Gesundheit

So viel Bewegung braucht Ihr Kind

Sie ist der Schlüssel zur Gesundheit. Experten sagen, wieviel Bewegung Ihr Kind benötigt, was das auch für den Lernerfolg bedeutet und ab welchem Alter welche Sportart in welcher Intensität geeignet ist.

So viel Bewegung brauchen Kinder

Fast jeder dritte Drittklässler und jede vierte Drittklässlerin in österreichischen Volksschulen ist übergewichtig. Das ergab eine erstmalige Statuserhebung nach Kriterien der Welt-Gesundheitsorganisation WHO im Herbst 2017 in Volksschulen. 2.510 Mädchen und Buben im Alter von sieben bis knapp zehn Jahren aus 97 Volksschulen wurden untersucht.

Bewegungsmangel und Übergewicht

Österreich liegt damit aber gar nicht besonders schlecht, sondern im weltweiten Vergleich des durchschnittlichen Body-Mass-Index (BMI) etwa im mitteleuropäischen Trend. Der BMI stieg in den vergangenen 40 Jahren bei Kindern zwischen 5 und 19 Jahren stetig, so Hanno Ulmer, Biostatistiker an der Medizin Uni Innsbruck und Mitautor einer weltweiten Studie. Der Anteil stark übergewichtiger bzw. adipöser Buben ist von 2,8 Prozent 1975 bis zum Jahr 2016 auf 11,3 Prozent gestiegen, bei den Mädchen ist er von 1,6 auf 6,1 Prozent gewachsen. Österreich liegt im Vergleich bei den Buben im Mittelfeld, bei den Mädchen im vorderen Drittel.

Der Schlüssel zu mehr Bewegung sei in den Schulen versteckt: „Allein das Fehlen eines Turnsaales erhöht das die Wahrscheinlichkeit für Adipositas um 80 Prozent“, so Daniel Weghuber, Kinderarzt am Universitätsklinikum Salzburg und Vorstandsmitglied der Österreichischen Adipositas-Gesellschaft. Und jeder fünfte 6- bis 14-jährige wird dem Verkehrsclub Österreich (VCÖ) zufolge in die Schule gefahren, obwohl fast jedes zweite Kind einen Schulweg von weniger als zweieinhalb Kilometer hat, die Hälfte davon sogar weniger als einen Kilometer, also kaum 15 Minuten Gehzeit.

„Man muss mehr machen, mit Spaß und Freude, schon im Kindergarten damit beginnen“, apüelliert Werner Quasnicka, Geschäftsführer von Fitsport Austria, einer der Bundessportorganisation BSO nahestehenden Organsiation, mit dem Ziel der Bewegungsförderung. „Schule und Sport, da nimmt keiner dem anderen was weg“, meint er, „aber, wenn ich das mal so salopp sagen darf, die kleinen Dicken fallen bei der traditionellen Sportarten unter den Tisch, es muss ja nicht Leistungssport sein, jeder findet was.“ Das Problem sei, dass es kaum Vollzeit-Bewegungcoaches in den Schulen gibt, diese müssten für mehr Sport die Stunden insgesamt ausweiten. Diese Bewegungscoaches sollten die Lehrer unterrichten, denn in den Ausbildungsstätten ist zu wenig Sport am Lehrplan. Integrative Stunden mit Biologie im Freien oder Mathematik spielerisch im Park wären eine Option. Quasnicka: „In den Volksschulen müssen Kinder mehr Sportarten kennen lernen, aber man soll schon im Kindergarten anfangen, eine breite Palette anbieten, Bedürfnisse erwecken.“

Dauerthema tägliche Turnstunde

Sie spukt schon seit vielen Jahren durch die heimische Schul- und Gesundheitspolitik: Die „Tägliche Turnstunde“. 2012 startete die BSO eine Initiative, sammelte über 150.000 Unterschriften. Im Jahr 2015 wurde dann die täglichen Bewegungseinheit wenigstens in Ganztagesschulen gesetzlich verankert. Allein, bei der Umsetzung bewegte sich wenig: Im Schuljahr 2017/18 führte zwar nach dem Burgenland auch Oberösterreich eine tägliche Bewegungseinheit ein, über die Teilnahme entschieden allerdings die einzelnen Schulen.

Das Modell sieht auch keine tägliche Turnstunde an den Pflichtschulen und AHS-Unterstufen vor, vielmehr sollen in anderen Unterrichtsfächern bzw. der Pause Bewegungseinheiten eingebaut werden. Laut dem vormaligen Sportminister hätter eine Ausweitung auf alle Bundesländer folgen sollen, doch dann wurde gewählt. Das Programm der neuen Bundesregierung sieht – eher unverbindlich – den Ausbau von ganztägigen Schulen wie auch die „Weiterentwicklung der tägliche Turnstunde“ vor. Quasnicka: „Beim Thema ,Tägliche Turnstunde‘ weiß ich aus einem Gespräch mit BSO-Präsident Rudolf Hundstorfer, dass es da positive Signale aus dem Sportministerium gibt.“ Alle drei großen Parteien wollten diese, es hängt an der an der Finanzierung.

Mehr Sport macht schlauer

Das sollte eigentlich kein Thema sein, denn Sport

  • macht nachweislich schlau und
  • verbessert die schulischen Leistungen.

Frieder Beck, Sportwissenschaftler, Hirnforscher sowie Lehrer für Mathematik & Sport, hat unter neurologischen Aspekten untersucht: „Die ersten Zusammenhänge zwischen Sport und Geist fand man bei Schülern, als man deren Fitness erhob und – eher zufällig – mit ihren Schulnoten in Zusammenhang stellte. Je fitter die Kinder waren, desto besser waren sie in der Schule.“
Die WHO hat Leitlinien zum Thema Bewegung herausgegeben, Experten empfehlen mindestens 60 Minuten moderater bis intensiver körperlicher Betätigung pro Tag. Viele Kinder und Jugendlichen erreichen dieses Mindestmaß aber nicht, zumal die Aktivität zwischen 11 und 15 Jahren in Regel abnimmt. Vor allem Mädchen nehmen mit zunehmendem Alter weniger an sportlichen Aktivitäten teil. „Die WHO will die Bewegungsempfehlung auf 150 Minuten pro Tag erhöhen, dafür muss Zeit sein, im Verein oder anderswo. Denn die tägliche Turnstunde in den Schulen dauert schon jetzt nur 40 Minuten: 50 Minuten hat die Schulstunde, zehn Minuten dauert das Aus- und Anziehen“, rechnet Fitsport Austria-Chef Quasnicka vor.

Täglich mindestens 60 Minuten aktiv

Der Fonds Gesundes Österreich FGO hat folgende Empfehlungen für gesunde Kinder und Jugendliche, für die keine Kontraindikation in Bezug auf körperliche Aktivität gegeben ist.

Um die Gesundheit zu fördern, sollten Kinder und Jugendliche

  • jeden Tag insgesamt mindestens 60 Minuten mit zumindest mittlerer Intensität körperlich aktiv sein.
  • an mindestens drei Tagen der Woche muskelkräftigende und knochenstärkende Bewegungsformen durchführen.

Zusätzliche Aktivitäten werden empfohlen, um die Koordination zu verbessern und die Beweglichkeit zu erhalten. Falls sitzende Tätigkeiten länger als 60 Minuten dauern, werden zwischendurch kurze Bewegungseinheiten empfohlen. Keine Bewegung mit mittlerer bis höherer Intensität ist zu kurz, um nicht für die Erreichung der Bewegungsempfehlungen
zu zählen.

Bereits aktive Kinder, die einen Bewegungsumfang von 60 Minuten pro Tag erreichen, können diesen auf 90 Minuten 3-mal oder mehrmals pro Woche steigern. Kinder, die sich spontan sehr wenig bewegen, sollten über mehrere Wochen langsam an die 60 Minuten Bewegung pro Tag herangeführt werden. Übergewichtige Kinder und Jugendliche können jede Art von Bewegung machen.

Wie für alle Kinder im Wachstum gilt aber: Auf gelenksschonende Ausführung der Bewegungsformen ist zu achten, da bereits bei Normalgewichtigen bei leichten Sprüngen das 3- bis 4-fache des Körpergewichts auf den Bewegungsapparat wirkt.

Grundmotorische Bewegungen sind z.B. Gehen, Laufen, Springen, Klettern und Werfen. Diese entwickeln Schnelligkeit, Kraft, Ausdauer, Differenzierungsfähigkeit, Rhythmisierungsfähigkeit, Gleichgewichtsfähigkeit oder Reaktionsfähigkeit.

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