Aber zugegeben, aus der Praxis einer bald 30-jährigen Beziehung erlaube ich mir festzuhalten: ein wenig stimmt es vielleicht schon, dass Frauen tendenziell eher die feminine Kommunikation anwenden und sich die Männer der maskulinen bedienen. Für beide gilt: es gibt nun mal beide Ausdrucksweisen und das Schöne ist ja, dass man versuchen kann, sich zu verstehen, in dem man auch Aussagen auf die Zielsetzung hin überprüft. Dann läuft vieles einfacher.
Man spricht hier auch von Codes, die oft wie Schlüssel eine Aussage verpacken. Und es gelingt einfacher, das wahre Ziel eines Satzes zu verstehen, wenn man den gleichen Schlüssel nimmt, um ihn zu entpacken. Nehmen wir ein Beispiel und ich betone, dass ich mich bewusst einem Klischee bediene, um es fassbar zu machen. Solche Bilder können etwas helfen, weil die Welt damit so herrlich einfach zu erklären ist. Und das im vollen Bewusstsein, dass es in der Realität nicht zwingend so sein muss – aber durchaus so sein kann…
Sie sind der Mann. Ihre Frau sagt Ihnen am Abend, halb beiläufig, halb fokussiert: „Liebling, morgen ist Müllabfuhr.“ Als Mann könnten Sie nun überfordert sein. Sie stellen sich nun innerlich die Frage: „Aus welchem Grund vertont meine Frau den Müllkalender unserer Stadt?“ Völlig klar: Je länger die Beziehung dauert, desto schneller und klarer kennen Sie den Code, mit dem der Satz verpackt wurde und sie können ihn wieder entschlüsseln. Dieses zugegeben einfache Beispiel meint natürlich „Liebling, trag morgen, wenn du zur Arbeit gehst, den Müll runter.“ Hier kommt die feminine Sprache ins Spiel. Die Frau wollte das nicht so direkt sagen, weil es grundsätzlich nicht gerade charmant ist, Befehle zu erteilen. Das „beziehungsschonende Anordnen“ erscheint ihr da sinnvoller.
Diese Kommunikationsform ist weder richtig noch falsch, sie ist einfach so. Das Problem ist dann jedoch dort zu suchen, wo der Mann im kommunikativ-maskulinen Modus also in der reinen Informationskommunikation steckt. Er fragt nach: Was willst du damit sagen?“ Er meint es sachlich und keineswegs böse, schon gar nicht provokativ. Weil sie aber wiederum im femininen Modus steckt, sieht sie eine Beziehungsaussage mit einem Interpretationsgehalt, der in eine ganz bestimmte Richtung zielt, nämlich: „Ich stelle mich mal blöd, weil ich eh zu faul bin, den Müll runterzutragen, wenn ich schon um 5 Uhr aus dem Haus muss.“
Und dann geht’s so richtig los:
Sie: „Ja was wohl, denk doch einfach etwas mit!“
Er: „Man wird ja wohl noch fragen dürfen!“
Sie: „Ich weiß genau, dass du das nicht gerne tust!“
Er: „Wer sagt das?“
Sie: „Gut, dann trag ich den Müll halt selbst hinunter!“
Er: „Das habe ich nicht gesagt!“
Sie: „Aber gemeint hast du es!“
Und so weiter, und so weiter… Wenn zwei mögen, können sie die ganze Nacht noch über den Müll-Heruntertragen-Modus reden. Bis die Nacht durch ist und das Wachhaltetraining absolviert ist. Spannend wird es, wenn noch ein Zusatzschlüssel zum Code dazu kommt. Das passiert, wenn eine Aussage als Rätsel getarnt wird – in der Hoffnung, der andere versteht, was die Lösung dessen ist. Um das an einem Beispiel etwas konkreter zu machen:
Sie: „Schatz, soll ich die roten oder die blauen Schuhe kaufen?“
Er überlegt, analysiert und entscheidet: „Nimm die Blauen.“
Sie: „Weshalb die Blauen, gefallen dir die Roten nicht?“
Er – versteht die Welt nicht mehr…
Ein Tipp für die Herren unter uns: In einer solchen Situation braucht es nicht nur den Kommunikationsschlüssel, sondern auch noch den Geheim-Code für die Kreditkarte. Selbstverständlich antworten Sie als beziehungserprobter Mann auf die Frage „blau oder rot“ mit einem liebevollen „Nimm doch beide!“ Wenn die Herzallerliebste dann mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit mit einem „Ist nicht nötig“ antwortet, legen Sie nach ihr As drauf, indem Sie sagen: „Doch, geht auf meine Karte.“ Nun müssen Sie nur noch dafür sorgen, dass die Kreditkarte gedeckt ist, sonst sind Sie in Sachen Argumentation und bei der Konstruktion von guten Ausreden gleich nochmals kommunikativ auf das Äußerste gefordert. Viel Erfolg!