Bildung

Das Geheimnis der Konzentration

Zappeln, hüpfen, Mütze auf dem Kopf – auch so kann Konzentration aussehen. Denn Kinder brauchen ganz unterschiedliche Vorgaben um wirklich gut zu lernen.

Das Hausaufgabenheft wird geöffnet, der Stift liegt in der Hand und schon wandert der Blick gedankenverloren ins Nirgendwo. Bald wird der Rand des Heftes sanft bekritzelt und leise vor sich hin gesummt. So oder ähnlich sieht es in den allermeisten Kinderzimmern regelmäßig aus. Verständlich, denn sich auf eine bestimmte Aufgabe zu fokussieren, sie in einem Schwung zu lösen und sich dabei nicht ablenken zu lassen, ist gar nicht so einfach. Gerade Kindern im Volksschulalter fällt das oft besonders schwer.

Neue Routinen für mehr Konzentration

Denn Konzentration – also die Fähigkeit, seine ganze Aufmerksamkeit auf eine Sache zu richten – hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Von der Laune ebenso wie von der Tageszeit, von der Art der Aufgabe genauso wie vom eigenen Können. Das ist ganz normal und kein Grund zur Sorge. „Es gibt nur ganz wenige Kinder, die sich gar nicht konzentrieren können“, beruhigt auch der Lernpsychologe Norbert Sommer-Stumpenhorst. Hat das Kind allerdings öfter Probleme an den Hausaufgaben oder bei der Freiarbeit in der Klasse dran zu bleiben, lohnt es sich dennoch genauer hinzusehen. Schließlich wirken sich verschiedene Routinen und Hilfsmittel positiv auf die Konzentrationsfähigkeit aus und schon Kleinigkeiten können einen großen Unterschied machen. An erster Stelle steht hier der Blick aufs eigene Kind. Denn was dem einen vielleicht entgegen kommt, lenkt den anderen einfach ab. Während die einen ganz intuitiv immer in Bewegung sind, brauchen die anderen Rückzug und Ruhe, um gut arbeiten zu können. „Viele Kinder setzen sich bei stillen Arbeiten eine Mütze auf oder wickeln sich in ihren Schal. Und das ist niemals unhöflich, sondern sehr sinnvoll“, erzählt die Elementarpädagogin Saskia Nemeth aus der Praxis. „Sie machen das ganz intuitiv, um sich im vollen Klassenzimmer abzugrenzen.“ Lenken Umgebungsgeräusche von Klassenkamerad:innen oder tobenden Geschwistern stark ab, kann auch die Investition in Noise-Cancelling-Kopf- hörer eine gute Idee sein.

Konzentration kann man tanzen

Auch was vor und zwischen den Lernphasen passiert, hat Einfluss auf die Lernqualität. Immer wiederkehrende Signale helfen dem Gehirn dabei, bei Bedarf auf Konzentration umzuschalten. Die Lernphase mit immer dem gleichen Lieblingslied einzuleiten, kann deswegen eine gute Idee sein – während des Liedes kann zum Schreibtisch getanzt und der Arbeitsplatz vorbereitet werden und vor allem ein positiver Übergang geschaffen werden.

Pausen tun gut

Besonders wichtig für einen optimalen Lernerfolg sind bekanntlich Pausen. Denn: „Die Zeitspanne in der Kinder ihre Aufmerksamkeit voll ausrichten können, ist recht gering“, erklärt Sommer-Stumpenhorst. Dabei geht man bei Kindern zwischen 5 und 7 Jahren von etwa 15 Minuten, bei Kindern zwischen 7 und 10 Jahren von etwa 20 Minuten als realistische Zeitspanne aus – eine volle Stunde konzentriert am Schreibtisch zu sitzen, ist für die allermeisten Kinder illusorisch. Die optimale Gestaltung der Pause ist wiederum individuell und situationsabhängig. Bewegung regt den Kreislauf an und macht den Kopf frei, Entspannungsübungen helfen Stress abzubauen und frische Luft sowie ein gesunder Snack aus Obst und Gemüse versorgen das Gehirn mit der benötigten Energie.

Bauen und konstruieren

Konzentrationsspiele: Eine ganze Reihe an Spielen fördert die Konzentrations- und Merkfähigkeit – ganz ohne, dass das Thema Lernen dabei überhaupt im Fokus steht. Denn: Puzzlen, Mandalas ausmalen oder Lego, Magnet- bausteine & Co. verbauen – das alles hilft dabei, die Aufmerksamkeits- und Impulskont- rolle zu stärken. Durch die Fokussierung auf das Spiel übt das Kind außerdem äußere Reize auszublenden, was sich spätestens im vollen Klassenzimmer bezahlt macht. Auch Merkspiele, wie Memory, Zählspiele oder „Ich packe meinen Koffer“ wirken sich positiv auf die Konzentrationsfähigkeit aus.

Das Motto lautet: Spielen um zu lernen!

TIPP: Bereiten Sie Ihrem Kind regelmäßig eine ruhige Spielumgebung vor.

Ruhe und Begrenzung

Kopfhörer, Merkmütze, Schal: Gerade während der Freiarbeit im Klassenraum ist es für viele Kinder gar nicht so einfach, gedanklich bei der Aufgabe zu bleiben. Rund herum wird gewackelt, geflüstert, geraschelt – vielen Kindern helfen da Hilfsmittel, die ihnen das Gefühl geben, sich ein Stück weit abgrenzen zu können. Manche ziehen sich die Mütze ins Ge- sicht, andere binden sich einen Schal um die Schulter. Auch Noise-Cancelling-Kopfhörer können wahre Wunder wirken. Mit ein wenig Einfallsreichtum kann das Ruhebedürfnis auch im turbulenten Klassenzimmer gestillt werden.

Ruhe & Rückzug helfen bei der Aufgabe.

TIPP: Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, welche Hilfsmittel ihm konkret helfen könnten.

Stehen, liegen, sitzen

Flexible Seating: Gerade sitzen, still halten, ruhig sein – wenn wir uns eine Lernsituation vorstellen, haben wir diese Bilder häufig im Kopf. Das heißt aber nicht, dass die auch zu unseren Kindern passen. Verschiedene Sitzpositionen, die auch während der Arbeit unterschiedliche Bewegungen ermöglichen, können sich positiv auf die Konzentrationsfähigkeit auswirken. Besonders beliebt: Gummibälle, Sitzsäcke, Hocker, Balancierkissen und Sitzschalen – manche Kinder arbeiten auch gerne im Stehen am Pult.

Liegen und Lernen passen zusammen.

TIPP: Klemmbretter sind besonders praktisch, wenn Ihr Kind gerne im Liegen lernt.

Kleine Rituale

Lernsignale: Rituale helfen Kindern in den Lernmodus zu schalten, denn sie geben das Signal dafür, dass eine bestimmte Situation beginnt. Durch die wiederkehrenden Abläufe können sich die Kinder mental leicht auf die Lernphase einstimmen. Das kann der Schluck aus der Wasserflasche oder ein bestimmtes Lied sein, das Ihr Kind gerne mag und vor jeder Lerneinheit abgespielt wird. Aber auch eine ruhige Minute, eine kurze Dehnübung oder eine Aufwärmaufgabe (z.B. Zeit schätzen) können diese Funktion übernehmen.Wiederkehrende

Ein gutes Intro wirkt Wunder.

TIPP: Dranbleiben! Es dauert eine Weile, bis aus einer Handlung ein Ritual wird.

Der optimale Arbeitsplatz

Genug Platz und gutes Licht: Geht es um den perfekten Arbeitsplatz gilt „weniger ist mehr“. Der Schreibtisch sollte keinesfalls überladen sein – das lenkt nur unnötig ab. Dennoch sollte sich Ihr Kind wohlfühlen. Gestalten Sie den Platz also am besten gemeinsam mit Far- ben und Pflanzen. Natürliches Licht wirkt sich positiv auf die Konzentrationsfähigkeit aus.

Licht & Luft geben Raum für Konzentration.

TIPP: Achten Sie gemeinsam mit Ihrem Kind darauf, dass der Schreibtisch nicht zum Zettel- haufen wird.

Klare Zeitvorgaben

Strukturiertes Lernen: 20 Minuten lernen, 5 Minuten Pause, 15 Minuten lernen, 10 Minuten Pause – die Abfolge von Konzentrations- und Pausenphasen kann ganz unterschiedlich aussehen. Wichtig ist, dass sie verlässlich eingehalten wird. Denn vielen Kindern hilft das besser, um in die Konzentrationsphasen zu finden. Am besten probieren Sie unterschiedliche Abfolgen aus, um herauszufinden, was für Ihr Kind am besten funktioniert.

Pausen gehören zu jeder guten Lerneinheit

TIPP: Beobachten Sie Ihr Kind, um herauszu- finden, wie lange eine Lernphase dauert.

Bewegungspausen

Hüpfen, springen, lernen: Bewegungspausen machen wacher, regen den Kreislauf an und geben Energie während längerer, sitzintensiver Phasen. Dabei können sie ganz unterschiedlich aussehen: Ein bestimmter Tanz zu Musik, eine Bewegungsgeschichte oder schnelle Hampelmänner – wichtig ist es, nach der Bewegung wieder zur Ruhe zu kommen, etwa durch Atemübungen oder kurzes Augenschließen.

Bringen Sie den Kreislauf Ihres Kindes wieder in Schwung.

TIPP: Planen Sie ein paar Extraminuten ein, um langsam wieder zur Ruhe zu kommen.

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