Familienleben

Väterkarenz: Papa macht das schon

Am 1. September ist Tag der aktiven Väter. Die gute Nachricht: Immer mehr Väter wollen Zeit mit ihren Kindern verbringen. Doch die Schere zwischen Wunsch und Realität ist noch groß. Eine Bestandsaufnahme.

Father walking with a stroller and a baby in the city streets

Sie können trösten und tragen, wickeln und waschen, sich kümmern und kochen. Sie spielen, erzählen, sind fürsorglich. Väter wollen teilhaben, verstecken sich längst nicht mehr hinter der Zeitung, gestalten das Familienleben lieber aktiv mit. Diesen Schluß legt zumindest eine aktuelle Umfrage des Familienbunds nahe: Dabei wurde abgefragt, wie wichtig es österreichischen Männern ist, sich Zeit für ihr Kind zu nehmen. Das Ergebnis war eindeutig: 95 Prozent der befragten Männer gaben an, dass es ihnen sehr wichtig wäre – immerhin 71 Prozent sagen außerdem, dass sie ihren Beruf zeitweise zurückstellen wollen. Das Bewusstsein für eine moderne Vaterrolle scheint in der Gesellschaft also durchaus angekommen zu sein. Doch, wie sieht es im Alltag wirklich aus? Wie wird diese Väterbeteiligung konkret gelebt?

Nur wenige Väter gehen in Karenz

Blickt man auf Zahlen und Fakten wird schnell deutlich, dass Wunsch und Realität noch recht weit auseinander klaffen. Das kann man etwa an der Verteilung
des Kinderbetreuungsgeldes ablesen. Eine Umstellung des Systems auf das neue Kontomodell (dies macht eine tageweise Abrechnung möglich), der Partnerschaftsbonus, das Papamonat – alle diese Neuerungen hatten auch die Steigerung der Väterbeteiligung zum Ziel. Erreicht wurde diese bisher nicht: Nur 11,4 Prozent der Bezugsnehmer sind Männer – unter diesen 11,4 Prozent übernimmt die überwiegende Mehrheit nur einen kleinen Teil der Karenzdauer – üblich sind etwa zwei Monate. Der Partnerschaftsbonus (er wird ausgezahlt, wenn die Karenz 50:50 oder 60:40 aufgeteilt wird) wurde zuletzt nur in 1,3 Prozent der Fälle in Anspruch genommen. Auch eine neue Studie des Insituts für Familienforschung kommt zu dem Ergebnis, dass Väterbeteiligung zwar weitestgehend befürwortet wird, dabei aber dennoch nicht den Sprung in die Praxis schafft. Doch woran liegt das? „Es ist einfach noch immer wichtig Hürden für Familien aus dem Weg zu räumen und vor allem mehr Bewusstsein für das Thema zu schaffen“, ist Bernhard Baier, Obmann des Familienbunds überzeugt.

Der vom Familienbund und Radio Arabella initiierte „Tag der aktiven Väter“ am 1. September setzt genau hier an. Dabei werden österreichweit Best-Practice-Beispiele gesucht, die zeigen, wie aktive Vaterschaft aussehen kann. Baier: „Aktiv Vater zu sein heißt, mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie Mütter für seine Kinder da zu sein. Sie vom Kindergarten zu holen, wenn sie krank sind, Geburtstagsfeiern zu organisieren, sie schlafen zu legen und all die kleinen, alltäglichen Dinge zu erledigen, die wichtig sind, damit Kinder gut und wohlbehalten aufwachsen können.“ Obwohl die Zahlen zur Karenz entmutigend wirken können, ist Baier überzeugt, dass diese Entwicklung auf einem guten Weg ist: „Millennials-Papas verbringen heute drei mal mehr Zeit mit ihren Kindern als sie es selbst noch von ihren Väter erlebt haben.“

Fathers Day. Father playing ball with toddler baby boy outdoor. Parent spending time together with child son in park. Authentic lifestyle tender moment. Happy dad and active family life.
Der "Tag der aktiven Väter" am 1. September soll in der Bevölkerung mehr Bewusstsein für die Väterkarenz schaffen.

Zeit für Vater und Kind

So nimmt es auch Manuel Riß wahr. Der zweifache Vater gehört zu jenen 1,3 Prozent, die sich die Karenz 50:50 mit der Partnerin aufgeteilt haben. „Mein Vater war für die damalige Zeit schon ein recht aktiver Vater, aber den Hauptteil der Kinderbetreuung hat meine Mutter übernommen. Für mich war aber immer schon klar, dass ich einmal in Karenz gehen möchte.“ Riß nahm bei seinen Söhnen also 12 bzw. 9 Monate Elternzeit. „Von Arbeitgeberseite war das gar kein Problem. Ich habe den Arbeitgeber fristgerecht informiert und fertig.“

Dass das längst nicht in allen Unternehmen usus ist, erzählt etwa Kurt Viehtaler, Gründer des Onlinemagazins „Dad‘s Life“. Denn die kritische Stimmung in seinem ehemaligen Unternehmen brachte ihn zwar nicht davon ab in Karenz zu gehen, mehr als zwei Monate traute er sich dann aber doch nicht zu nehmen. Viehtaler: „Ich glaube, damit sich hier etwas ändert, braucht es Leute, die voran gehen Wenn etwa hochrangige Politiker in Karenz gingen, könnte das eine echte Vorbildwirkung haben.“ Rechtsicherheit und eine familienfreundliche Atmosphäre am Arbeitsplatz können darüber hinaus den nötigen, sicheren Rahmen bilden. Baier: „Väter brauchen flexiblere Arbeitszeiten und auch in männerdominanten Branchen die Möglichkeit in Teilzeit zu arbeiten.“

 

Blogger und Karenz-Vater Kurt Viehtaler: „Mein Vater war für die damalige Zeit schon ein recht aktiver Vater, aber den Hauptteil der Kinderbetreuung hat meine Mutter übernommen. Für mich war aber immer schon klar, dass ich einmal in Karenz gehen möchte.“

Vorbild Schweden

Flexible Arbeitszeiten, qualitativ hochwertige Kinderbetreuung, gleichberechtigte Elternschaft – Schweden scheint in diesem Zusammenhang einiges richtig zu machen. Das erzählt auch Mikolay Norek, der zunächst für sein Studium nach Stockholm zog, bevor er dort eine Familie gründete. „Die Rollenverteilung ist hier sehr gleichmäßig verteilt. Das ist gesellschaftlich stark verankert und auch das Resultat von staatlichen Einflüssen“, so Norek. „Die Infrastruktur für Kinderbetreuung ist gut, das Elterngeld ist generös und lässt sich per Handy-App auch ganz leicht und flexibel einteilen. Auch Pflegefreistellungen und Pflegegeld sind unkompliziert geregelt und vor allem: alle diese Dinge sind von Arbeitgeberseite nicht diskutierbar.“ Und das ist auch richtig so, sind sowohl Norek, als auch
Riß und Viehtaler überzeugt. Schließlich würden Arbeitgeber von familienfreundlichen Rahmenbedingungen nicht zuletzt selbst stark profitieren. „Die Balance von
Arbeit und Familie steigert die Produktivität.“, sagt Norek etwa. Und Riß weiß: „Wenn man sich um Kinder kümmert, schult man Multitasking, Stressresistenz und Empathiefähigkeit. All diese Kompetenzen nimmt man dann auch wieder mit in den Job.“

"Ich will für meine Kinder präsent sein"

Für Manuel Riß war immer klar, dass er in Karenz gehen möchte, gerade auch, weil Carearbeit fordernd und anstrengend ist. Mit „familiii“ spricht er über seine Beweggründe.

Sie haben sich die Karenz bei ihren Kindern 50/50 mit Ihrer Partnerin aufgeteilt. Wie kam es dazu und wie waren Ihre Erfahrungen?
Riß: Ich wusste bereits bevor ich Kinder hatte, dass ich Elternzeit nehmen möchte und ein aktiver Vater sein will, weil das einfach sehr viel mit der Bindung macht. Ich will Teil des Lebens meiner Kinder sein und sie sollen genauso Teil meines Lebens sein. Ich bin mir sicher, dass es sich positiv darauf auswirkt, wie man seine Vaterrolle anlegt, wenn man bereits in der ersten Baby- und Kleinkindzeit Verantwortung übernimmt und wirklich präsent ist. Das schafft eine gute Basis dafür, sich die Elternschaft auch langfristig gleichberechtigt aufzuteilen.

Wie war die Reaktion von Arbeitgeberseite?
Riß: Das war in meinem Fall gar kein Problem. In Wahrheit profitieren Arbeitgeber ja auch von der Väterkarenz. Denn so ein Jahr ist schnell wieder vorbei, doch, wenn es um Dinge wie Multitasking, Stressresistenz und Empathiefähigkeit geht, kommt man ganz bestimmt mit neuen Kompetenzen in den Job zurück.

Würden Sie sagen, ihre Karenz hatte auch Auswirkungen auf Ihre Partnerschaft?
Riß: Ganz bestimmt. Es macht einen Unterschied, wenn man weiß, dass so ein Tag mit Kindern manchmal Schwerstarbeit ist. Dass es schön, aber eben auch anstrengend ist. Die verschiedenen Aufgaben innerhalb der Familie zu kennen, stärkt automatisch das gegenseitige Verständnis.

Welche Nachteile gibt es vielleicht auch?
Riß: Was mir auf die Nerven gegangen ist, war, dass ich ständig so abgefeiert worden bin dafür, dass ich mich um meine Kinder kümmere. Ich habe mir immer gedacht, warum sollte ich das nicht können? Und ich glaube, die Nachbarn finde es oft komisch, wenn schon wieder ich im Garten stehe und die Wäsche aufhänge. Wenn es um echten Rollenwandel geht, ist ganz bestimmt noch einiges zu tun.

 

 

Manuel Riss_Interview_c_privat
Manuel Riß hat sich die Karenz bei beiden Kindern mit seiner Frau geteilt.
Bernhard Baier_privat
Bernhard Baier, Präsident des Familienbundes: "Aktiv Vater zu sein, heißt, all die kleinen, alltäglichen Dinge zu erledigen, die wichtig sind, damit Kinder gut und wohlbehalten aufwachsen können. Dafür müssen vor allem Hürden am Arbeitsplatz beseitigt werden."

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