Baby

Entspannte Eltern, entspanntes Baby

Praxiserprobte Methoden zu mehr Gelassenheit - nicht nur für Eltern - und die daraus folgende positive Wirkung entspannter Eltern auf das Baby.

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Eltern zu werden ist eine der tiefgreifendsten Erfahrungen im Leben – intensiv, wunderschön und auch fordernd. Hohe Anforderungen an sich selbst als Eltern, Erwartungen von außen – und dann ein Baby, das stundenlang weint, obwohl man schon alles versucht hat: Stillen, Tragen, Wiegen. Dieses Gefühl von Hilflosigkeit, Versagen und innerer Anspannung ist für viele Eltern nur allzu vertraut. Ein emotionaler Cocktail, der das ganze Familiensystem belastet. Der Beitrag vermittelt praxiserprobte Methoden zu mehr Gelassenheit – nicht nur für Eltern – und die daraus folgende positive Wirkung auf das Baby.

Die Wechselwirkung: Eltern und Baby im emotionalen Dialog

Die emotionale Verbindung zwischen Eltern und Baby ist intensiv und feinfühlig. Babys sind ausgesprochen sensibel für die Stimmungen ihrer Bezugspersonen und ihr Umfeld. Sie nehmen Mimik, Tonfall, emotionale Signale wie Stress, Ärger oder Angst bei Erwachsenen wahr und reagieren darauf – körperlich wie emotional. Meistens zeigen sich diese Spannungen durch vermehrtes Schreien, Unruhe, Ein- und Durchschlafprobleme oder Schwierigkeiten beim Stillen. Ein dauerhaft gestresster oder überforderter Elternteil kann dies unbewusst verstärken.

Umgekehrt kann ein entspannter, innerlich stabiler Umgang mit schwierigen Situationen die Regulationsfähigkeit des Babys fördern, die Neugeborene erst noch erlernen müssen. Es entsteht ein positiver Kreislauf der emotionale Ko-Regulation: Ein ruhiger Elternteil beruhigt das Baby – das ruhigere Baby wiederum stärkt das elterliche Selbstvertrauen.

Die Eltern sind meist ein gewisses Stresslevel gewohnt und oft bereits in einem Dauerstress. Für unser Baby ist alles neu und es sammelt viele Eindrücke über den Tag. Das Gehirn des Babys arbeitet auf Hochtouren und nimmt alles wahr. Neue Geräusche, fremde Stimmen, fremde Hände und grelles Licht bedeuten Stress für das Baby. Unterwegs ist das Baby ruhig und schläft vielleicht sogar, kaum zu Hause angekommen schreit und weint es. Dieses Szenarium ist vollkommen normal, denn das Baby muss die vielen Reize erst mal verarbeiten und das passiert erst, wenn Ruhe herrscht. Es sucht in diesen Momenten nach Nähe und Sicherheit. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir unsere Kinder gut begleiten und unterstützen, damit sie mit den vielen Reizen und Eindrücken umgehen können.

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Das Baby muss die vielen Reize erst mal verarbeiten und das passiert erst, wenn Ruhe herrscht. Es sucht in diesen Momenten nach Nähe und Sicherheit.

Stressreaktionen erkennen

Stressreaktionen äußern sich in der gesteigerten Aktivität des vegetativen Nervensystems, der Ausschüttung von Stresshormonen, der Anspannung der Muskulatur, der Steigerung des Blutdrucks und der Erhöhung der Atemfrequenz. Wie bereits erwähnt reagieren Babys sehr sensibel darauf.

Dauerstress oder langanhaltende Überforderung können diese genannten Punkte verstärken. Dies kann sich beispielsweise in Form von Muskelverspannungen und Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich, Schmerzen im unteren Rücken, Kopfschmerzen, vermehrte Reizbarkeit, Müdigkeit, „Alles wird zu viel“-Gefühl, Reduzierung der Immunabwehr (z.B. häufig erkältet) und einer Abnahme der Sexualität äußern.

Wege zu mehr Gelassenheit

Der Umgang mit Herausforderungen erfordert sowohl emotionale Stärke als auch praktische Strategien. Hier einige Tipps – nicht nur – für Eltern:

1.)        Gehen Sie vom Guten aus

Viele kennen Kommentare wie „Wenn du sie immer trägst, wird sie nie laufen lernen“ „Du stillst immer noch?“ oder ähnliches. Hier sind verschiedene Interpretationen der Kommentare möglich. Auch wenn das in emotionalen Momenten nicht immer leicht ist, gehen Sie vom Guten aus. Probieren sie gelassen zu reagieren und reflektieren die Situation.

Tipp:  Nehmen Sie sich 3 Sekunden und überlegen „Könnte man es auch anders sehen?“ oder „Könnte man es gar nicht so schlimm gemeint haben?“

 

2.)        Akzeptanz der Unvorhersehbarkeit

Babys bringen viel Unvorhersehbares mit sich. Unser Umfeld leider auch. Es ist hilfreich, zu akzeptieren, dass nicht alles perfekt kontrolliert werden kann. Das reduziert Stress und fördert Gelassenheit ganz getreu dem Motto „Nichts ist entspannter als das anzunehmen, was kommt“ (Dalai Lama). Unser Baby lehrt uns die Welt anders wahrzunehmen – bewusster und entschleunigter. Diese Entschleunigung müssen wir manchmal lernen wieder zu leben. Dazu gehört auch die nicht aufgeräumte Küche, den Wäscheberg oder das rumliegende Spielzeug wohlwollend zu akzeptieren, anstatt sich mit Perfektionismus selbst unter Druck zu setzen.

3.)        Die eigenen Grenzen verteidigen

Durch einen unbedachten Kommentar des Umfelds passiert es schnell, dass unsere Grenzen missachtet werden. Kommunizieren Sie ihre Grenzen klar in einer Ich-Botschaft wie: „Ich würde mir wünschen … “, „Nein, ich möchte jetzt nicht diskutieren“. Oder höflich und ohne Vorwurf im Ton: „Wie meinst du das?“. Dies gibt die Chance, dass das Gegenüber sein Verhalten reflektiert und korrigiert – vielleicht noch nicht sofort, aber bei nächsten Mal.

Wir können es nicht immer allen recht machen. Gerade wenn Generationen aufeinandertreffen, verstehen nicht alle die Bedürfnisse junger Eltern oder haben die gleiche Sichtweise auf Erziehung, Stillen und Schlaf. Die eigene Intuition und das Wissen um das Wohl des eigenen Babys sind entscheidend. Sie haben die Verantwortung für Ihre Gefühle und die Ihres Kindes – geben sie diese nicht ab. Dadurch schützen Sie auch Ihren Selbstwert, was wieder etwas mehr Stabilität ins Familiensystem bringt.

4.)        Positive vibes only

Viele von uns sind mal angespannt, machen mal etwas nicht „richtig“, sind mit sich unzufrieden, verlieren die Nerven oder haben mal keine Lösung. Das ist vollkommen normal und gehört zum Leben dazu. Gelassenheit bedeutet nicht, alles im Griff zu haben – sondern sich selbst in schwierigen Momenten mit Freundlichkeit zu begegnen.

Tipp: Fokussieren Sie sich auf das Positive, denn das bewusste Wahrnehmen kleiner Erfolge und schöner Momente mit dem Baby stärkt das positive Gefühl und fördert eine gelassene Haltung. Erinnert euch daran, was ihr schon alles geschafft habt – beispielsweise die Schwangerschaft, die Geburt und andere Herausforderungen.

5.)        Selbstfürsorge – Wer gut für sich sorgt, sorgt gut fürs Baby

Zu oft vernachlässigen Eltern ihre eigenen Bedürfnisse – immer aus gutem Grund. Dabei sind auch die eigenen Bedürfnisse wichtig, denn nur wer selbst ausreichend Energie hat, kann emotional präsent und stabil bleiben. Wenn duschen gehen zur Challenge wird, eine ausgewogene Ernährung zu kurz kommt oder der Schlafmangel einen an die Grenzen bringt, ist es Zeit umzudenken.

Tipp:

  • Gönnen Sie sich mehrmals täglich kleine Ruhephasen, meist reicht es bereits sich kurz auf den Boden zu legen, während das Baby spielt, um etwas Energie zu tanken
  • Nutzen Sie die Spaziergänge mit Baby als „Ruhe-Inseln“, lassen Sie dabei ihr Smartphone bewusst in der Tasche
  • Ernähren Sie sich nicht nur von Süßigkeiten, sondern greifen Sie auch zu Alternativen wie Erdbeeren, Nüssen oder Äpfel
  • Pflegen sie soziale Kontakte. Ein Gespräch mit der Freundin kann wunderbar sein. Und falls die alten Bekanntschaften keine Zeit haben, suchen Sie sich neue beispielsweise in Krabbelgruppen oder Babycafés. Dort finden Sie schnell Anschluss bei anderen Eltern. Oftmals gibt es zusätzliche Angebote für einen Austausch mit Fachkräften wie Stillberatern, Kinderkrankenschwestern oder psychologischen Beratern.

 

6.)  Soforthilfe für Baby und Eltern in akuten Situationen

Wenn die Situation emotional aufgeladen ist, hilft es oft, kurz innezuhalten und tief durchzuatmen. Sie kann dabei unterstützen, den eigenen Stresspegel zu senken und gelassener zu reagieren. Atme tief durch die Nase ein, halte den Atem kurz für 5 Sekunden an und atmen langsam durch den Mund wieder aus.

Ihr Baby können Sie durch engen Körperkontakt beruhigen, indem sie es ganz nah am Körper tragen, gerne auch in einem Tuch oder einer Trage. Streichen Sie dem Baby sanft über den Hinterkopf und Rücken, massieren Sie es sanft am Ohr und sprechen Sie ihm beruhigend zu.

7.)  Gelassenheit stärkt nachaltig

Ruhige, emotional präsente Eltern signalisieren dem Baby: „Du bist sicher“. Diese Sicherheit ist die Grundlage für Urvertrauen – die emotionale Basis für den besten Start ins Leben.

Bei Gelassenheit geht es nicht um Perfektion, es ist vielmehr eine stetige Reise voller Lernmomente und Wachstum. Einmaliges Ausprobieren reicht nicht um die Gelassenheit dauerhaft im Familiensystem zu etablieren. Es erfordert ein kontinuierliches Weitermachen, damit man souverän auf Unvorhersehbares reagieren kann.

Gleichzeitig erleben Babys und Kinder auf diese Weise auch eine wichtige Botschaft fürs Leben: Gefühle dürfen da sein. Fehler passieren, Herausforderungen werden uns begegnen und Kommentare des Umfeldes wird es geben. Und all das darf in Ruhe angenommen werden.

Suchen Sie nicht nach Perfektion

Eltern brauchen nicht noch mehr Perfektion aus den sozialen Medien, Schuldgefühle und müssen auch nicht die Erwartungen anderer erfüllen. Was sie brauchen, ist eine entspannte Atmosphäre, Respekt und Achtung ihrer Werte als Eltern, sowie Raum für echte Gefühle und echtes Mitgefühl für sich selbst. „Entspannte Eltern, entspanntes Baby“ ist mehr als eine Floskel, es ist ein psychologisch fundiertes Prinzip, das zeigt, wie eng das Wohlbefinden von Eltern und Baby miteinander verknüpft ist. Gelassenheit kann man lernen und wirkt wie ein emotionaler Schutzschild, von dem die ganze Familie profitiert.

Über die Autorin

Julia Geyer ist psychologische Beraterin und traumasensible Trauerbegleiterin für Menschen in Krisenzeiten mit eigener mobiler Praxis in Bellenberg bei Neu-Ulm.

Julia Geyer ist psychologische Beraterin und traumasensible Trauerbegleiterin für Menschen in Krisenzeiten mit eigener mobiler Praxis in Bellenberg bei Neu-Ulm. Mit ihrer langjährigen Erfahrung im medizinischen Bereich, begleitet und unterstützt sie ihre Klienten dabei, innere Blockaden zu lösen, Selbstakzeptanz zu steigern, neue Perspektiven zu entdecken, Lebensziele neu zu definieren oder Veränderungen anzunehmen und den eigenen Lebensweg zu reflektieren. In der Trauerbegleitung holt sie Trauernde in der Tiefe Ihrer Emotionen ab, egal ob Mensch oder Tier und unabhängig davon, wie lange der Verlust zurückliegt. Ihr lösungsorientierter und traumasensibler Ansatz ist geprägt von Empathie, großer Expertise und einem tiefen Verständnis für die Vielschichtigkeit menschlicher Erfahrungen. Kontakt: https://www.julia-geyer.de

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