Endlich Familienzeit – doch die Kids streiken…
In der Urlaubszeit und an Ferienwochenenden wünschen sich Eltern meist Ausflüge und Unternehmungen mit ihren Kindern. Doch was tun, wenn der Nachwuchs sich den Familienplänen plötzlich quer stellt? Wie wir die Kids zu gemeinsamen Aktivitäten motivieren und welchen Wert gemeinsam Erlebtes für die ganze Familie haben kann.

Ferien, Sommer, Urlaubszeit! Endlich sind sie da. Die langen, warmen Sommertage, die zu ausgedehntenWanderungen oder der einen oder anderen Gipfeltour einladen. Oder zum Flußba-den, zu Bootsausflügen am See oder zum Schwimmspaß für die ganze Familie. Kaum verkünden Eltern verheißungsvoll die Pläne für die gemeinsamen Vorhaben, zeigen sich bei den Kids oft lange Gesichter. Wandern ist so fad!
Wieso müssen wir auf den Berg rauf? Burgbe-sichtigung? Null Bock! Müssen wir zu diesem langweiligen See – können wir nicht einfach ins Bad Freunde treffen? Selbst die Vorfreude vor dem heiß ersehnten Urlaub wird bei vielen Eltern durch die Sorge getrübt, dass die Kinder
- oft schon ab dem Ende des Volksschulalters
- rebellieren oder sich in einen Schmollwinkel zurückziehen. Oft ist der Ferienoft kaum erreicht, geht es los mit den ersten bockigen Ansagen.
Die 12-Jährige will nur am Pool abhängen, weil es dort WLAN gibt. Der 10-Jährige will morgens ausschlafen statt im Morgendunst durch Wald und Wiese zu stapfen, um ferne Gipfel zu erklimmen.
Viele Väter und Mütter fragen sich womöglich:
Wo sind denn meine aufgeweckten, interessierten Kinder geblieben, die bei Wanderausflügen freiwillig auf jeden Baumstumpf gesprungen sind, einen beim Museumsbesuch Löcher in den Bauch gefragt haben und unbedingt barfuß durch Bäche waten wollten? Dass sich die Kids in der Pubertät von den Großen abgrenzen und gleichaltrige Peers immer wichtiger werden, gehört zum Erwachsenwerden dazu. Doch muss die Familie als Ganzes deshalb auf der Strecke bleiben – gerade in den Ferien, wo man endlich dazu kommt, zusammen Zeit zu verbringen?
Wie gehen Eltern damit um, dass Aktivitäten als Familie plötzlich ur langweilig sind? Und wie können die Kids für gemeinsame Erlebnisse motiviert werden?

Zusammenhalt trotz Abgrenzung
„Gerade in der Pubertät zeigt sich meist, wie gut die Verbindung zwischen Eltern und Kindern von Beginn an ist. Bei einer guten Eltern-Kind-Beziehung stehen die Chancen sehr gut, dass die Kinder mit den Eltern auch weit über die Zeit der Adoleszenz hinaus gerne Zeit verbringen möchten“, weiß Familien- und Elternberaterin Bianca Ortner. „Kinder verhalten sich ab der Pubertät zwar oft ablehnend gegenüber ihren Eltern, aber im Grunde möchten sie, dass man sich für sie interessiert. Und das ist auch unsere Chance, um mit ihnen in guter Verbindung zu bleiben“, versichert Ortner. Nämlich Rücksicht darauf zu nehmen, was sie beschäftigt, welche Vorlieben sie haben oder was sie generell gerade brauchen. Bezogen auf gemeinsame Familienzeit wiederum bedeutet das für die Erwachsenen vor allem: Eine gute Balance finden zwischen den eigenen Vorstellungen und den Vorlieben der Teenies.
„Am besten werden Kinder bereits bei der Planung von Unternehmungen oder Urlauben mit eingebunden, damit sie ihre Wünsche und Vorstellungen artikulieren und bei gemeinsamen Aktivitäten mitbestimmen können“, meint Bianca Ortner. Schließlich übertrage sich die miese Stimmung revoltierender Sprösslinge ohnedies auf alle, wenn Kinder beispielsweise mit kilometerlangen Fahrradtouren oder Endlos-Rundwan-derungen zwangsbeglückt werden.
Offene & klare Kommunikation
„Ideal sind regelmäßige, so genannte Familienkonfe-renzen, also Gespräche, bei denen alle sagen dürfen, wie sie sich ihre Freizeit oder den Urlaub vorstellen.Dabei sollen Ideen gesammelt und darauf geachtet werden, welche Bedürfnisse jeder im einzelnen hat“, emfpiehlt Beraterin Ortner. Indem ihre Vorstellungen berücksichtigt werden, fühlen sich Kinder jedenfalls ernst und wichtig genommen. Durch das gemeinsame Besprechen und Abstimmen lernen sie obendrein soziale Kompetenzen. Ebenso Resilienz. Denn gemeinsame Entscheidungen sind nun mal auch damit verbunden, dass man etwas aushält, was man vielleicht weniger mag oder dass man zugunsten eines Kompromisses seine eigenen Vorstellungen zurück steckt. Wollen die Kinder zum Beispiel schwimmen und mit Freunden sein, die Erwachsenen aber marschieren, findet sich eventuell eine für alle akzeptable Lösung: Zuerst die Wanderung zum Badeteich, die Schulfreundin (vielleicht auch deren Eltern) kommt bestenfalls mit, danach gibt’s Pritschelspaß und Faulenzen am Wasser. Wollen die Eltern am liebsten die Ruhe des Waldes genießen und die Kinder aber Unterhaltung und Spaß, können eventuell Schatzsuchen, Rätselralleys oder auch ein toller Aussichtspunkt als Highlight eingeplant werden.
Auch bei der Wahl der Urlaubsdestinationen können Eltern Rücksicht nehmen, ob es am Ferienoft auch Programmpunkte gibt, die für die Kinder wichtig sind. Mit Teenagern können zum Beispiel Vereinbarungen über gewisse Freiräume auf der einen Seite getroffen werden sowie Aktivitäten als „Familien-Must“ andererseits. Auch die Möglichkeit, Freunde oder andere Familien mit ins Boot zu holen, sollte ausgelotet werden.

Werte weiter vermitteln
Zu allem Ja und Amen sagen nur um des Hausfriedens Willen müssten Eltern allerdings nicht. Selbstverständlich sollten Eltern beispielsweise zu unrealistischen Forderungen der Kinder Nein sagen – egal ob aus Budgetgründen oder weil nach dem dritten Indoor-Laser Tag in Folge die Bedürfnisse der anderen Familienmitglieder, vielleicht auch jene der jüngeren Geschwisterkinder einfach zu kurz kommen. „Da ist Kommunikation auf Augenhöhe gefragt. Eltern können ihren Kindern durchaus vermitteln, warum ihnen zum Beispiel die eine Bergtour, Burgbesichtigung oder Angelsession so wichtig ist. Und zwar, indem ich authentisch sage, dass mir dieses gemeinsame Ziel oder Vorhaben viel bedeutet. Weil es mir etwa wichtig ist, den Kindern dieses oder jenes zu zeigen oder bestimmte Erfahrungen auszutauschen oder Werte weiterzugeben“, ist Elternberatin Ortner überzeugt. Eltern haben überdies stets die Verantwortung, das Wohl der gesamten Familie im Blick zu haben. Ist der Alltag zum Beispiel stressig oder ist der gemeinsame Austausch im täglichen Strudel schon länger zu kurz gekommen, ist das von den Kids eingeforderte Action-Programm am Wochenende vielleicht nicht ganz das Richtige zum Runterkommen.
„Eltern können den Kindern ein gutes Vorbild sein, echte Bedürfnisse zu erkennen und auch danach zu handeln. Egal, ob es darum geht, einmal vom Alltag abzuschalten oder auch den inneren Schweinehund zu überwinden und Spaß an Bewegung zu entdecken, gerade mit Aktivitäten in der Natur, die sich zunächst eher langweilig oder auch anstrengend anhören“, sagt Bianca Ortner.
Zusammen erleben, Zusammenhalt stärken
Draußen Abenteuer zu erleben, die eine oder andere beschwerliche Unternehmung gemeinsam zu bestehen und sich anschließend mit einem gemütlichen Picknick, Lagerfeuer oder einer zünftigen Brettljause zu belohnen, kann den Zusammenhalt stärken und schafft Erinnerungen, die bleiben. Gerade Ausflüge in die freie Natur sind für Familien oft willkommene Tapetenwechsel, um aus dem mitunter hektischen Alltag auszubrechen und den Stresslevel für alle zu reduzieren. Sind die anfängliche Langeweile und der typische, erste Widerwillen einmal überwunden, tut sich oft Neues auf: Von der Freude am Spielerischen bei Jung und Alt, der verfügbaren Zeit für oft unerwartete Gespräche bis hin zur wohltuenden Ausgeglichenheit aller am Ende des Tages.
Bei echten Win-Win-Situationen kommt eben jeder auf seine Kosten ohne sich verbiegen zu müssen.
Tipps für entspannte Ferien
Keine hohen Erwartungen: Gelassen bleiben und nicht davon ausgehen, dass an freien Wochenenden oder im Urlaub immer die perfekte Familienharmonie herrscht.
Kinder miteinbeziehen: Kinder bereits bei der Planung gemeinsamer Unternehmungen mitbestimmen lassen. Offen und authentisch eigene Vorstellungen aussprechen und klar kommunizieren, was geht und was nicht.
Kritik ernst nehmen: Auf die Vorschläge der Kinder eingehen und ihre Meinung respektieren.
Auf bockige Aussagen nicht gekränkt reagieren!
Freiraum zugestehen: Pubertierende und Jugendliche brauchen Raum, um sich zurück zu ziehen. Vorab klären, bei welchen Unternehmungen man die Kinder dabei haben möchte und warum. Im Urlaub können andere Regeln gelten als zuhause: Länger aufbleiben, länger Zocken oder auch Fernsehen.
Abwechslung & Abenteuer: AbwechslungsreicheProgrammpunkte mit dem einen oder anderen
Highlight einplanen.
Eigene Bedürfnisse beachten: Kindern nicht jeden Wunsch von den Augen ablesen bzw. auf jede Forderung eingehen. Elternwünsche dürfen nicht auf der Strecke bleiben. Kinder müssen lernen mit Frust umzugehen, auf Kompromisse einzugehen und auch langweilige Phasen auszuhalten.
Handyfreie Zeiten für alle: Selbst Vorbild sein und das Handy öfters mal zur Seite legen. Handyfreie
Familienzeiten festlegen!
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