Gesundheit

Suizidprävention: Hoher Bedarf an Beratungsgesprächen

Appell zum Welttag der Suizidprävention am 10. September: Vier Anrufe pro Tag drehen sich bei der Notrufnummer 147 von Rat auf Draht um das Thema Suizid - eine Enttabuisierung des Themas in der Öffentlichkeit ist dringend nötig.

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Zum Welttag der Suizidprävention am 10. September möchte Rat auf Draht, Österreichs erste Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern und Bezugspersonen, die Bevölkerung für dieses Thema sensibilisieren. Denn wie viele junge Menschen in Österreich tatsächlich mit Suizidgedanken kämpfen, zeigen aktuelle Zahlen: So sind die Beratungsgespräche zum Thema Suizid der Notrufnummer 147 im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 17,24 Prozent auf rund 1.400 angestiegen. Heuer erfolgten von Jänner bis August rund 920 Beratungen. „Wenn sich dieser Trend fortsetzt, dürften die Beratungen wieder ein ähnlich hohes Niveau wie 2021 erreichen“, sagt Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147. Anders ausgedrückt: Pro Tag werden im Schnitt vier Beratungen zum Thema Suizid geführt. Auch auf der Elternseite, dem Onlineportal für Eltern und Bezugspersonen, zeigt sich ein ähnliches Bild: „Die Videoberatungen für besorgte Angehörige zum Thema Suizid haben sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt“, so Ines Campuzano, psychologische Beraterin der Elternteile.

Suizidgedanken - meist eine Kombination mehrerer Faktoren

Die Belastungen für Kinder und Jugendliche haben jedenfalls nicht abgenommen: Das zweite Corona-Jahr und seine Nebeneffekte (Isolation, kein Kontakt zu Gleichaltrigen, Home Schooling, Distance Learning, Zukunftsängste, etc.) hat bei Kindern und Jugendlichen weitere Spuren hinterlassen. „Meist sind es allerdings mehrere Faktoren gleichzeitig, die zu Suizidgedanken oder suizidalen Handlungen führen“, erklärt Satke. Dazu gehören unter anderem Konflikte in der Familie (Streit, Trennung der Eltern, etc.), Gewalterfahrungen, Stress in der Schule, Versagensängste, depressive Verstimmungen, Alkohol- und Drogenmissbrauch oder Cyber-Mobbing.
Die Gespräche mit Anrufer*innen zeigen zudem, dass sie sich antriebslos fühlen und in einer spürbar depressiven Stimmung befinden, überfordert sind und keinen Ausweg sehen. „Dadurch können sie oft Unterstützungsangebote, die es in der Familie oder im Freundeskreis gibt, nicht erkennen und die Tragweite ihre Gedanken oder Handlungen nicht real abschätzen“, sagt Satke. Gerade dann sei Hilfe von außen besonders wichtig. Die Notrufnummer 147 ist für Kinder und Jugendliche sieben Tage die Woche rund um die Uhr erreichbar. „Ein Anruf bei uns ist bereits Teil der Lösung und ein Schritt in die richtige Richtung. Unser Part besteht darin, die akute Krise aufzufangen und die Anrufer*innen soweit zu stabilisieren, dass die Suizidgedanken oder suizidalen Handlungen gut abgefangen werden können“, sagt Satke. Nachfolgend werden bei Bedarf weiterführende Maßnahmen gesetzt, wie etwa den Kontakt zu unterschiedlichen Hilfseinrichtungen (Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen, Rettung, Psychiatrie, etc.) herzustellen.

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Zu den Auslösern suizider Gedanken gehören unter anderem Konflikte in der Familie (Streit, Trennung der Eltern, etc.), Gewalterfahrungen, Stress in der Schule, Versagensängste, depressive Verstimmungen, Alkohol- und Drogenmissbrauch oder Cyber-Mobbing.

Tabubruch dringend nötig

Generell wünscht sich Satke, dass neben der körperlichen, auch die psychische Gesundheit in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen wird, damit die Signale bei Jugendlichen mit akuten Belastungen oder Suizidgedanken leichter erkannt und bei Bedarf professionelle Unterstützungsangebote besser genutzt werden. „Suizid zählt zu den häufigsten Todesursachen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen weltweit und wird trotzdem immer noch als Tabu-Thema behandelt. Hier braucht es dringend Aufklärung“, so Satke. Das bestätigt auch Campuzano: „Oft geht es den Eltern in erster Linie um die Frage, ob das Thema überhaupt offen ansprechbar ist. Enttabuisierung ist eines unserer größten Aufgabenfelder“. Daher sei auch Eltern und Bezugspersonen geraten, wenn die Sorge besteht, dass der Nachwuchs suizidgefährdet sein könnte, darüber zu sprechen: „Man löst damit keinen Suizid aus, ganz im Gegenteil, das Ansprechen wirkt oft sehr entlastend. Im Gespräch selbst sollte man das Kind und seine Sorgen ernst nehmen, Ruhe bewahren, keine Vorwürfe machen und Unterstützung anbieten“, rät die Expertin.

Weitere Informationen zum Thema Suizid für Kinder und Jugendliche finden Sie hier.

Informationen zum Thema Suizid für Eltern und Bezugspersonen finden Sie hier.

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Neben der körperlichen sollte auch die psychische Gesundheit in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen werden, damit die Signale bei Jugendlichen mit akuten Belastungen oder Suizidgedanken leichter erkannt und bei Bedarf professionelle Unterstützungsangebote besser genutzt werden.

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