Empathie hilft den Schülern, untereinander Beziehungen aufzubauen, Mobbing zu verhindern und erfolgreich miteinander zu arbeiten. Später fördert sie den Entwicklungsprozess von Führungskräften, Unternehmern und Managern. „Empathische Teenager“ sind in der Regel erfolgreicher, weil sie sich mehr an gemeinschaftlichen Zielen orientieren als ihre narzisstischeren Altersgenossen.

An dänischen Schulen ist daher eine Pflichtstunde pro Woche dem „Klassens tid“ gewidmet, in dem bei Schülern zwischen 6 und 16 Jahren das Einfühlungsvermögen geschult wird. An Dänemarks Schulen ist diese Unterrichtsstunde genauso wichtig wie Mathematik oder Englisch. Während des Empathieunterrichts besprechen die Schüler ihre Probleme, die nicht nur mit der Schule zu tun haben müssen und wo die ganze Klasse gemeinsam mit der Lehrkraft versuchen, zusammen eine Lösung dafür zu finden. Wenn es keine akuten Probleme gibt, verbringen die Kinder einfach Zeit miteinander, um sich zu entspannen und typisch dänisches Hygge zu genießen, was frei übersetzt soviel wie „eine gute Zeit haben“ bedeutet. In einem Land, in dem es das halbe Jahr über sehr früh dunkel wird und kalt ist, bedeutet Hygge Licht, Wärme, Freunschaft und eine angenehme Atmosphäre. Hygge ist das grundlegende Konzept für das dänische Wohlbefinden. Inzwischen ist Hygge weltweit auf dem Vormarsch. Auf amazon werden bereits über 900 Bücher zu diesem Thema verkauft und auf Instagram gibt es inzwischen mehr als drei Millionen Post mit dem Hashtag #hygge.

Die Psychologin Jessica Alexander, Autorin des Bestsellers „The Danish Way of Parenting“ hat mit dem dänischen Psychotherapeuten Iben Sandahl erforscht, warum die Dänen mit Empathie so erfolgreich sind, Eine mögliche Ursache ist die Zusammenarbeit im Team, dank derer 60 Prozent der Aufgaben in der Schule erledigt werden. Dabei liegt der Fokus der Schüler nicht darauf, andere zu übertreffen, sonder Verantwortung zu tragen und denen zu helfen, die vielleicht nicht so begabt sind wie man selbst.

Der Wettbewerb ist ausschließlich mit sich selbst und nicht gegen andere. Dänische Schulen bieten Schülern, die sich in Schulfächern oder im Sport auszeichnen, weder Preise noch Trophäen an, um keinen Wettbewerb zu schaffen. Stattdessen wird eine Kultur der Motivation zu Verbesserung praktiziert, die ausschließlich in Bezug auf sich selbst gemessen wird. „Die Dänen geben den Kindern viel Freiraum, um Empathie und Verhandlungsgeschick zu vermitteln. Das Spielen draußen gilt dabei seit über 150 Jahren als wichtiges pädagogisches Instrument“, erklärt Jessica Alexander.

Weiters setzen die Dänen auf kollaboratives Lernen, das darin besteht, Kinder mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen in verschiedenen Fächern zusammenzubringen, damit sie sich im Unterricht gegenseitig helfen und lernen in Projekten zusammenzuarbeiten. So lernen die Kinder von klein auf, dass man alleine nicht so erfolgreich wie im Team sein kann und dass Hilfe für andere zu einem besseren Ergebnis führt.

„Ein Kind, das von Natur aus talentiert in Mathematik ist und nicht gelernt hat, mit Gleichaltrigen zusammenzuarbeiten, wird sich alleine nicht weiterentwickeln. Es wird vielleicht Hilfe in anderen in anderen Fächern brauchen. Das ist eine großartike Lektion, mit der Kinder von klein auf darin unterrichtet werden, dass niemand alleine durchs Leben gehen kann“, sagt Jessica Alexander. „Viele Studien zeigen, dass Kinder, wenn sie anderen Kindern etwas erklären, etwa ein mathematisches Problem und dessen Lösung, das Thema nicht nur viel besser lernen als durch bloßes Pauken, sondern auch ihr Einfühlungsvermögen weiterentwickelt undgestärkt wird. Denn Kinder lernen so auch, dass sie aufpassen müssen, wie die andere Person die Informationen erhält, sie sich in deren Lage versetzen müssen und so besser verstehen, wie Lernen eigentlich funktioniert.“ Eine Empathie-Stunde zu besuchen, gibt den dänischen Kindern daher Befriedigung und Freude und bereitet sie darauf vor, glückliche Erwachsene zu werden.