Medien

„Lesen ist etwas herrlich Spannendes!“

Die oberösterreichische Autorin Sarah Michaela Orlovský spricht mit familiii über geniale Lesemomente, richtig gute Kinderbücher und darüber, wie man Kinder zum Lesen motiviert.

Sie schreiben über geflüchtete Maulwürfe, Jugendliche mit Essstörung und Bartweltmeisterschaften. Wie entstehen Ihre Bücher, woher kommen die Ideen?
Ob ich ein Bilderbuch, ein Vorlesebuch oder einen Roman schreibe, der Prozess ist immer gleich: Es gibt irgendetwas, das mich brennend interessiert, und dann klemme ich mich dahinter. Einmal habe ich zum Beispiel gelesen, dass es Bartmeisterschaften gibt und Menschen, die dafür durch die Welt touren. Da musste ich mehr drüber erfahren. Das war dann auch der Ausgangspunkt für meinen Roman ‚Ein Schnurrbart erobert die Welt‘.

Wie lange dauert es von dieser Anfangsidee, bis das Buch fertig ist?
Die meisten Romane entstehen in einem langen, langen Prozess, wobei das Schreiben selbst gar nicht den größten Teil ausmacht. Ich trage die Geschichte davor schon lang mit mir herum, sie muss reifen. Das ist super, aber auch anstrengend – das kann bis zum Kopfweh gehen.

Gibt es eine Figur in Ihren Geschichten, zu der Sie eine besondere Beziehung haben?
Ich fühle mich allen meinen Figuren nahe. Es ist wie in einer Schulklasse: Alle sind einem ans Herz gewachsen. Mit dem einen hat man vielleicht mehr Spaß, mit einem anderen führt man dafür tiefere Gespräche.

Sie haben immer schon mit Kindern gearbeitet und sind Mutter von drei Kindern. Was macht Ihrer Erfahrung nach ein richtig gutes Kinderbuch aus?
Die Geschichten sollen lustig und spannend sein, sagen Kinder oft. Aber das allein reicht noch nicht als Qualitätskriterium. Ich denke jedenfalls, dass ein gutes Buch Kindern auf Augenhöhe begegnen muss, ihren Intellekt achtet und sprachlich schön erzählt ist. Die genialsten Lesemomente für mich sind, wenn ich bei einem Buch lachen und weinen muss.

Müssen Sie als Kinderbuchautorin ‚einfacher‘ schreiben als Autoren für Erwachsenenbücher?
Ich würde nicht sagen, dass ich für Kinder etwas vereinfache. Für mich geht es beim Schreiben für Kinder um Verdichtung, nicht Vereinfachung!
Mein Buch ‚Eine halbe Banane und die Ordnung der Welt‘ zum Beispiel, in dem ein Mädchen in einem Monolog mit ihrer älteren Schwester spricht, die an Magersucht erkrankt ist, ist gerade durch die kurzen Sätze und die lyrische Verknappung sehr komplex.

Wie motivieren Sie Ihre eigenen Kinder, qualitativ hochwertige Bücher zu lesen?
Wir haben bei jedem Bibliotheksbesuch das Dilemma, dass sich meine Tochter vor allem auf die Bücher mit rosarotem Einband und Glitzer stürzt. Das ist okay, weil wir Erwachsenen ja auch gern mal die Gratiszeitung in der U-Bahn lesen. Lesen ist lesen, und trotzdem: Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen haben die Aufgabe, Kinder zu Büchern hinzuführen, die sie sich vielleicht selbst nicht zugetraut hätten.
Ich kaufe viel Kinder- und Jugendliteratur und stelle sie bei uns ins Regal. Daraus können meine Kinder dann auswählen. Und ich lese die Bücher selbst. Dass sie mich mit einem Buch sehen, ist der Knackpunkt! Wie sollen sie sonst verstehen, dass Lesen etwas herrlich Spannendes ist? Ich lese ihnen auch oft aus Büchern vor, die ich gut finde, die sie aber alleine nicht lesen würden.

Der Markt für Kinder- und Jugendbücher ist riesig. Gute Bücher zu finden kann schwierig sein.
Viele Eltern oder Großeltern holen dann die Klassiker hervor, die sie selbst bereits als Kinder gelesen haben. ‚Das kleine Ich bin ich‘ oder die Bücher von Christine Nöstlinger zum Beispiel. Diese Longseller sind super, nur dann kommen oft schon die Bücher mit den niedlichen Häschen. Dabei gibt es so viel gute aktuelle Literatur. Ich würde mir prinzipiell mehr Aufmerksamkeit für Kinder- und Jugendliteratur wünschen.

 

„Die genialsten Lesemomente für mich sind, wenn ich bei einem Buch lachen und weinen muss.“ Sarah Michaela Orlovský „Lesen ist etwas herrlich Spannendes!“ www.orlosa.wordpress.com

Kinder für’s Lesen begeistern: So geht’s!

1. Vorlesen. Viele Erwachsene hören auf vorzulesen, wenn die Kinder selbst lesen können. Dabei lieben es auch größere Kinder, wenn ihnen vorgelesen wird. Vorlesen kann für Genussmomente sorgen und die Lesefreude des Kindes fördern.

2. Lesevorbild sein. Das Leseverhalten der Eltern prägt die Lesefreude der Kinder. Wenn ein Kind seine Eltern lesen sieht, greift es eher zum Buch.

3. Über Bücher ins Gespräch kommen. Sich dafür zu interessieren, was das eigene Kind gerade liest und mit ihm darüber ins Gespräch kommen, macht das Lesen noch spannender. Warum nicht manchmal auch die Bücher des Kindes lesen? Ein gutes Kinder- oder Jugendbuch verschafft meist auch Erwachsenen Lesevergnügen.

4. Für guten Lesestoff sorgen. Damit Kinder lesen, brauchen sie Zugang zu Büchern. Also: gemeinsam in einer Buchhandlung schmökern, regelmäßig in die Bücherei gehen, die Bücherregale daheim immer wieder neu auffüllen!

5. Auf die Mischung kommt es an. Es spricht überhaupt nichts dagegen, Kinderbuchklassiker zu lesen. Der aktuelle Kinder- und Jugendliteraturmarkt bietet aber auch viele Schätze, die darauf warten, entdeckt zu werden.

6. Bücher finden. Wer auf der Suche nach richtig guten Büchern ist, wird zum Beispiel hier fündig: www.stube.at oder www.jugendliteratur.at

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