Die „grüne Suchmaschine“ Ecosia hat 45 Millionen Bäume gepflanzt
Bis Ende 2020 will Ecosia weltweit eine Milliarde Bäume gepflanzt haben, bisher sind es 45 Millionen. Christian Kroll, Gründer der Suchmaschine, im W & V-Gespräch über das Projekt.

„Ich glaube, die Leute haben immer noch nicht verstanden, dass Klimawandel das wichtigste Thema überhaupt ist“, sagt Christian Kroll. Seit Ende 2018 ist Ecosia durch Abgabe von Kapital und einem Veto-Stimmrecht an eine Stiftung unverkäuflich – und Krolls Anteile damit quasi nichts mehr wert. Im OMR-Podcast erklärt er diesen Schritt, gibt Einblicke in die Marketing-Strategie und verrät, wie ecosia.org zu einer einer der 700 größten Webseiten der Welt wurde.
Kroll sei früher zwar nie ein Umweltaktivist gewesen, habe BWL studiert, schon während der Schulzeit mit Aktien gehandelt und wolle auch heute natürlich noch Business machen. „Aber Business mit Sinn. Die Eindrücke meiner Reisen haben mich einfach sehr geprägt, und das kann ich nicht wieder rückgängig machen.“
Nachhaltigkeit und digitales Business kombinieren
Diese Eindrücke sind es dann auch, die in ihm das Bedürfnis wecken, ein Projekt zu starten, das Nachhaltigkeit und Umweltschutz in der DNA hat. 2009 gründet er Ecosia, eine Suchmaschine, die die Search-API von Bing nutzt und ebenfalls ans Anzeigen-Buchungstool von Microsofts Suchmaschine angeschlossen ist.
Schalten Werbetreibende dort Ads, können sie wählen, ob diese ebenfalls bei Ecosia ausgespielt werden. Mindestens 80 Prozent der Gewinne investiert das Unternehmen dann in Aufforstungs-Projekte. Wie gut das funktioniert, macht Ecosia jeden Monat in einem Financial Report transparent. Im Oktober lag der Umsatz bei rund 700.000 Euro, wovon 215.000 Euro in Baumprojekte geflossen sind.
So generiert Ecosia Traffic
Wie aber erzeugt man überhaupt mit einer Suchmaschine, vor allem in Konkurrenz zu Marktführer Google, aber auch Bing selbst, relevant Traffic? „Vor allem in den vergangenen zwei Jahren sieht man bei uns ein wenig die berühmte Hockeystick-Kurve“, sagt Christian Kroll. Ecosia.org habe heute 1,5 Millionen Daily Active User. 75 Prozent davon seien Desktop-Nutzer, viele davon über Plugins für verschiedene Browser. Der Rest nutze die Apps für Android und iOS. Nach Schätzungen des Statistikdienstes Similarweb steht Ecosia mit zuletzt fast 80 Millionen Visits im November auf Platz 636 der größten Webseiten der Welt.
Dass diese Nutzerzahlen und eine solche Reichweite nicht organisch nur dank einer guten Idee entstehen, zeigt sich ebenfalls im monatlichen Financial Report. Im vergangenen Oktober betrugen die Marketing-Kosten demnach über 220.000 Euro – das ist mehr, als der Betrag, der in die aktuell 20 verschiedenen Aufforstungs-Projekte investiert wurde. Kroll sagt: „Das Prinzip ist: Solange wir durch höhere Ausgaben im Marketing auch mehr Bäume pflanzen können, machen wir das gerne.“ Ecosia nutze klassische Marketing-Kanäle wie Facebook und sogar Google, um auf die grüne Suchmaschine aufmerksam zu machen. Viel laufe auch über Mundpropaganda und die starke Pressearbeit.
Zwei ernstgemeinte PR-Coups in einem Jahr
2018 hat es Ecosia gleich zweimal geschafft, mit sehr medienwirksamen Aktionen für Gesprächsstoff zu sorgen und die Bekanntheit zu steigern. Erst machte das Unternehmen dem Energiekonzern RWE ein Angebot über eine Million Euro, um den Hambacher Forst zu kaufen und so vor der Abholzung zu retten. „Der PR-Effekt war natürlich toll. Aber beim Angebot an RWE ging es uns wirklich darum, dass der Hambacher Forst stehen bleibt“, so Kroll.
Wenige Wochen später übertrug Ecosia 99 Prozent des GmbH-Kapitals und ein Prozent der Stimmrechte an die Schweizer Purpose-Stiftung – und machte das Unternehmen so zu Treuhandeigentum. „Ecosia wird immer mehr zu einer großen Umweltbewegung, die man weder besitzen, noch verkaufen können sollte“, erklärt Christian Kroll. Die Stiftung werde bei allen Verkaufs- oder Gewinnausschüttungsplänen immer Veto einlegen. „Meine rund 50 Prozent der Anteile sind jetzt, glaube ich, 50 Euro wert.“ Die andere Hälfte der GmbH hält bis heute ein in der Branche nicht ganz Unbekannter: Tim Schumacher, unter anderem Gründer vom Domain-Marktplatz sedo.com und Macher vom Adblock Plus-Betreiber Eyeo. Seit 2013 ist Schumacher mit an Bord und habe sich gemeinsam mit Christian Kroll für den Stiftungs-Schritt entschieden.
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