Wohnen

Grün und günstig

Wo gibt es in Wien nachhaltigen sowie leistbaren Wohnraum? „familiii“ hat sich ein paar Wohnprojekte angesehen, die Konto wie Umwelt schonen.

In den 1920er Jahren begann Wien soziale Wohnbauten für die zugezogenen Arbeiter zu errichten. Es wurden große Wohnanlagen gebaut, die gute Lebensbedingungen boten und erschwinglich waren. Der erste Wiener Gemeindebau war der Metzleinstalerhof, viele weitere sollten folgen. Auch heute ist Wien für seinen sozialen Wohnbau bekannt.

Günstigen Wohnraum zu schaffen ist besonders in Zeiten der Inflation wichtig. Und gerade für Städte, die wie Wien wachsen: In den nächsten Jahren soll die Stadt die Zwei-Millionen-Grenze überschreiten – und alle diese Menschen brauchen Wohnraum. Bestenfalls einen, der das Konto nicht zu sehr belastet, denn Privathaushalte geben bereits jetzt viel fürs Wohnen aus: Die monatliche Durchschnittsmiete inklusive Betriebskosten lag im 1. Quartal 2023 bei 9,1 Euro pro m2 – das sind
7,8 % mehr als noch 2022. Die monatlichen Mieten ohne Betriebskosten pro Quadratmeter stiegen ebenso um 8,4 % im Vergleich zum Vorjahresquartal (Quelle: Statistik Austria).

Novelle der Bauordnung

Neuer Wohnraum soll nicht nur leistbar sein, sondern auch nachhaltig. Dem Klimawandel und seine Folgen spüren Städte besonders. Kathrin Gaál, amtsführende Stadträtin für Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen, über die Antworten der Stadt darauf: „In Wien wird die Nachhaltigkeit auf mehreren Ebenen gedacht. Neben der ökologischen Nachhaltigkeit ist dies die soziale Nachhaltigkeit und natürlich auch die ökonomischen Nachhaltigkeit.“

Die ökologische Nachhaltigkeit umfasst die nachhaltige Energieversorgung und eine ressourcenschonende Bauweise. So fokussiert die aktuelle Novelle der Bauordnung auf die Etablierung von erneu- erbaren Energiesystemen. In Wien ist der Einsatz erneuerbarer Energie vorgeschrieben und dieser soll durch die Novelle noch ausgebaut werden. Der Energieverbrauch soll durch die Bauordnung und eine entsprechende Bauweise gering gehalten werden. Ein weiterer Punkt sind Grünflächen, deren Gestaltung künftig verpflichtend ausgeweitet werden soll. Regenwassermanagement sowie Erleichterung bei der Fassadenbegrünung sind ebenfalls notwendig.

Wohnquartier Wolfganggasse

Aktuelle Wohnprojekte entlasten sowohl das Konto als auch die Umwelt.
Beim Wohnquartier Wolfganggasse (Wolfganggasse, 1120 Wien) entsteht ein neues Quartier mit rund 850  geförderten Wohnungen; darunter befinden sich Wohnformen für Alleinerziehende, ein Gemeinde- bau, SMART-Wohnungen (Anm.: Die Wohnberatung Wien definiert diese als Wohnungen mit hoher Alltagstauglichkeit bei gleichzeitig sehr günstigen Eigenmitteln und Mieten), geförderte Mietwohnungen, Wohngemeinschaften für teilbetreutes Wohnen für Menschen mit Behinderungen und betreute Heimplätze. Das neue Stadtquartier bietet Platz für ein Pflegewohnhaus, einen Kindergarten, einen Supermarkt, Werkstätten sowie Geschäfte. Die soziale Durchmischung der Bewohner*innen ist ein Anliegen, Gemeinschaftsräume sollen das gelebte Miteinander forcieren. Ein weitere Fokus liegt auf den Grün- und Freiräumen, ein großer Platz soll von allen genutzt werden. Auch das benachbarte Quartier soll saniert werden und so die Wohnqualität und den öffentlichen Raum aufwerten. Die Instandhaltung und Revitalisierung bestehender Bauten ist laut der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) besonders wichtig, da somit Ressourcen und Abfall gespart werden können und es eine Maßnahme gegen die zunehmende Flächenversiegelung ist.

Wientalterrassen

Zwei Herausforderungen stehen beim Projekt Wientalterrassen (Käthe-Dorsch-Gasse 17, 1140 Wien) im Fokus: Einerseits gibt es primär Wohnungen für Alleinerziehende, andererseits galt es, ein nachhaltiges Energiekonzept zu gestalten. Die Grundrisse der Wohnungen sind unterschiedlich, verschiedene Angebote sowie Organisationsformen fördern das Miteinander. Die Wientalterrassen kommen nahezu zu 100 % mit Energie aus erneuerbaren Energiequellen aus. Das Energiekonzept ermöglicht es, unabhängig von fossilen Brennstoffen zu sein und so wird die gesamte Wohnanlage dank einer nachhaltigen Wärme-/Kälteversorgung versorgt. In zentraler Lage des Quartiers entstand zudem das Generationenzentrum „All in Penzing“, das im Februar 2023 eröffnet wurde: Kinder, Erwachsene und Senior*innen verbringen gemein- sam ihre Freizeit. Einen weiteren sozialen Schwerpunkt gibt es mit der Wohnplattform „Housing First“ – hier bekommen Getrennt- bzw. Alleinerziehende schnell und unbürokratisch Hilfe.

Biotope City Wienerberg

Bereits umgesetzt ist das Bauprojekt Biotope City Wienerberg (Ottokar-Fischer-Gasse, 1100 Wien). Biotope sind Lebensräume, die durch bestimmte Pflanzen- und Tiergesellschaften gekennzeichnet sind, und so sind Nachhaltigkeit und die Nähe zur Natur auch hier essentiell.

Auf dem ehemaligen Fabriksgelände finden sich nun 980 Wohnungen, davon 400 geförderte Wohnungen und 200 SMART-Wohnungen. Auf 600 Quadratmetern erstrecken sich Gemeinschafts- gärten, 250 Bäume wurden gepflanzt und es gibt 8.900 Quadratmeter Wiesenfläche. Die Dächer und Fassaden sind begrünt.

Das Leitbild für das Projekt entwickelten die Stadtplanerin Helga Fassbinder sowie der 2016 verstorbene Architekt Harry Glück, der durch das Konzept des Wohnparks Alt Erlaa Wien Bekanntheit erlangte. Mit seinen Bauten prägte er den sozialen Wohnbau in Wien, berühmt ist sein Credo „Wohnen wie Reiche, auch für Arme“. Er fokussierte in seinen Projekten auf die Natur (viel Grün, Sonne Licht, Luft und Nähe zum Wasser). Konkrete Ziele beim Bau Biotope City Wienerberg waren unter anderem die: Reduzierung der Hitzebelastung, höhere Biodiversität, ein grünes Wohnumfeld sowie intelligentes Regenwassermanagement. Die gepflanzten Bäume spenden Schatten, die Innen- und Dachflächen laden zum Gärtnern ein, die Loggien und Balkone haben integrierte Pflanzentröge. Die Flächen zwischen den Baukörpern sind klimaeffektiv durch unversiegelte Auffang- und Sickerflächen. All diese Maßnahmen werden wissenschaftlich begleitet und ausgewertet, um für die Zukunft noch mehr zu lernen.

Neu Leopoldau

Verkehrsberuhigung sowie die Schaffung günstigen Wohnraums stehen beim Projekt 04 Neu Leopoldau (Wohlfahrtsweg, 1210 Wien) im Fokus. Auf dem Areal des alten Gaswerks Leopoldau entstehen 1.400 Wohnungen – davon 1.000 geförderte und 330 SMART-Wohnungen. Eine soziale Infrastruktur und Nahversorgung werden geschaffen, das gesamte Areal wird verkehrsberuhigt, die Belas- tung der Umgebungsstraßen soll durch ein eigenes Verkehrskonzept so gering wie möglich gehalten werden, auch eine bessere Anbindung an den öffentlichen Verkehr ist vorgesehen. Auch Gewerbeflächen und viel Freiraum sind Bestandteil des Bauprojekts. Wichtig ist, die denkmalgeschützten Gebäude und Bäume zu erhalten, größtenteils soll in allen Gebäuden sowohl gearbeitet als auch gelebt werden, die Erdgeschosszonen sollen multifunktional genutzt werden.

1. Wiener WohnBAUMprogramm

Vermehrt versuchen Bauträger*innen auch, neue Materialien für ihre Projekte zu finden: Beim 1. Wiener WohnBAUMprogramm, einem Wettbewerb des Wohnfonds Wien, soll nachhaltiger Wohnraum geschaffen werden – und zwar in Holz- und Holz-Hybrid-Bauweise. Mit drei Projekten ist hier die ARWAG involviert, ein Bauträger für provisionsfreie Wohnun- gen. Die geplanten Bauten befinden sich im 21. und 22. Bezirk (Orasteig II, 1210 Wien, Aspernstraße, 1220 Wien und 07 Naufahrtweg 16, 1220 Wien).

Holzbauten sind aus vielen Gründen nachhaltig, wie ARWAG mitteilt: Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der zugleich ein guter CO2-Speicher ist. Das verbrauchte Holz wird wieder aufgeforstet und die Bauweise ermöglicht es, während der Verarbeitung angefallenen „Holzabfall“ weiterzuverarbeiten und die Bauzeit ist verkürzt: „Wir kalkulieren bei unseren Holzprojekten mit einer Bauzeit von etwas mehr als einem Jahr, anstelle von zwei Jahren.“ Ein weiterer Vorteil dieser Bauweise liegt schlussendlich in der geräuscharmen Montage. Die ARWAG versucht Bauten zu gestalten, die leistbar und nachhaltig sind. „An erste Stelle stehen die Architektur und der Freiraum, wir achten dabei stets auf eine möglichst große Vielfalt im Wohnungsangebot, um eine gute soziale Durchmischung zu schaffen.“

Nachhaltige Holz-Bauten

Die Wohnungen sollen auf die jeweilige Lebenssituation anpassbar sein, das beinhaltet Themen wie Barrierefreiheit und den Grundriss. Gemeinschaftsräume sind für die ARWAG ebenso wichtig wie ein „soziales Besiedelungsmanagement, das ein Miteinander fördert“. Für weniger finanzielle Hürden wird künftig in den Neubauten selbstgeschaffene Energie zu „stabilen und leistbaren Preisen“ angeboten. „Das schaffen wir über alternative Energieanlagen, die Wärme im Winter und Kälte im Sommer über Geothermie bereitstellt. Der Strom kommt von der hauseigenen Photovoltaikanlage am Dach.“ Die geplanten Holz-Bauten sollen im Februar 2025 bezogen werden. Geplante Maßnahmen zur Stärkung der Klima-Resilienz sind etwa der Erhalt von Laubgehölzen, das Schwammstadtprinzip, biodiverse und klima-angepasste Bepflanzung, Fassaden- und Dachbegrünung, helle Oberflächen, Regenwassermanagement und Balkone als baulicher Sonnenschutz.

Grüner Sozialbau

Die Sozialbau AG ist ein Verbund von Wiener Wohnungsunternehmen und verwaltet 53.782 Wohnungen sowie 937 Wohnungen, die sich gerade im Bau befinden. Die Durchschnittsmi ten dieser Wohnungen liegen unter dem Marktwert und auch die Sozialbau AG hat Pläne, diese Wohnungen klimafreundlich(er) zu gestalten: „Im Neubau errichteten wir unsere Projekte selbst- verständlich im Einklang mit den ökologischen Anforderungen der öffentlichen Hand, setzen nach Möglichkeit Elemente der Bauteilaktivierung zur Temperierung der Gebäude ebenso ein wie Photovoltaik und erneuerbare Energiequellen zur Wärmeversorgung“, so die Sozialbau AG. Grün-und Freiflächen sind fix eingeplant. Gasbe- triebene Einzelthemen werden aktuell zu gemein- schaftlichen Energiezentralen als erneuerbare Heizwärmesysteme umgerüstet und alle Wohn- hausanlagen werden mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Weitere Maßnahmen wie Fassaden- temperierung, Geothermie, Wärmepumpen und Fassadenbegrünung sollen die Bauten klimafit machen. Der Aspekt der Gemeinschaft spielt auch hier eine Rolle: Die Serviceinitiative „gemeinsam stärker“ bietet verschiedene Dienstleistungen wie eine Nachbarschaftshilfe und Veranstaltungen an. In allen neuen Wohnhausanlagen gibt es eine moderne Glasfaserinfrastruktur und Gemeinschaftseinrichtungen wie Waschküchen, Gemeinschaftsräume sowie Gemeinschaftsflächen im Grünen.

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