Gesundheit

Ein kleiner Pieks gibt Klarheit

Mit Hilfe des Newborn-Screenings ist es möglich, angeborene Stoffwechselerkrankungen und Hormonstörungen frühzeitig zu erkennen und sie wirkungsvoll zu therapieren.

Seit Mitte der Sechzigerjahre werden in Österreich alle Neugeborenen im Zuge des sogenannten Newborn-Screenings auf seltene angeborene Erkrankungen untersucht. Viele der im Rahmen dieses Programms untersuchten und angeborenen Erkrankungen kommen zwar nur selten vor, jedoch ist die frühzeitige Erkennung innerhalb der ersten Lebenstage wichtig für eine rasche und wirkungsvolle Behandlung.

„Beim Neugeborenenscreening werden Erkrankungen diagnostiziert, die bereits bei Säuglingen ein schweres, oft lebensbedrohliches Krankheitsbild verursachen können, das nur bei früher Diagnose und entsprechender Therapie verhindert werden kann. Es handelt sich um angeborene, oft seltene Erkrankungen. Die betroffenen Babys kommen normal zur Welt und zeigen je nach Erkrankung eine rasche Verschlechterung in den ersten Tagen oder Wochen, einen eher chronischen Krankheitsverlauf oder schwere Krankheitssymptome bei Stress, Infekten etc.“, erklärt Susanne Greber-Platzer, Leiterin der Universitätsklinik für Kinderund Jugendheilkunde der MedUni Wien.

Ständige Erweiterung

In Österreich werden derzeit 28 verschiedene Erkrankungen gescreent. Hierzu zählen die Cystische Fibrose, die beiden endokrinologischen Erkrankungen Hypothyreose und adrenogenitales Syndrom sowie viele Stoffwechselerkrankungen betreffend Aminosäure-, Kohlehydratstoffwechselstörungen und der organischen Säuren, Defekte des Harnstoffzyklus, des Carnitinzyklus und der Fettsäureoxidation. Getestet werden Erkrankungen, die sich mit hoher Sicherheit diagnostizieren lassen und bei denen eine Therapiemöglichkeit besteht.

Das Newborn-Screening ist, bedingt durch den medizinischen Fortschritt, ein laufender Prozess und wurde in den letzten Jahren mehrfach erweitert. Demnächst soll die Gruppe der SCID-(schwerer kombinierter Immundefekt)-Erkrankungen dazukommen. Auch die Aufnahme von seltenen Muskelerkrankungen wie Spinale Muskelathrophie in das Screening wird diskutiert.

Zwischen dem zweiten und dritten Lebenstag werden einige wenige Blutstropfen aus der Ferse des Babys abgenommen und auf einer Filterpapierkarte in das Screeningzentrum nach Wien geschickt.

Kostenlose Untersuchung

Seit Bestehen des Screenings konnte bei bereits über 2.500 Kindern eine angeborene Störung rechtzeitig erkannt und behandelt werden, bevor der bestehende Gendefekt schwere Schäden im Organismus hinterlasssen konnte. Ihnen konnte dadurch ein normales oder gut adaptiertes Leben ermöglicht werden. „Das Neugeborenen-Screening ist Teil der gesetzlich vorgegebenen Untersuchungen im Neugeborenenalter und wird allen in Österreich geborenen Kindern kostenlos angeboten“, erklärt Susanne Greber-Platzer. Da die Untersuchung freiwillig geschieht, ist das Einverständnis der Eltern notwendig. „Eine Ablehnung durch die Eltern ist möglich, allerdings hat dies nach ausführlicher Beratung durch einen betreuenden Arzt oder die Hebamme zu erfolgen“, so Greber-Platzer. Die Durchführung des Newborn-Screenings wird im Mutter-Kind-Pass vermerkt.

88.000 Untersuchungen jährlich

Für das Newborn-Screening werden den Neugeborenen in der ersten Lebenswoche, im Idealfall zwischen dem zweiten und dritten Lebenstag über die Ferse einige Tropfen Blut abgenommen und auf eine vorgefertigte Filterpapierkarte aufgebracht. Diese Filterpapierkarte wird dann zur Auswertung in das Screeningzentrum an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien geschickt. Rund 88.000 Neugeborene werden jährlich getestet, bei 80 bis 100 Kindern wird eine dieser schwerwiegenden Krankheiten entdeckt. Betroffene Kinder erscheinen in vielen Fällen bei der Geburt noch völlig gesund, daher ist das Neugeborenen- Screening wichtig, um die Kinder rechtzeitig vor schweren Erkrankungen und deren Folgen, wie zum Beispiel Störungen der geistigen und körperlichen Entwicklung zu bewahren.

Rasche, effiziente Behandlung

Doch das erste Resultat eines Newborn-Screenings ist noch keine medizinische Diagnose. Mit dem Testergebnis können entweder die betreffenden untersuchten Krankheiten weitgehend ausgeschlossen werden, oder es kann eine weitere diagnostische Untersuchung bei Verdacht auf eine Erkrankung notwendig sein. Wird nach der Analalyse des Blutes der Verdacht auf das Vorliegen einer angeborenen Erkrankung gestellt, wird der Einsender schriftlich über dieses Ergebnis informiert. „Der Zuweiser hat sich dann um die Befundmitteilung und Festlegung der nächsten Schritte zu kümmern. Bei Erkrankungen mit rascher Verschlechterung wird unmittelbar ein telefonischer Kontakt mit dem Zuweiser hergestellt und über die Dringlichkeit des Verdachtes informiert, nach dem klinischen Zustandes des Kindes gefragt und die weiteren Schritte insbesondere auch der Therapie festgelegt. Zur raschen und effizienten Behandlung werden auch die jeweiligen pädiatrischen Spezialisten der verantwortlichen Kinderkliniken/Kinderabteilungen genannt. Auf jeden Fall hat eine Aufklärung und Behandlung so früh wie möglich zu beginnen, um Folgeschäden bzw. auch tödliche Ausgänge dieser Erkrankungen zu verhindern“, so Susanne Greber-Platzer.

Ihr Appell an die Eltern lautet daher: „Vergewissern Sie sich, dass auch bei Ihrem Kind diese wichtige Untersuchung durchgeführt wird, und wenden Sie sich bei etwaigen Fragen an den Arzt Ihrer Geburtsklinik, die Hebamme, den Hausarzt oder den Kinderfacharzt. Die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde steht Ihnen ebenfalls jederzeit für Fragen zur Verfügung.“

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