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„Alkoholismus ist eine Krankheit und keine moralische Verfehlung“

Alfred Uhl ist Gesundheitspsychologe, wissenschaftlich tätig in der Gesundheit Österreich, unterrichtet in der Sigmund Freud Privatuniversität Wien und ist im Vorstand des Referats „Suchtpsychologie im Berufsverband der österreichischen PsychologInnen.“

Warum trinken Männer zu viel?
Alfred Uhl: Männer betreiben öfter als Frauen süchtigen Alkoholkonsum. Von einer „primären Abhängigkeit“ spricht man, wenn Personen die Alkoholmenge langsam steigern, weil ihnen infolge der Gewöhnung an Alkohol keine negativen Effekte auffallen. Von einer „sekundären Abhängigkeit“ spricht man, wenn Menschen wegen psychischer Probleme wie Unsicherheit, Ängsten, Depressionen, unverarbeiteter Trauer, Einsamkeit oder wegen zu viel Stress Alkohol verwenden, um diese unangenehmen Zustände zu verringern. Längerfristig werden die Probleme aber nicht weniger, sondern es kommen nur weitere dazu.

Wie verhalten sich diese Männer dann?
Es gibt grob gesprochen zwei Formen der Alkoholabhängigkeit. Rauschtrinker trinken ganz offen regelmäßig Alkohol und ihr Zustand ist durch Schwanken, lallende Sprache, Aggressivität oder auch deutliche Verlangsamung klar erkennbar. Spiegeltrinker, die gleichmäßig trinken, um einen konstanten Alkoholspiegel zu halten, versuchen hingegen oft, ihren übermäßigen Alkoholkonsum vor der Umgebung geheim zu halten. Das Verhalten der Betroffenen wird eigenartig, sie verstehen oft nicht, was andere gemeint haben, geben seltsame Antworten und wirken irgendwie verändert und beeinträchtigt.

Wie kann sich männlicher Alkoholismus auf die Beziehung und die Kinder auswirken?
Eine gute Beziehung entsteht dann, wenn sich die Eltern einfühlsam und berechenbar verhalten. Das trifft bei einem Mann, der unter einer Alkoholabhängigkeit leidet, oft nicht oder nur begrenzt zu. Er kann sich, wenn überhaupt, nur schwer auf andere einlassen. Außerdem schwankt sein Verhalten in der Regel stark, weswegen nicht abschätzbar ist, wie er in konkreten Situationen reagieren wird. Das ist vor allem für Kinder, die von ihm abhängig sind, eine starke Belastung. Besonders schlimm ist es für die Partnerin und die Kinder, wenn es auch zu Gewaltausbrüchen kommt.

 

 

„Es gibt viele Behandlungseinrichtungen, die Betroffenen helfen.“
Doz. Dr. Alfred Uhl
www.goeg.at

Was sollte die Partnerin eines Alkoholikers tun, was sollte sie nicht tun?
Sprechen Sie das Thema zunächst vorsichtig und ohne große Vorwürfe an. Betonen Sie Ihre Betroffenheit, Sorgen und Ängste und fordern Sie so ruhig wie möglich eine Veränderung ein. Absolut kontraproduktiv ist permanentes Nörgeln, da das vom Gegenüber kaum angenommen wird, Konflikte verstärkt und in der Folge den Alkoholkonsum des Mannes oft noch deutlich erhöht. Alkoholkranke kann man nicht zur Abstinenz zwingen. Beurteilen Sie ehrlich, was Sie tolerieren können und wo die Grenzen des Erträglichen liegen. Gelingt es nicht, den Partner von einer Verhaltensänderung zu überzeugen, werden Sie sich die Frage stellen müssen, ob Sie für Ihr eigenes Wohlergehen und das der Kinder mit einem alkoholkranken Partner weiterleben möchten oder eine Trennung erforderlich ist.

Wohin führt der Weg eines Alkoholikers, wenn er immer weiter trinkt?
Langfristig exzessiver Alkoholkonsum hat gravierende psychische (z.B. Depressionen), soziale (z.B. Arbeitsplatzverlust, Beziehungsprobleme) und körperliche (z.B. Leberprobleme, Nervenschäden) Folgen. Es kommt häufig akut oder dauerhaft zu einer Verringerung der geistigen Fähigkeiten und zu Zuständen, die die Lebensqualität und Lebenserwar tung des Alkoholkranken erheblich reduzieren.

Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es für einen Mann, der bereit ist, sich helfen zu lassen?
Es gibt viele Beratungs- und Behandlungseinrichtungen, die Angehörigen und Betroffenen helfen und ambulant bzw. stationär behandeln. Inzwischen ist auch die Überzeugung, dass Menschen mit gravierenden Alkoholproblemen in jedem Fall auf jeglichen Alkoholkonsum verzichten müssen, gefallen, wodurch die Schwelle sich auf eine Behandlung einzulassen deutlich gesunken ist. Oft stellt sich dann allerdings später heraus, dass das nicht gelingt und die einzige realistische Option doch ein völliger Alkoholverzicht ist.

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