Hyggelig leben – Winterabende daheim genießen

Vom dänischen Hygge-Lebensstil und von heimischen Kuschelecken.

Der Rückzug aufs eigene Sofa, mit Familie, mit Freunden oder allein, um einfach einmal loszulassen. Die dänische Art, den Alltag zu genießen, findet auch in Österreich immer mehr Anhänger. So machen Sie auch das Leben Ihrer Familie ein klein wenig hyggelig.

Lebensführung oder Innenarchitektur, dazu New-Age-Meditation bis hin zu Politik und Geschichte: ca. 4.000 Produkte aus diesen Kategorien (und noch vielen mehr) wirft eine Anfrage beim weltgrößten Versandhändler aus, wenn man als Stichwort „Hygge“ eingibt. Den Boom ausgelöst haben dürfte das Buch „The Little Book of Hygge: The Danish Way to Live Well“ von Meik Wiking. Vor Kurzem brachte der Verlag G+J das Magazin „Hygge – Einfach glücklich sein“ auf den Markt, internationale Lifestyle- und Modejournale überbieten einander mit Empfehlungen für Hygge-Mode von Star-Designern (etwa gestrickte Socken), Hygge-Food (von Wienerbröd bis Bier, Hauptsache, dänisch) und unzähligen hyggeligen Accessoires für das traute Heim, beginnend mit Duftkerzen.

Wellness-Technik

Falls der Trend bisher an Ihnen vorübergegangen ist: Der dänische Begriff „Hygge“ steht für etwas wie Gemütlichkeit und Zufriedenheit. Das Zukunftsinstitut bezeichnet Hygge als Lebensstil, als „Ausdruck einer neuen, sozialen Form der Geborgenheit“. Zurückgezogen im eigenen Heim fühle man sich mental und physisch wohl. Jedoch können ganze Gesellschaften hyggelig sein, denn im Gegensatz etwa zum Cocooning der 1990er-Jahre ist Hygge kein indivualistisch-biedermeierlicher Rückzug, sondern handle vielmehr von „sozialer, aber auch ästhetischer Wärme“, man genieße die Dinge des Lebens, verbringe Zeit mit Familie und Freunden. Hygge will aber mehr sein als Almhüttenromatik und offener Kamin. Glücksforscher finden Parallelen zu Übungen aus dem Zen-Buddhismus, zu Yoga. Autor Christoph Bartmann bezeichnete Hygge in einem Interview mit der „Wiener Zeitung“ als „eine Art Zivilreligion, eine Wellness-Technik“.

Hygge und Yoga

Hauptberuflich ist Beate Mungenast seit Herbst 2015 bei LimeSoda als Digital Art Director tätig, also „Pixelschubse“, wie sie sagt. Sie designt und konzipiert  Webseiten und Onlineshops. Auch im Social-Media-Bereich mischt sie mit. In ihrer Freizeit praktiziert und unterrichtet Beate Ashtanga-Yoga, das sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als moderne Form des klassischen indischen Yogas etablierte. Mit dem Hygge-Lebensstil beschäftigt sie sich schon seit   Längerem, allein das Ambiente daheim sei noch nicht so ideal dafür: „Meine Wohnung ist noch nicht ganz hyggelig, aber es wird schön langsam.“ In der Wohnung im 15. Wiener Gemeindebezirk stehen aus etwas nostalgischen Gründen und zum Zweck der Gästebeherbergung noch ein Sofa der Mama und die dazugehörigen Sessel herum, „die sind aber eher pompös, ich arbeite daran, sie loszuwerden.“
Eine Ecke der Wohnung sei aber schon recht „hyggelig“ adaptiert: Kuschelsofa, Teelichter und Bücher, dazu ein wärmendes Getränk – hier lässt es sich entspannen. Eigentlich passe die Philosophie von Hygge sehr gut zu Yoga, ihrem wichtigsten Hobby und auch ihrer größten Leidenschaft, sagt Beate. Daher ist sie zwar ob der Kommerzialisierung des globalen Lifestyle-Trends mit den dänischen Wurzeln etwas skeptisch. Tatsächlich deckten sich aber viele Kernbegriffe der uralten indischen Entspannungs-Philosophie mit dem zeitgenössisch-dänischen Hygge-Lebensstil.

Tägliche Kuschelstunde

Die täglichen Kuschelstunden könnten in der Familie von Julia E. theoretisch um 16 Uhr beginnen. Um diese Zeit kommt im Idealfall ihr Mann, von Beruf Softwareentwickler, nach Hause in die Wohnung im Zentrum des Grazer Vorstadtbezirks Andritz. Frau E. ist Gymnasiallehrerin für Bildnerische Erziehung, aber aktuell in Karenz – das jüngste Mitglied der Familie zählt erst zwei Monate. Die beiden „großen“ Kinder sind vier und fünf Jahre alt. Soll heißen: „So richtig  kuschelig und gemütlich können es sich mein Mann und ich frühestens ab acht Uhr machen, wenn die Kinder im Bett sind und hoffentlich gut schlafen“, sagt Frau E.. Vorher entspannt man zu fünft am und rund um das Sofa im Wohnzimmer, das die Kinder natürlich als Spielzimmer okkupiert haben.

Neue Leitkultur

Ob Trend oder ausgefeilte Wellnesstechnik – es scheint zu funktionieren. Nicht zufällig landen die Dänen als Hygge-Erfinder bei globalen Happiness-Rankings ständig ganz vorne. Falls die Legende einen wahren Kern hat, taucht der Begriff schon Anfang des 19. Jahrhundert in einem Buch im Sinne von „Wohlbefinden“ auf. Und seither, so Hygge-Buch-Autor Meik Wiking ( im Hauptberuf CEO des Happiness Research Institutes in Kopenhagen), sei es quasi Teil der dänischen Leitkultur, nationale DNA. Das „Book of Hygge“ der britisch-dänischen Schriftstellerin Louisa Thomsen Brits betont mehr den philosophisch-spirituellen Unterbau des Trends als das angeblich dafür unabdingbare Ambiente. Die Dänen, meinen Trend-Erklärer, würden gerne in kleinen Gruppen zusammenhocken, lieben an Winterabenden offene Kamine und Kerzenlicht, trinken gerne Kaffee, Tee, Kakao oder Wein, essen Kuchen und Lachsbrötchen. Sie entspannen auf einem Sofa oder in ihrer  Kuschelecke, plaudern, lesen, hören Musik. Kommt Ihnen das nicht irgendwie vertraut und erstrebenwert vor? Eben.

Das richtige Kuschel-Ambiente

Die Größe eines Sitzmöbels ist das erste Kriterium, schließlich will man es sich mit seinen Liebsten oder auch alleine gemütlich machen. Für jede Person sollten 80 Zentimeter Sitzfläche vorhanden sein. Gefragt sind bei den Sofas Kompaktlösungen mit Kopfstützen und Nackenstützen, mit Fußteil und vielleicht einem Hocker.  Stauraum für Polster und Decke ist sehr praktisch. Die Seitenteile des Möbels sind im Idealfall mechanisch oder digital steuerbar, oft kann man sie umdrehen und hat dann einen Becherhalter für Tee oder Kakao, oder es sind Stauräume für Spielsache und Kinderbücher integriert. Viele Sitzgarnituren haben integrierte Soundsysteme und fungieren als multimediale Funktionsmöbel, wo man auch Handy oder Tablet aufladen kann. Bei den Farben sind gedeckte und Cremefarben angesagt, mit einem dazu passenden Teppich. Wenn es kein Sitzmöbel aus Leder sein soll, ist ein Stoff mit Imprägnierung und Fleckenschutz wichtig. Die passende Beleuchtung gibt es oft direkt am Möbel: mit kaltem bis warmem LED-Licht, dimmbar, denn für das Malen, Lesen, Lernen oder Sticken muss es heller sein – beim Kuscheln ist gelbes und sanfteres Licht besser. Die Leute kaufen bevorzugt im Herbst ihre Sitzmöbel, damit sie diese vor Weihnachten haben. Der Trend geht zum Funktionsmöbel, zum Schlafen, Spielen, Sitzen und auch für Gäste.

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