Politik

Jedes vierte Kind in Tirol ist von Gewalt betroffen

Start der Sensibilisierungskampagne gegen Gewalt an Kindern und Jugendlichen, denn jedes vierte Kind in Tirol ist von Gewalt betroffen.

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„Kinder und Jugendliche vor Gewalt zu schützen, ist unser aller Aufgabe“, stellt die für Kinder- und Jugendhilfe zuständige LRinGabriele Fischer anlässlich des morgen, am 30. April stattfindenden „Tags der gewaltfreien Erziehung“, klar. Eine repräsentative Befragung der möwe – Kinderschutzzentren ergibt, dass nach 30 Jahren des gesetzlich verankerten Gewaltverbots in der Erziehung nur die Hälfte der Befragten angeben, dass eine gewaltfreie Erziehung die ideale Erziehungsform sei. Etwas mehr als ein Fünftel kann sich auch heute noch keine Erziehung ohne zumindest leichte körperliche Bestrafungen vorstellen und etwa ebenso viele sind der Meinung, dass auch manchmal drastische Mittel eingesetzt werden müssen.

Gewalt in der Familie ist oft Lebensrealität für Kinder

„Diese Zahlen machen uns bewusst, dass Gewalt gegen Kinder und Jugendliche nicht fernab unserer Lebensrealität passiert“, betont LRin Fischer und sieht daher die Notwendigkeit, auf dieses gravierende Problem hinzuweisen: „Gewalt geht gar nicht – umso verwerflicher ist es, wenn jene betroffen sind, die besonderen Schutz bräuchten, weil sie sich nicht wehren können. Von den Beratungsstellen wie Erziehungsberatung, Kinderschutzzentren, Kriseninterventionszentrum KIZ, Chill out, bis hin zur Kinder- und Jugendhilfe und der Kinder- und Jugendanwaltschaft: Das Land Tirol bietet für Betroffene ein umfassendes Beratungs- und Unterstützungsangebot, das im Sinne des Kindeswohls in Anspruch genommen werden kann und soll.“

Gewalt hat Folgen

Die Dunkelziffer ist relativ hoch, doch bezieht man alle Formen der Gewalt mit ein, so ist jedes vierte Kind in irgendeiner Weise von Gewalt betroffen – dies besagt eine Studie, die anlässlich der „25 Jahre gesetzliches Gewaltverbot“ verfasst wurde und wonach österreichweit bis zu 25 Prozent der 6 bis 14-Jährigen unter einem gewaltbelasteten Erziehungsstil leiden. „Ob direkte physische, psychische oder sexualisierte Gewalt, aber auch das unmittelbare Miterleben von Gewalt an Familienangehörigen oder Schulkolleginnen und Schulkollegen als Zeugin oder Zeuge – jegliche Form der Gewalt hinterlässt tiefe Spuren im Leben“, betont LRin Fischer.

Eine breit angelegte und langfristige Kampagne soll auf dieses Thema aufmerksam machen. „Das Hinschauen bei Anzeichen von Gewalt, das Bewusstmachen der eigenen Verantwortung, dass wir alle, jede und jeder Einzelne von uns, zum Handeln angehalten sind, muss verstärkt werden“, ist LRin Fischer überzeugt. Aus diesem Grund lanciert das Land Tirol in den nächsten Monaten eine Kampagne gegen Gewalt an Kindern und Jugendlichen.

„Auf Plakaten sowie in Radio- und Kinospots wird aufgezeigt, dass Gewalt gegen Kinder tagtäglich in unserem eigenen, direkten Lebensumfeld stattfindet. Gleichzeitig wird auf die zahlreichen Unterstützungs- und Beratungsangebote aufmerksam gemacht. Wir wollen das Thema sichtbar machen und für den Schutz von Kindern eintreten“, skizziert Ines Bürger, Vorständin der Abteilung Gesellschaft und Arbeit, die Inhalte der Kampagne.

Sicherstellung des Kindeswohls

„Unsere tagtägliche Arbeit zeigt: Trotz der gesetzlichen Verankerung des Gewaltverbots in der Erziehung ist die sogenannte ‚g‘sunde Watsch‘n‘ immer noch nicht aus den Köpfen verschwunden“, zeigt Kinder- und Jugendanwältin Elisabeth Harasser auf. Dem müsse entgegengewirkt werden, denn: „In Familien darf es keinen Platz für Gewalt geben.“ Gerade jetzt, in Zeiten von Corona, ist der Druck auf Familien zusätzlich gestiegen und somit auch die Gefahr für Kinder, Gewalt ausgesetzt zu sein. „Genau jetzt müssen wir noch mehr auf das Kindeswohl schauen“, ist Harasser überzeugt. Kinder und Jugendliche können sich jedenfalls vertrauensvoll an die Kinder- und Jugendanwaltschaft wenden, wenn sie Hilfe brauchen.

„Eltern und Bezugspersonen haben häufig eine eigene Einschätzung, dass etwas nicht gut läuft in der Familie. Hier wird empfohlen, sich an die Beratungsstellen zu wenden. Wenn es den Verdacht und Anzeichen für Gewalt, Missbrauch oder Vernachlässigung gibt, sind bestimmte Berufsgruppen, wie beispielsweise Lehrpersonen oder Ärztinnen und Ärzte verpflichtet, dies der Kinder- und Jugendhilfe in den Bezirken zu melden. Darüber hinaus melden sich auch viele Privatpersonen bei die Kinder- und Jugendhilfe in den Bezirken“, berichtet Silvia Rass-Schell, Vorständin der Abteilung Kinder- und Jugendhilfe. Die MitarbeiterInnen der Kinder- und Jugendhilfe überprüfen meist durch persönliche Kontakte mit Kindern und Eltern, Hausbesuche und bei Bedarf anhand der Wahrnehmungen von Lehrpersonen und ÄrztInnen die Situation in der gemeldeten Familie. Im 4-Augenprinzip erfolgt dann die Einschätzung der Kinder- und Jugendhilfe, ob der Schutz des Kindes sichergestellt ist und ob Hilfebedarf besteht. Die Kinder und Jugendlichen sowie deren Familie werden in die Hilfeplanung mit einbezogen. „Entscheidungen werden möglichst nicht über den Kopf von Minderjährigen und deren Eltern getroffen, nur gemeinsame Entscheidungen sind tatsächlich mittel- und langfristig wirksam; informiert Rass-Schell.

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