Familienleben

Meine Mutter macht mich krank!

Kaum eine Beziehung ist so kompliziert wie die zwischen Müttern und ihren erwachsenen Töchtern. Wie kann der Muttertag - schon wegen der Enkelkinder – trotz Schwierigkeiten gelingen?

 

Kennen Sie die Aussage „Meine Mutter macht mich wahnsinnig“, oder „Meine Mutter macht mich krank“? Es vergeht kein Tag, an dem ich diesen Seufzer nicht in meiner psychologischen Praxis höre. Natürlich gibt es auch Mutter/Toch- ter-Beziehungen, die harmonisch verlaufen. Auf der anderen Seite existieren gerade dort Kritik, Abwertung, Nicht- Akzeptanz, Kälte, Unverständ- nis oder schlicht und ergreifend Ablehnung. Die problematischen Geschichten über Mütter und Töchter füllen Bibliotheken. Und manchmal erzeugen Liebe, Schmerz und enttäuschte Erwartungen auch eine Verwirrung der Gefühle, die oft ein Leben lang anhält. Sie entsteht, wenn dem Kind von der Mutter auf irgendeine Weise vermit- telt wird: „Du bist nicht wichtig. Was du denkst, fühlst und tust hat für mich keine Bedeutung.“ Wenn das passiert hat die Tochter später große Probleme, Selbstliebe und ein stabiles Selbstvertrauen zu entwickeln.

Und so ist für viele Frauen, die meist selbst Mütter sind, die Beziehung zu ihrer eigenen Mutter noch immer eine Herausforderung. Doch wie sollen Familien – speziell mit kleineren Enkelkindern – unter diesen Umständen den Muttertag so feiern, dass kein Drama entsteht?

 

Ihre Mutter, Sie und Ihre Kinder bei einem Muttertags- Treffen? So gelingt es vielleicht doch!

Sabine Standenat

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Ich habe als Psychologin folgende Tipps für Sie:

 

>> Sie haben sich entschlossen Ihre Mutter, die Großmutter der Kinder, zur gemeinsamen Muttertags-Feier zu treffen. Das ist nun absolut nicht die passende Gelegenheit, die üblichen Kämpfe auszutragen. Machen Sie also schon am Morgen beru- higende Atemübungen und stimmen Sie sich auf Frieden ein.

>> Planen Sie ein Essen oder einen kleinen Ausflug. Das Treffen sollte auf neutralem Boden, zum Beispiel in einem Lokal oder im Freien stattfinden. Die jeweiligen Wohnungen eigenen sich weniger, da Konflikte in einer privaten Atmosphäre möglicherweise leichter ausbrechen.

>> Wenn die Situation besonders angespannt ist, könnte es sinnvoll sein, sich zu einer kürzeren Jause zu treffen.

>> Stellen Sie sich darauf ein, dass Ihre Mutter vielleicht auch an diesem Tag irgendeine Kritik übt. Lassen Sie sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen, sondern reagieren Sie des Famili- enfriedens wegen mit einer Bemerkung wie: „Das kann man sicher auch so sehen“, oder „Gut, aber lass uns ein anderes Mal darüber reden“ und wechseln Sie das Thema.

>> Falls die Umstände es erlauben, führen Sie mit Ihrer Mutter vorab ein Gespräch. Appellieren Sie an sie, dass es darum geht, den Kindern eine schöne Zeit mit Mutter und Großmutter zu berei- ten. Wenn Sie darauf so reagiert, dass schließlich nicht sie den Unfrieden bringt, lächeln Sie und sagen „Das ist schön“. Vermeiden Sie es um jeden Preis, bei diesem Vorabgespräch auf eventuelle Provokationen einzugehen.

 

 

>> Bereiten Sie mit den Kindern liebe Geschenke für die Oma vor. Das kann eine selbstgebastelte Karte, ein gemaltes Bild oder der Ausdruck eines Fotos sein.

>> Selbst wenn die Beziehung noch so belastet ist – schenken auch Sie Ihrer Mutter etwas. Wenn Ihnen nicht danach ist, etwas Persönliches zu übergeben, kaufen Sie Blumen oder Schokolade.

>> Vielleicht ist gerade der Muttertag ein Anlass dafür, traurig zu sein, dass es mit Ihrer Bezie- hung schon seit der Kindheit nicht klappt. Dann ist es von großer Bedeutung, dass Sie sich klar- machen, wie viel Liebe Ihre Mutter überhaupt geben kann. Wenn Sie immer wieder das Unmög- liche erwarten, wird Ihre Enttäuschung niemals enden. Aber Sie sind auf Ihrem Heilungsweg ein großes Stück weitergekommen, wenn Sie erkennen, was zwischen Ihnen und Ihrer Mutter möglich ist und was eben nicht. Dann werden Sie zwar wahrscheinlich noch immer Liebe und Wärme vermis- sen, aber nicht mehr mit der gleichen Verzweiflung. Und Sie können dann auch klarer sehen, was diese Beziehung vielleicht trotz allem an Gutem enthält.

Richten Sie Ihre innere Einstellung darauf aus, die gemeinsame Zeit am Muttertag – vor allem im Sinne der Kinder – zu einem Erfolg zu machen. Das erreichen Sie am besten, indem Sie sich nicht unter Druck setzen, sondern dem Treffen mit einer gewissen Leichtigkeit entgegensehen.

Schon als ich ein Kind war, hat meine Mutter sich in alles ein- gemischt. Sie hat entschieden, was ich anziehe, welche Frisur ich tragen muss und auch wel- che Freunde gut für mich sind. Als Teenager wurde es ganz schlimm. Sie kritisierte nicht nur was ich tat, sondern hat auch harmlose Dinge wie einen Kinobesuch mit der Freundin verboten. Auch heute kritisiert sie alles, was ich mache – sogar wie wir unsere Ehe führen, wird von ihr negativ kom- mentiert. So beschränke ich den Kontakt auf ein Mi- nimum. Das Problem ist nur, dass meine Kinder sie lieben. Die behandelt sie auch ganz anders. Darum möchte ich auf ausdrücklichen Wunsch der Kinder den Muttertag auch gemeinsam mit ihrer Oma feiern. Ich habe sie gebeten, sich wenigstens bei der Gele- genheit mit der Kritik an mir zurückzuhalten und sie hat es hoch und heilig versprochen. Nun, wir werden ja sehen.

Caroline, 34 (Sohn 4, Tochter 3, verheiratet)

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