Beruf Clownin

Egal, wie schwer das Leben ist, man muss auch an die
Leichtigkeit glauben und sie bewusst immer wieder ins
Leben holen.

Verena Vondrak-Zorell Clownin
Erziehung

Kinder halten Ausschau, wo es etwas zu lachen gibt

Verena Vondrak-Zorell ist Clownin von Beruf. Im Interview spricht sie darüber, warum Erwachsene so wenig lachen und warum wir alle ab und an ein wenig Clown sein sollten.

In den Achtzigerjahren war es ihr in Wien schlicht zu langweilig. Paris hingegen lockte mit dem puren Leben. Nur mit einer Annonce in der Hand ging Verena Vondrak-Zorell mit 21 Jahren ins Ausland und lernte an der internationalen Theaterschule Jacques Lecoq das Handwerk der Clownerie. Heute arbeitet die 56-Jährige bei den CliniClowns und setzt sich die rote Nase auf, wenn sie als Dr. Tupfen-Topfen schwerkranken Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Was passiert in dem Moment, wo Sie Ihre rote Nase aufsetzen?
Dann wird ein Teil in mir erweckt, der sonst im Verborgenen bleibt. Die Clownin in mir bringt eine eigene Stärke hervor. Hemmungen fallen. Eine Leichtigkeit macht sich breit. Das innere Kind kommt zum Vorschein. Die Clownin zeigt mir ganz andere Seiten vom Leben. Das steckt auch das Publikum an.

Was bringt Kinder zum Lachen?
Kinder lachen dann am meisten, wenn man direkt ist, geradewegs auf sie zugeht und Unfug macht oder mit der eigenen Naivität spielt. Und wenn man ihnen das Gefühl gibt, dass sie die Oberhand haben, dass sie die G’scheiten sind. Wenn man ihnen vermittelt, dass sie wissen, wie die Dinge laufen, dann hat man Zugang zu ihnen. Bei Erwachsenen ist es die Situationskomik und natürlich der verbale Schmäh. Wenn ich das Frausein auf die Schippe nehme, kommt das ebenfalls gut an.

Worin unterscheidet es sich, Kinder bzw. Erwachsene zum Lachen zu bringen?
Das Lachen sitzt den Kindern viel näher. Die Eroberung vom erwachsenen Publikum dauert hingegen länger. Kinder halten richtig Ausschau danach, wo es etwas zu lachen gibt. Erwachsene schalten zunächst ihren Kopf ein. Da tauchen dann Fragen auf wie: Was macht die da? Was will die eigentlich? Erst wenn sie das überwunden haben, fangen sie an, sich fallen zu lassen, und dann geht es leichter, Erwachsene zu begeistern.

Warum lachen Erwachsene viel weniger als Kinder?
Ich weiß es nicht. Lachen hat oft keinen Platz in unserer Welt. Man sitzt in der U-Bahn und keiner lächelt. Das gibt mir schon zu denken. Vielleicht haben wir Angst, dass mit dem Lachen etwas losgelöst wird, das viel tiefer sitzt. Ich weiß es wirklich nicht. Denn ich frage mich trotz allem: Was kostet denn schon ein Lachen?

Was war Ihr schönstes Erlebnis als Clownin?
In meinem Beruf besuche ich Kinder, die Krebs haben, Kinder, die im Sterben liegen oder schwerkrank sind und das teilweise über Jahre hinweg. Die schönsten Erlebnisse sind immer noch die, wenn ich dann höre, dass es ein Kind geschafft hat und wieder gesund daheim ist.

Gab es auch grenzwertige Situationen?
Einmal lag ein Kind im Sterben und der Vater winkte meinen Clownkollegen und mich weg. Das Kind hat uns aber sehnsüchtig angesehen, da dachte ich, da können wir jetzt nicht einfach vorbeigehen, und wir gingen hin. Wir sangen ein Lied. Das Kind freute sich und der Vater musste vor Rührung weinen. Das war für mich ein Schlüsselerlebnis, wo mir klar wurde, dass schwerkranke Kinder einfach nur als Kinder gesehen werden wollen. Sie wollen so sein wie alle anderen Kinder auch. Und in diesen Minuten als Clownin haben wir Spaß und vergessen die Krankheit. Und nicht nur die Kinder freuen sich, sondern auch die Eltern. Die freuen sich darüber, ihr Kind wieder einmal anders zu sehen, lachend und mit einer gewissen Leichtigkeit. Das ist auch meine Motivation, den Job auszuüben. Die Schwere der Kinder und der Eltern für einen kurzen Moment zu nehmen.

Haben Sie ein Lebensmotto?
Egal, wie schwer das Leben ist, man muss auch an die Leichtigkeit glauben und sie bewusst immer wieder ins Leben holen. Genau dafür habe ich auch meine Clownin. Was sagt sie mir heute? Warum machen wir uns das Leben so schwer? Wir können uns doch jeden Tag neu entscheiden. Entweder wir reden uns ständig ein, wie furchtbar alles ist, und steigern uns auch noch schön hinein. Aber ist denn wirklich alles so schlimm? Können wir nicht oft einfach darüber lachen oder die Dinge mit anderen Augen sehen? Natürlich gibt es wirklich schlimme Sachen, wo einem das Lachen vergeht, aber insgesamt könnten wir es uns viel leichter machen.

Was symbolisiert der Clown?
Der Clown ist ein Ja-Sager. Er fällt hin und steht sofort wieder auf. Er steht für Leichtigkeit. Da gibt es vielleicht eine Katastrophe, aber dann erinnert der Clown daran, dass es dennoch weitergeht. Davon könnten wir uns alle ein Stück abschneiden.

Was kann jeder von uns tun, damit wir im Alltag
mehr lachen?
Wir brauchen gar nicht viel zu tun. Wir müssen nur auch die anderen Seiten zulassen und uns nicht nur auf das Negative konzentrieren. Sich nicht Einbahnstraßen machen und auch ein wenig Geduld haben. Es geht nicht alles von heute auf morgen. Aber mit Humor kommen wir leichter an unsere Ziele. Alle Sichtweisen liegen vor uns, wir müssen uns nur entscheiden, welche wir wählen wollen.

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