Humorentwicklung: Worüber Kinder lachen
Aufgepasst! Jetzt wird gelacht!

Wenn ein Schwein fliegt, lacht die Dreijährige. Der Zehnjährige nicht. Er erzählt stattdessen einen Witz. Was Kinder in welchem Alter lustig finden und worüber in Familien gelacht wird.
„Was macht eine Blondine in der Wüste?“ Die zehnjährige Emelie sitzt am Küchentisch mit ihren Eltern und ihren zwei Schwestern und erzählt einen Witz: „Staubsaugen!“ Alle müssen lachen. „Josefine, hast du den Witz überhaupt verstanden?“, fragt Papa Johannes. „Nein“, antwortet die Fünfjährige. Mitgelacht hat sie trotzdem – weil die anderen es taten. Denn: Im Alter von fünf Jahren ist man kognitiv noch nicht in der Lage, einen Witz zu verstehen. Aber ab wann wissen wir um den Zusammenhang eines Witzes und wie wächst denn eigentlich der Humor mit unseren Kindern mit?
Alles beginnt mit einem Lächeln
Mit circa zwei Monaten fängt ein Baby an, vermehrt zu grinsen. „Hierbei handelt es sich lediglich um ein soziales Lächeln. Das Baby reagiert auf Streicheln oder andere Stimuli. Von Humor im eigentlichen Sinne ist hier noch nicht die Rede“, erklärt Julia Bach, die sich als Expertin beim CliniClowns Forschungsverein intensiv mit der Humorentwicklung von Kindern auseinandersetzt.
Mit rund zehn Monaten beginnen Babys zu verstehen, dass Lachen eine Rahmung für eine spaßige Situation und Albernheiten abseits der Normalität ist. In dem Alter ist es irrsinnig komisch, wenn man Mama ein Stück Apfel hinhält und es ihr im letzten Moment wieder wegzieht, bevor sie zubeißen kann. „Schon jetzt beginnen die Kleinen, mit der Erwartungshaltung des Gegenübers zu spielen“, so Bach.
Zur Erklärung: Humor funktioniert generell über das Spiel mit Erwartungen. Ein Typ tanzt und will zeigen, wie cool er ist. Der Zuschauer erwartet sich nun einen supertollen Dance-Move. Der Typ knallt im nächsten Moment gegen eine Glasscheibe. Die Erwartung des Zuschauers wird nicht erfüllt, und das findet er saukomisch.
Humorentwicklung nach dem ersten Geburtstag
Sprich, bereits um den ersten Geburtstag herum lernen Kinder, die Grundsätze des Humors zu verstehen. „Zudem testen sie in dem Alter erstmals bewusst die Reaktion der Eltern auf gewisse Situationen“, sagt Bach. Beispielsweise, wenn sie sich auf das Sofa plumpsen lassen. Lachen Mama und Papa, wird das Kind diesen Gag immer wieder bringen. Gibt es keine Bestätigung, wird der kleine Spaßkünstler sich etwas anderes einfallen lassen. „Dann fangen Kinder an, selbst Humor aktiv herzustellen“, erklärt Bach. „Ich sitze auf dem Staubsauger und mache brum, brum.“ Ab dem Ende des zweiten Lebensjahres und mit der Entwicklung der Sprache wird als lustig empfunden, wenn Objekte anders bezeichnet werden. Der Hund wird dann Katze genannt und die Oma ist plötzlich der Opa.
Was ist orange und geht einen Berg hinauf?
Pupsen, Pipi und Gacksi: Im Kindergartenalter stehen Tabus wie nackte Popos im Vordergrund des Albernseins. Tolpatschigkeit ist ebenfalls sehr komisch. „Der große Erwachsene ist hingefallen, obwohl ich die kleinere, unwissendere Person bin“: das amüsiert! Jetzt beginnt auch das Spiel mit der Sprache.
„Je weiter sich Kinder sprachlich entwickeln, desto komplexer werden die Wortspiele“, sagt Bach. Sie versuchen sich auch schon an den ersten Witzen. Wobei das für Erwachsene eher Nonsens ist. „Klettert ein Käfer in eine Dose und kommt nicht mehr hinaus. Warum? Weil seine Hose zu groß ist.“
Reime sind dann vor allem bei fünf- und sechsjährigen Kindern sehr beliebt. „Was ist orange und geht einen Berg hinauf? Eine Wanderine.“
Im Volksschulalter beginnt dann ein regelrechter Humorschub, gegeben durch die Sprachentwicklung und das viele Beisammensein mehrerer Kinder. Das Witzeerzählen steht dann im Mittelpunkt, aber auch Streiche zu spielen und das „kleine Unglück“ der anderen. Gelacht wird auch über alles, was aus der Norm fällt: die große Brille des Clowns, die dicke Nase von Tante Berta.
Ironie verstehen Kinder übrigens erst ab frühestens zehn Jahren. Ob man nun über Onkel Hektors riesige Schuhe lacht oder kichert, wenn ein Klassenkollege beim Schaukeln vom Sessel kippt: „Im Humor und Witz werden immer Grenzen ausgetestet. Wie weit darf ich gehen? Was ist erlaubt? Das ist essenziell in der Entwicklung des Kindes“, so Bach.
Kinder lachen übrigens auch manchmal nur um des Lachens willen. Einfach, weil es schön ist, zu lachen. Vielleicht sollten wir Erwachsene das auch einmal probieren.
Zu Gast bei Familie Sokopp

» Ich finde es lustig, wenn Papa sich selbst ganz lange im Spiegel betrachtet. « Emelie, zehn Jahre
Vier Mädels und ein Papa. familiii besucht die Sokopps, um herauszufinden, was die ganze Familie lustig findet: Als Mama Alva diese Neuigkeit ihren Töchtern verkündet, sagt die zehnjährige Emelie sofort: „Und was machen wir mit dem Papa? Der hat ja keinen Humor!“ Klar hat er den! Nur ist der eben sehr sarkastisch. Die Zehnjährige versteht Papas „oarge“ Witze sogar schon manchmal. Die fünfjährige Josefine hingegen: „Ich versteh sie nicht, lach aber trotzdem mit.“ Und schon lacht sie auch da wieder.
Dem Wahnsinn nahe. Generell wird in der Familie Sokopp viel gelacht. Ob nun Papa Grimassen macht oder sich lange im Spiegel betrachtet. Oder wenn Mama wieder Geheimagentin spielt. „Humor lässt sich schlecht planen, der kommt einfach spontan“, so Mama Alva. Vor allem peinliche Situationen seien der Renner! Lustig jedenfalls ist auch Autofahren mit dem Papa. „Ich liebe die Fahrt im Sommer nach Caorle. Danach kann ich die ärgsten Schimpfwörter“, lacht Emelie.
Zu Gast bei Familie Kasparu

» Meine Zwillinge Matthias und Sebastian machen sich aus allem einen Jux. « Mama Katharina
Eimer am Kopf. Der dreijährige Sebastian schnappt sich die soeben gekaufte Klobürste und schrubbt damit den Einkaufswagen. Sein Zwillingsbruder Matthias beginnt zu lachen. Da muss auch Mama Katharina mitlachen. „Meine Söhne machen sich aus allem einen Spaß.“ Der Eimer wird zum Hut, das Zelt zur Kitzelhöhle und täglich ist es ein Spaß, sich verschieden bunte Socken anzuziehen. „Sie lachen beim Spielen so viel, wenn man das beobachtet, wird man selbst wieder zum Kind, wie wunderbar“, so Mama Katharina.
Jetzt ja nicht lachen. Und wenn die Jungs einmal grantig sind? Mama Katharina nimmt es mit Humor. „Dann sage ich zu ihnen: ‚Ihr habt recht. Ihr dürft heute nicht mehr lachen. Jetzt ist wirklich Schluss mit dem Spaß!‘ Und dann fangen sie auch schon wieder an zu glucksen und zu kudern.“
Zu Gast bei Familie Schreger-Bläuel

» Die Katze hat schon wieder Gacki gemacht. Hihi. « Maximilian, vier Jahre
Wuschelig schön. „Abschi haben wollen“, sagt die zweijährige Miriam. „Mimi, das heißt Apfel!“, korrigiert sie ihr vierjähriger Bruder Maximilian. Mama Silvia muss lachen. „Ich finde es wahnsinnig lustig, wie die zwei miteinander reden.“ Dann hat die Katze Stinkistinki gemacht, der Fuchs wird zum Futz oder der Tag war einfach nur wuschelig. Die Sprache der Kinder bringt Mama und Papa regelmäßig zum Lachen. „Oder wenn die Mimi ganz schnell läuft und sie dennoch nicht vom Fleck kommt, das sieht sehr komisch aus“, lacht Mama Silvia.
Blödsinn machen. Vor allem in der Bewegung wird bei den Schreger-Bläuels viel gelacht. Mama und Papa sind beide Tänzer von Beruf. Damit zählt es zur Tagesordnung, dass gemeinsam getobt, getanzt und gehüpft wird. „Das befreit uns alle und wir können Blödsinn machen wie die Kinder“, so Papa Bernhard.
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