Future Family

„Lego ist nicht das Problem“

Ihr Blog „Familie minus Plastik“ bescherte Nicole und Maik Meuser Erfahrungen und Wissen, die sie nun in Buchform gebracht haben. Der RTL-Moderator und die Unternehmensberaterin erläutern, wie sich das Abenteuer Klimaschutz kinderleicht zu Hause angehen lässt.

Alles begann mit einem Neujahrsvorsatz am Silvesterabend 2018 als Sie beide beschlossen, Plastik weit- gehend aus dem Leben Ihrer Familie zu verbannen. Was haben Sie sich für 2022 vorgenommen?

Nicole Kallwies-Meuser (NKM): Weitermachen, was wir gestartet haben! Wir haben uns damals ja bewusst pragmatisch gegen ein „plastikfreies“ und für ein plastikreduziertes Leben entschieden. Wir wollten aktiv werden, aber so, dass das im Alltag zweier arbeitender Eltern mit drei kleinen Kindern möglich ist. Uns war klar, dass sich nicht plötzlich alles im Leben allein ums Vermeiden von Plastik drehen kann. Mit der Zeit haben wir Schritt um Schritt getan, Neues ausprobiert. Wenn man anfängt, bewusster zu leben, ergeben sich mit dem neu gewonnenen Wissen ja immer mehr Möglichkeiten. Wir wollen zeigen, dass es oft weder Verzicht, noch großartige Anstrengungen braucht. Und deshalb wollen wir dieses Jahr mehr Leute motivieren mitzumachen.

Maik Meuser (MM): Mut machen, darum geht’s uns.

In Ihrem Buch ist wiederholt vom Schritt für Schritt die Rede. Gibt es einen großen Schritt hin zu mehr Klimaschutz, den Sie selbst noch vor sich haben?

NKM: Sicherlich. Alles, was das Haus an sich betrifft, ist verbesserungswürdig. Wir sind gerade dabei, eine Wärmepumpe zu installieren, um unsere Energiebilanz beim Wohnen deutlich zu verbessern. Leider warten wir da schon lange, dass der Energieberater Zeit hat. Das machen anscheinend andere auch gerade. Aber das ist ja sehr gut so!

Sie betonen, dass nichts und niemand perfekt sein müsse. Haben Sie beobachtet, dass viele davor zurückschrecken, den ersten Schritt zu wagen, aus Angst niemals perfekt sein zu können?

MM: Das ist der klassische Neujahrsvorsatz. Man sagt „Ab heute hör ich auf zu rauchen!“ Dann scheitert man in der ersten Woche, ist total frustriert und hört ganz damit auf. Wir wollen den Leuten Mut machen. Wenn es mal nicht klappt, was Frisches zu kaufen, dann ist ausnahmsweise auch der Einkauf im Discounter um die Ecke kein Problem. Wir haben 365 Tage. Wenn der Großteil des Jahres okay ist, dann fällt genau der ins Gewicht. Für den Klimaschutz zählt nicht die eine Person, die ihr Leben so ändert, dass der eigene Müll eines Jahres in ein Marmeladeglas passt. Das ist schon toll, aber wichtiger ist, wenn viele viel reduzieren, als einer alles. Deshalb: Einfach anfangen, sich nicht zu viel vornehmen.
NKM: Klimaschutz ist kein Sprint, sondern ein Marathon, ein lebenslanger Lauf. Also brauchen wir viele kleine Schritte, die sich in den Alltag integrieren und uns durchhalten lassen.

Momentan beschäftigt die Reduktion des Energieverbrauchs auch akut viele Menschen, weil durch den Krieg in der Ukraine die Kosten sprunghaft angestiegen sind. Was sind denn diesbezüglich erste kleine Schritte, die ins Gewicht fallen?

MM: Ein Tempolimit! Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation. Da kann man doch einfach und schnell ein Tempolimit umsetzen, auch auf deutschen Autobahnen 120 km/h und im Stadtgebiet Tempo 30.

NKM: Was auch hilft: zu einem Ökostromanbieter wechseln. Geht schnell, hat ordentlich Einfluss.

Wie lassen sich denn Kinder am besten für Umwelt- und Klimaschutz begeistern?

NKM: Wenn man an ihren Erfahrungen andockt. Als wir mit der Plastikreduktion begonnen haben, war bei unseren Kindern Tierschutz gerade ein großes Thema. Die schrecklichen Bilder von Meeresschildkröten mit Strohhalmen in der Nase oder der im Netz verhedderte Delphin – über diese Schiene waren sie sofort zu begeistern. Und natürlich durchs Mitmachen – wir haben gemeinsam Stoffbeutel bemalt.

Je kleiner Kinder sind, desto leichter ist es, sie mitzureißen. Naturgemäß verlieren Eltern aber jeden Tag ein bisschen an Einfluss über ihre heranwachsenden Kinder. Wie gehen Sie damit um, dass die Einflüsse der Konsumgesellschaft auf Ihre Kinder jeden Tag größer werden?

MM: Spielzeug ist natürlich immer wieder Thema. Wir wollen ja auch nicht stalinistisch zurück in die Steinzeit, sondern alle trotzdem auch Spaß haben. Das ist also ein ständiges Verhandeln. Zu Weihnachten gab’s wieder mal eine Situation, da wünschte sich unser Sohn einen Wecker, der mit einer Pistole ausgeschossen werden kann. Uns war natürlich klar, dass das Quatsch ist. Aber er gab keine Ruhe. Gut, hat er ihn halt bekommen. Und der Wecker war natürlich Quatsch. Das hat er dann auch selbst eingesehen und gesagt. Ich hab ihm gesagt: Siehst du, das nächste Mal ist das unser Signal. Wenn du wieder Quatsch möchtest, sag ich einfach nur „Denk an den Wecker!“.

Was fällt Ihren Kindern am schwersten?

NKM: Das schwierigste Thema ist schon der Konsum, diese ständigen Verführungen. Man möchte ja nicht alles verbieten und sie haben ja auch nicht nur Holzspielzeug. Bei ganz kleinen Kindern lässt sich das vielleicht durchziehen, aber irgendwann hört sich das auf. Als wir begonnen haben, protestierten sie irgendwann: „Boah, also wenn Lego nicht mehr geht, dann machen wir da jetzt nicht mehr mit!“ Da haben wir dann diskutiert und unterscheiden jetzt zwischen kurzlebig und langlebig. Lego ist ja nicht das Problem. Das ist zwar aus Kunststoff, aber nichts das schnell in der Tonne landet. Es hält jahrelang, man kann es gut saubermachen und weiterschenken, wenn man’s selbst nicht mehr braucht.

Und wo tun Sie sich selbst schwer?

NKM: Unsere Achillesferse ist Reisen. Wir haben beide in Frankreich und Spanien studiert und schätzen den Austausch mit anderen Kulturen. Darauf zu verzichten, fällt uns am allerschwersten. Unser Kompromiss war zuletzt Holland, zu fünft im Auto, das ist wenigstens in der Nähe. Geflogen sind wir schon länger nicht mehr.

MM: Aber nur das Kölner Umland allein ist uns
zu wenig. Der Zug wird eine Option, aber Zug
mit Gepäck für fünf kleine Kinder, das ist schon anstrengend.

Besteht die Gefahr, dass wir als Gesellschaft Arten- und Klimaschutz durch Kriege und Krisen aus dem Fokus verlieren?

MM: Ja, momentan ist es tatsächlich so. Das merken wir. Bei uns am Sender gibt es seit Wochen nur noch Kriegs- und Krisenberichterstattung.

NKM: Es ist ja auch verständlich, dass die Grausamkeit erst mal alles andere verdrängt. Aber die Klimakrise vergeht nicht. Nur weil man CO2 nicht sieht, wird das Problem nicht kleiner. Die Kipppunkte sind akut.

Ihr elfjähriger Sohn Yannis schreibt im Nachwort, dass er an seiner Schule eine Spendenaktion für den Schutz von Haien organisieren wollte. Die musste er sich vom Direktor genehmigen lassen. „Dann kam Corona“, schreibt Yannis, „und sie hatten Wichtigeres zu tun.“

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