Baby

Jedes Kind ist einzigartig!

Im Umgang mit anderen Eltern und Kindern stellen wir fast automatisch Vergleiche an. Dabei sollte man jedoch vorsichtig sein, denn jedes Kind entwickelt sich in seinem eigenen Tempo.

„Mein Kind kann schon…“ ist ein Satz, den wir alle schon einmal gehört haben. Denn Eltern erzählen gerne von kleineren und größeren Entwicklungsschritten ihres Nachwuchses. Fragen wie: „Wie weit ist dein Kind denn schon?“ oder „Kann dein Baby das noch nicht?“ können allerdings zu einem richtigen Konkurrenzkampf und Wetteifern zwischen Eltern ausarten. Meist beginnt das Vergleichen und der Wettbewerb bereits in der Schwangerschaft – wenn etwa Ultraschallbilder verglichen werden – und geht nach der Geburt weiter. „Mein Kind kann mit fünf Jahren schon bis 100 zählen! Mein Kind kann mit drei Jahren schon perfekt Ski fahren. Hierbei sollte man in die Selbstanalyse gehen, das heißt, was löst so ein Satz in mir für ein Gefühl aus? Fühle ich mich dadurch schlecht, weil ich mir denke, dass mein Kind ein Versager ist? Oder weil ich mir innerlich vorhalte, dass ich mein Kind viel zu wenig fördere? Plane ich schon in der Sekunde im Kopf den nächsten Kinderskikurs, damit mein Kind spätestens mit vier Jahren auch die Piste runterwedelt?“, erklärt Kinder- und Jugendcoach Nicole Stolz. Und weiter: „Punktuelle Vergleiche sind oft positiv gemeint. Denn Eltern sind stolz auf ihr Kind, wollen das auch anderen mitteilen und loben sich damit indirekt selbst. Denn das Kind ist ihr genetisches Konstrukt.“

 

Jedes Kind hat sein eigenes Tempo

 

Übermäßiges Vergleichen führt oft zu Verunsicherung und Frustration. Es sind aber nicht nur Bemerkungen anderer Mütter, die uns dazu verleiten unsere Kinder zu vergleichen, auch im Fernsehen, in der Werbung und in Zeitschriften bekommt man scheinbar „perfekte“ Babys präsentiert. Überall scheinen Babys zu sein, die besser schlafen und essen oder Dinge lernen, die das eigene Kind noch nicht kann. Man kommt gar nicht drum herum, sein eigenes Baby mit anderen zu vergleichen. Vor allem junge Mütter, die ihr erstes Kind bekommen haben, lassen sich mangels Erfahrung dadurch leicht beeinflussen. Vielleicht beginnen sie sogar daran zu zweifeln, ob sie alles richtig machen und ob sich ihr Kind bestmöglich entwickelt. Wenn sie dann andere Kinder beobachten, die in ihrer Entwicklung schon weiter sind, verunsichert sie das. Man sollte sich jedoch immer vor Augen halten, dass jedes Kind bei der Entwicklung sein eigenes Tempo hat und einzigartig ist. Manche Babys lernen früher zu krabbeln oder zu gehen, dafür können andere eher sprechen. Ein Kind ist schon mit 18 Monaten sauber, das andere trägt vielleicht mit vier Jahren noch eine Windel. Und manche Babys lassen sich mit allem eben etwas mehr Zeit. Diese Zeit sollte man einem Baby auch lassen und nicht neidvoll auf andere blicken. Denn jedes Baby ist gut, so wie es ist. „Optimal ist, wenn ich mich freue, dass andere Kinder andere Talente haben. Und so auch im Raum stehen lasse, ohne sogleich in einen Wettstreit zu gehen, wer das fähigere Kind hat. Denn jede Mutter könnte viele Fähigkeiten ihres Kindes nennen. Vielleicht sind diese Fähigkeiten nicht so klingend und spektakulär, aber es würde auch vieles zu erzählen geben“, so Stolz. Grundsätzlich gilt, dass eine bewusst positive Sichtweise auf das Thema „Vergleichen“ mehr Leichtigkeit und Gelassenheit bringt.

 

Ehrgeiz der Eltern

 

„Spannend ist, wie Kinder damit umgehen, wenn gleichaltrige Kinder in einer Sache besser sind. Oft ist es für ein Kind kein Problem. Es bewundert sogar das andere Kind. Oder bemerkt selbst gar nicht, dass es in bestimmten Fähigkeiten geschickter ist. Für Kinder kann es ein Ansporn sein, sich mehr anzustrengen und mehr zu bemühen um auch dieses Ziel zu erreichen. Zudem geht es auch darum, mit dem Kind zu besprechen, worin es selbst besonders gut ist“, so Stolz. Bedingt durch die Vergleiche mit anderen Kindern packt so manche Eltern jedoch der Ehrgeiz, aus ihrem Kind  etwas Besonderes zu machen. Anstatt es liebevoll zu fördern schleppen sie es von Kurs zu Kurs: Sprachförderung, Musikunterricht und Schwimmkurs. Immer mit dem Hintergedanken, dass ihr Kind das Beste werden muss um in unserer Leistungsgesellschaft, die auf Wettbewerb und Konkurrenzdenken ausgelegt ist, bestehen zu können. Meist wird dadurch jedoch das genaue Gegenteil erreicht, denn das Kind macht so nie die Erfahrung, dass es selbst gut genug ist und sich frei entwickeln kann. Vielleicht hat es sogar das Gefühl fehlerhaft zu sein. Aber nicht nur die Kinder leiden unter diesem Wettbewerb, sondern auch die Eltern. Anstatt die Zeit mit ihrem Nachwuchs zu genießen und sich an den Fortschritten, die ihr Baby macht zu erfreuen, konzentrieren sie sich auf die vermeintlichen Schwächen des Kindes. Sie formen ihr Kind nach ihren hohen Ansprüchen und lernen dabei seinen individuellen Charakter gar nicht kennen.

 

Klare Grenzen ziehen

 

Eine Möglichkeit, dem Wettbewerb unter Eltern zu entgehen ist es, entspannt wegzuhören, wenn eine befreundete Mutter voller Begeisterung erzählt, welche Fähigkeiten ihr Baby bereits hat. Doch das gelingt nicht immer. Auch Freundinnen, Eltern und sogar Wildfremde haben eine Meinung, die sie oft ungefragt kundtun. Wird man in der Spielgruppe, auf dem Spielplatz oder im Freundeskreis immer wieder ungewollt mit lautstarken Vergleichen konfrontiert, sollte man klare Grenzen ziehen. „Wenn ich etwas nicht möchte, dann muss ich dies definitiv aussprechen. Ich kann nicht erwarten, dass andere ein Verhalten abstellen, wenn ich still bleibe. Klar muss allerdings sein, dass dies bei der Gesprächspartnerin etwas auslöst. Sie interpretiert in dieses Verhalten beispielsweise Desinteresse oder Neid hinein“, erklärt Nicole Stolz. Schwieriger wird es, wenn es den engen Familienkreis betrifft. Wenn etwa die eigenen Eltern Vergleiche anstellen. Auch ein vielleicht gut gemeintes „Du konntest in diesem Alter schon laufen“ zerrt an den Nerven. „Dies kann offen mit den eigenen Eltern besprochen werden und eventuell können Regeln aufgestellt werden. Beispielsweise könnte eine Grundregel im Familienverbund sein: „Bitte gebt uns nur Ratschläge, wenn wir euch danach fragen“. Je früher dies ausgesprochen wird, um so einfacher wird die Beziehung zwischen Eltern, Schwiegereltern und Bekannten. Möchte man das nicht, so eignet sich öfters ein einfaches „Ja – und?“ als Antwort“, so Kinder- und Jugendcoach Stolz.

„Optimal ist, wenn ich mich freue, dass andere Kinder andere Talente haben. Und so auch im Raum stehen lasse, ohne sogleich in einen Wettstreit zu gehen, wer das fähigere Kind hat.“

Nicole Stolz

Kinder- und Jugendcoach

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