst früh ab dem vollendeten 2. Lebensmonat empfohlen. Auch eine Impfung gegen Meningokokken C ist möglich. Diese wird für Kleinkinder möglichst früh im 13. Lebensmonat empfohlen. Die deutlich spätere Kombi-Impfung gegen ACWY ist empfohlen vom vollendeten 10. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.

Infos unter: www.meningokokken-erkrankung.at

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