Politik

Stoppt die Plastikflut

Jährlich gelangen Millionen Tonnen Kunststoff in die Umwelt. Mikroplastik aus unserer Kleidung oder aus Hygieneartikeln landet in unseren Gewässern. Was können Familien gegen die Plastikflut tun? Welche Alternativen gibt es?

Tote Wale, deren Mägen voll mit Plastikmüll sind. In Plastiksäcken verwickelte Delfine, die elendig ertrinken. Oder Meeresschildkröten mit Plastikstrohhalmen in der Nase. Bilder wie diese konfrontieren uns mit bedrohlichen Tatsachen: Unsere Ozeane versinken immer mehr im Müll. Jährlich landen 32 Millionen Tonnen Plastikmüll in der Umwelt. Acht Millionen Tonnen davon gelangen – großteils über die Flüsse – ins Meer. Das passiert vor allem in den Ländern, in denen die Verwertung von Abfällen nicht so gut funktioniert, zum Beispiel in China oder Südostasien. Doch auch in Europa wird viel zu viel Müll achtlos weggeworfen. Manchen scheint gar nicht bewusst zu sein, dass etwa eine Plastikflasche bis zu 450 Jahre im Meer treiben kann oder ein Plastiksackerl auch nach zwanzig Jahren nicht verrottet.

Was ist eigentlich Plastik, und warum ist es so beliebt?

Plastik ist nur ein anderes Wort für Kunststoff. 1839 mischte Charles Goodyear zum ersten Mal die gummiartige Substanz Kautschuk mit Schwefel. Das war der erste Schritt in Richtung Kunststoffproduktion. Mittlerweile werden jährlich bis zu 370 Millionen Tonnen Plastik hergestellt. Fast 35 Prozent davon werden für Verpackungen verwendet. Das liegt daran, dass es Lebensmittel frisch hält und länger haltbar macht. Außerdem ist Plastik relativ leicht, widerstandsfähig, vielfältig einsetzbar, und es punktet mit eher geringen Herstellungskosten. Dass Plastik extrem langlebig ist, ist inzwischen allerdings mehr Fluch als Segen.

 

 

Unsere Umwelt braucht keine Plastiksackerln. Stofftaschen können beliebig wiederverw endet und sogar gewaschen werden.

 

 

Für Bad und Küche gibt es immer mehr Plastik-Alternativen, Bambuszahnbürsten etwa oder Behältnisse aus Glas.

Richtig recyceln ist gar nicht so leicht

Generell gilt: Je sortenreiner ein Kunststoff ist, desto leichter lässt er sich recyceln. Leider wird nur ein relativ geringer Teil des in den Sammelstellen entsorgten Plastiks tatsächlich recycelt. „Bei den PET-Flaschen liegt die Wiederverwertungsquote in Österreich immerhin bei 76 Prozent – das ist nur ein Prozent unter der EU-Vorgabe. Bei den übrigen gesammelten Verpackungen können lediglich 25 Prozent recycelt werden“, weiß Abfall- und Umweltschutzexpertin Daniela Jordan. Warum es nicht mehr ist, hat viele Gründe. Teilweise werde Müll schlichtweg falsch entsorgt. Dass es österreichweit unterschiedliche Sammel- bzw. Trennsysteme gibt, macht die Sache auch nicht einfacher. Schließlich sind sehr viele verschiedene Kunststoffarten im Umlauf, die untereinander nicht kompatibel sind, um daraus gleichwertige neue Verpackungen zu machen. So ist selbst der Begriff Recycling eigentlich irreführend, da jedes Mal, wenn ein Plastikprodukt wiederverwertet wird, ein schlechter recycelbares entsteht. Man spricht hier deshalb von Downcycling.

Kindergeburtstag ohne Müllberg: Metallbesteck, Gläser und Stoffservietten tun es auch. Es gibt sogar wiederverwendbare Strohhalme.

 

 

Alternativen zu Frischhaltefolie oder Alu: Jausen- oder Lunchboxen, zum Beispiel aus Edelstahl, halten ewig.

Verstecktes Plastik in Kleidung & Co

Ein weiteres großes Problem ist das Mikroplastik. Als Mikroplastik werden Kunststoffteilchen bezeichnet, die zwischen 0,0001 und zwei Millimeter groß sind. Einer der größten Verursacher sind Autoreifen. Sie reiben sich bei jeder Fahrt ab, und der feine Staub wird durch den Regen ins Abwasser gespült. Auch durch synthetische Kleidung landet viel Mikroplastik im Abwasser, weil sich bei jedem Waschgang kleine Plastikpartikel lösen. Wind und Wetter verarbeiten diese Partikel weiter zu kaum mehr sichtbaren Teilen, die die Fische mit Futter verwechseln. Wir wiederum fangen und essen diese Fische, das Mikroplastik gelangt in unsere Körper, und so schließt sich der Kreis – mit noch nicht abschätzbaren gesundheitlichen Folgen.

 

 

Duschgel, Shampoo, Handseife & Co gibt es inzwischen als feste Seifen und ohne Plastikverpackung.

Zero Waste – ein Leben ohne Plastik?

Kein Wunder also, dass immer mehr Menschen Plastik den Rücken kehren und mit so wenig davon wie möglich auskommen möchten. Alternativen zu Kunststoffprodukten gibt es inzwischen eine ganze Menge. Angefangen im Bad mit festen Duschgels, Shampoo-Seifen, Zahnbürsten oder Pflastern aus Bambus, Zahnpulver aus dem Glas, Metall-Rasierhobeln sowie waschbaren Binden oder Stoffwindeln. Im Haushalt schaffen zum Beispiel Bienenwachstücher, kompostierbares Backpapier, recycelbare Alufolie aus recyceltem Aluminium oder Zellulose-Putzschwämme Abhilfe. Immer mehr Läden bieten Abfüllstationen für Waschmittel an sowie unverpackte Lebensmittel. Auch Regierungen und Unternehmen wollen etwas gegen die Plastikflut tun. So gibt es ab 2021 etwa ein EU-weites Verbot für Strohhalme, Wattestäbchen oder Plastikteller- und Bestecke. Unternehmen, die verpackte Produkte verkaufen, sollten laut Umweltexperten mehr Verantwortung übernehmen und das Recycling von Verpackungsabfällen mitfinanzieren. Viele Firmen befassen sich bereits mit Kunststoff-Alternativen. So bietet zum Beispiel die Lenzing AG zahlreiche VEOCEL-Produkte an, bei denen Kunstfasern in Feucht- oder Kosmetiktüchern durch Holzfasern ersetzt werden. Papacks verwendet etwa recyceltes Altpapier sowie Agrarabfälle und ersetzt Styropor durch Naturfasern. Leaf Republic fabriziert Verpackungen aus Laubblättern. Viele dieser Ideen sind vielversprechend. Ihre bessere Umweltverträglichkeit muss sich allerdings oft auch erst zeigen. Was jeder einzelne im Alltag aber schon mal tun kann: das Leben im Wegwerfmodus überdenken. Denn nichts lässt unseren Konsum so sichtbar werden wie der eigene Müll.

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