Ernährung

„Bio spielt beim Schulessen eine immer größere Rolle“

BIO Austria-Obfrau Gertraud Grabmann über die Bedeutung biologisch erzeugter Lebensmittel in der Kinderernährung zuhause sowie in Kindergärten und Schulen.

Welchen Stellenwert haben Bio-Lebensmittel in Österreich bei der Schuljause?
Gertraud Grabmann: Viele Eltern wissen vielleicht gar nicht, dass es in den Schulen und auch in Kindergärten die Möglichkeit gibt, über ein von der EU gefördertes Programm Bio-Obst und Bio-Gemüse zu bestellen. Am besten ist es, gleich zu Schulbeginn im September den Wunsch daran teilzunehmen mit dem Klassenvorstand oder den KindergartenpädagogInnen zu besprechen, denn es gibt sehr zeitnahe Einreichlisten! Bio spielt eine immer wichtigere Rolle dabei und das wird sich in Zukunft noch verstärken.

Hat sich die Einstellung von Kindern und/oder Eltern zu Bio-Lebensmitteln verändert?
Ganz generell kann man sagen, dass immer mehr Menschen ganz bewusst zu Bio-Lebensmitteln greifen. Das verstärkte Bewusstsein um die Klimakrise und die immer weiter zurückgehende Bio-
diversität hat sicherlich auch eine Auswirkung gehabt. Immer mehr Menschen wissen, dass Umwelt- und Klimaschutz und Biodiversitätsförderung die Stärken der Bio-Landwirtschaft sind. Seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Bio-Produkten zusätzlich gestiegen.

Welchen Beitrag kann jeder Einzelne zum Klimaschutz und zum Erhalt der Biodiversität leisten?
Wir alle können einen Beitrag leisten, ohne Frage. Dennoch muss ich betonen, dass es nicht zulässig ist, die überlebenswichtige Frage Klimaschutz und Schutz der Artenvielfalt auf den Rücken einzelner zu wuchten. Es ist in erster Linie die Aufgabe der Politik, die notwendigen Rahmenbedingungen zu setzen. Da darf es keine Ausreden mehr geben. Was wir alle beitragen können ist zum Beispiel, biologische Lebensmittel zu kaufen, wann immer möglich aus der Umgebung und
saisonal. Regionalität alleine ist nicht die Lösung.

Welche Möglichkeiten haben Eltern, Kindern regionale Lebensmittel schmackhaft zu machen?
Ich bin natürlich keine Pädagogin. Was ich aber aus Erfahrung sagen kann: Kinder sind ein unbeschriebenes Blatt – was wir ihnen als Eltern vorleben, das werden sie in der Regel übernehmen. Daher macht es einen riesigen Unterschied, ob ich ihnen Fertigessen serviere, oder ob ich mit ihnen koche. Denn dabei lernen sie, dass Essen aus einzelnen Lebensmitteln hergestellt wird, dass diese verarbeitet werden müssen. Und wenn ich mit ihnen einkaufen gehe, die Lebensmittel mit ihnen bewusst aus-
suche, dann lernen sie auch, dass es Vielfalt gibt. Ganz besonders spannend für Kinder ab einem gewissen Alter ist ein Besuch auf dem Bio-Bauernhof. Da sehen sie auch, wie denn die Lebensmittel wachsen. Dass sie nicht immer schon im Regal gelegen sind. Das klingt vielleicht seltsam, aber dieses Wissen ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr.

Billige Lebensmittel gibt es nicht. Irgendjemand zahlt immer den wahren Preis.

Gertraud Grabmann, Obfrau BIO Austria

Zitatzeichen

Bio gilt immer noch als hochpreisig. Stimmt diese Annahme überhaupt?
Ganz generell gesprochen: Billige Lebensmittel gibt es nicht. Irgendjemand zahlt immer den wahren Preis – und der ist gerade bei niedrigst eingepreisten Lebensmitteln ein sehr hoher. Den zahlen wir als Gesellschaft über den Umweg der Steuer, weil aus Steuermitteln etwa das Wasser gereinigt werden muss, das etwa durch Stickstoff Düngemittel belastet ist. Oder der Bauer bezahlt den Preis, weil er nicht mehr von dem leben kann, was ihm übrigbleibt. Oder die Tiere, weil sie nicht artgerecht gehalten werden. Nein, Bio ist also nicht teuer. Es ist preiswert. Es gibt bei bestimmten Produkt-
gruppen einen durchaus großen Unterschied – etwa bei Fleisch. Denn es ist eine Katastrophe, wenn Fleisch um 3,99 pro Kilo verschleudert wird. Das geht sich vorne und hinten nicht aus. Nicht für den Bauern, nicht für das Tier und auch nicht für den Konsumenten – der zahlt über Umwege ebenfalls einen hohen Preis.

Was bedeutet der Umstieg auf regional produzierte Bio-Lebensmittel für ein durchschnittliches Haushaltsbudget in Österreich?
Eine Umstellung auf Bio mit moderaten Mehrkosten funktioniert gut. Das hat auch der WWF in einer Studie belegt. Dazu ist aber notwendig, die Ernährungsgewohnheiten zu überdenken und etwas anzupassen. Wenn man täglich Fleisch isst, wird es sich nicht ausgehen. Laut der WWF-Studie kann eine Umstellung des Einkaufs auf einen gesunden Warenkorb mit weniger Fleisch, dafür mehr Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten den Bio-Anteil kostenneutral auf 70 Prozent steigern. Für einen 100 Prozent Bio-Anteil würden die Mehrkosten nur rund zehn Prozent betragen.

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