Gesundheit

„Ihr Kind leidet an Schwellungen und Schmerzen? Es könnte Rheuma sein!“

Jennifer Frühwirth, Fachärztin für Kinderrheumatologie am SMZ Ost – Donauspital in Wien, über die Auswirkungen von kindlichem Rheuma.

Was ist kindliches Rheuma?
Rheuma bei Kindern oder Juvenile idiopathische Polyarthritis (JIA) ist eine Entzündung der Gelenke und wird Arthritis genannt. Eine JIA entsteht vor dem 16. Lebensjahr und dauert mindestens 6 Wochen an. Es gibt unterschiedliche Formen, das Hauptunterscheidungsmerkmal ist die Anzahl der erkrankten Gelenke und ob auch andere Organsysteme betroffen sind. Die Krankheit verläuft chronisch und schubhaft – es kann also ein Kommen und Gehen der Symptome beobachtet werden.

Wie wird die Diagnose gestellt?
Durch Untersuchung der Gelenke können Bewegungseinschränkungen und Entzündungen erfasst werden. Es werden auch Blutuntersuchungen und Ultraschall der Gelenke durchgeführt. Für die Diagnose „kindliches Rheuma“ ist ebenso die Dauer der Symptome relevant, denn manche Entzündungen zeigen sich nur zeitweise und verschwinden auch ohne Therapie wieder.

Welche Symptome treten auf und sollen Eltern aufmerksam machen?
Meist tritt eine deutliche Schwellung des betroffenen Gelenks auf, häufig ist eine Überwärmung zu spüren und selten auch eine Rötung. Das betroffene Kind klagt über Schmerzen und nimmt eine Schonhaltung ein. Gerade bei kleinen Kindern sollten die Eltern auf verändertes Verhalten achten. So möchte das Kind oft wieder getragen werden. Oder es zeigt sich Morgensteifigkeit. Nach dem Aufstehen in der Früh dauert es 10 Minuten bis der Bewegungsablauf wieder rund läuft, bis dahin erinnert das Gangbild an das eines Roboters.

 

„Kindliches Rheuma ist heute gut behandelbar.“
Dr. Jennifer Frühwirth
SMZ Ost – Donauspital, Wien

Wie läuft die Therapie ab?
Rheuma ist eine Autoimmunerkrankung. Das bedeutet, dass das Immunsystem körpereigene Strukturen angreift. In der Regel wird als erster Schritt eine entzündungshemmende Behandlung eingeleitet. Sind wenige Gelenke betroffen, empfiehlt sich die Verabreichung von Cortison direkt in die entzündeten Gelenke. Bei ausgeprägtem Krankheitsbild muss mit einer Basismedikation begonnen werden. Ergänzend zu den medikamentösen Maßnahmen emp-fiehlt sich Physio- und Ergotherapie, außerdem sollten die überwärmten Gelenke mehrmals täglich gekühlt werden.

Was beeinträchtig die Kinder am meisten?
Akut entzündete Gelenke sollten nicht belastet werden – also keine Teilnahme am Turnunterricht und gelenksschonende Freizeitaktivitäten. Sobald die akute Entzündung vorbei ist, darf jedoch wieder alles gemacht werden. Mit der Krankheit gehen auch regelmäßige Arztkontrollen und Blutabnahmen einher. Das ist für die Kinder natürlich eine Belastung. Und der terminliche Aufwand durch alle nötigen Arztbesuche und Erledigungen für die ganze Familie darf nicht unterschätzt werden. Leider gibt es in Österreich viel zu wenige Psychotherapieplätze für Kinder.

Wie können Eltern unterstützen?
Eltern begleiten in den ersten Jahren ihre Kinder regelmäßig zu den vielen Kontrollen und sind für die Verabreichung der Medikamente, oft auch Spritzen, zuständig. Mit zunehmendem Alter des Kindes gilt es jedoch auch die Selbstverantwortung zu stärken. Ich sehe Patienten ab 16/17 Jahren auch gerne ohne Begleitung der Eltern in der Ambulanz.

Wie können betroffene Kinder den anderen am besten vermitteln, dass sie krank sind?
Das „Gute“ am Rheuma ist, dass es sichtbar ist. Ein dickes Knie kann man herzeigen. Auch mit dem Begriff „Schmerzen“ können Kinder relativ früh etwas anfangen. In der Regel erfassen jedoch auch Jugendliche schwer, was es bedeutet chronisch krank zu sein, regelmäßig Medikamente zu nehmen und ärztliche Kontrollen zu benötigen.

Wie stehen die Heilungschancen?
Mit den neuen Medikamenten, die uns seit circa 20 Jahren zur Verfügung stehen, können wir die Krankheit mittlerweile sehr gut unter Kontrolle bringen. Schwere Gelenksfehlbildungen, wie man sie früher gesehen hat, treten bei adäquater Therapie nicht mehr auf. Aber wir haben keine „heilenden“ Medikamente, sondern können die Krankheit nur in Schach halten. Setzen wir die Therapie ab, kommen die Beschwerden oft wieder.

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