Wenn sich Ihr Kind vor dem Tod fürchtet, geben Sie ihm Halt und Geborgenheit!
Mag.a Dagmar Bojdunyk-Rack, Geschäftsführerin des Vereins RAINBOWS, begleitet Kinder, Jugendliche und Erwachsene durch stürmischen Zeiten wie Scheidung, Trennung oder Tod

Halloween mit den gruseligen Masken und Kostümen oder auch mit seinem Bezug zum Tod kann bei Kindern Furcht auslösen. Wie sollen Eltern damit umgehen?
Bojdunyk-Rack: Halloween kann Kinder faszinieren, aber auch Angst machen. Wichtig ist, dass Eltern diese Ängste nicht kleinreden, sondern erklären, dass es sich um Verkleidungen und ein Spiel handelt. Wenn ein Kind etwas nicht sehen oder miterleben will, ist es wichtig, ihm Schutz und Nähe zu geben, und es zu nichts zu drängen.
Wie können Eltern oder Bezugspersonen den Tod altersgemäß erklären?
Umschreibungen wie „Oma ist eingeschlafen“ können missverständlich sein und sogar Ängste auslösen, etwa vor dem Schlafengehen. Eine kindgerechte Erklärung könnte zum Beispiel lauten: „Der Körper funktioniert nicht mehr – das Herz schlägt nicht mehr und der Mensch kann nicht mehr atmen oder sprechen.“ Kleinkinder brauchen einfache, kurze Sätze, Volksschulkinder mehr Erklärungen, Jugendliche auch die Möglichkeit, sich mit existentiellen Fragen auseinanderzusetzen.
Was ist zu tun, wenn Kinder Ängste vor dem Sterben entwickeln?
Es hilft, offen darüber zu sprechen und zu erklären, dass alle Menschen irgendwann sterben, dies jedoch meist erst im hohen Alter geschieht. Wichtig ist, so viel zu erklären, wie das Kind gerade wissen möchte.
Sollen Kinder grundsätzlich zu einem Begräbnis mitgehen?
Natürlich soll kein Kind gegen seinen Willen teilnehmen müssen. Doch wer Kinder ausschließt, nimmt ihnen die Chance, sich als Teil der Familie zu verabschieden. Das Ritual des Abschieds hilft Kindern, den Tod besser zu begreifen und das Erlebte in ihr Leben einzuordnen. Je nach Alter können sie aktiv eingebunden werden: Kleine Kinder dürfen Blumen aussuchen, größere ein Bild malen oder etwas ins Grab legen, Jugendliche vielleicht ein Gedicht vortragen. Hilfreich ist, wenn eine vertraute erwachsene Person das Kind während der Feier begleitet, Fragen beantwortet und auf seine Bedürfnisse achtet.

Sie sind für die Organisation „RAINBOWS“ tätig. Was bieten Sie konkret an, um Kindern mit Angst vor dem Tod zu helfen?
RAINBOWS begleitet Kinder, Jugendliche und ihre Familien, wenn ein nahestehender Mensch gestorben ist oder an einer lebenslimitierenden Erkrankung leidet. Je nach Bedarf bieten wir Unterstützung in Form von Einzel- und Familienbegleitungen sowie Gruppen an. Der Tod eines geliebten Menschen bleibt für immer ein Teil des Lebens eines Kindes und verändert vieles. Gleichzeitig steckt in jeder Krise auch die Chance auf Entwicklung. In der Trauerbegleitung von RAINBOWS bekommen Kinder Raum für ihre Trauer, für schöne Erinnerungen und für neue Perspektiven. Neben Gesprächen nutzen wir kreative und spielerische Methoden, damit Kinder ihre Gefühle ausdrücken und die veränderte Familiensituation annehmen können.
Wahrscheinlich macht es einen Unterschied, ob ein Familienmitglied stirbt, oder ob es um den Tod allgemein geht. Was ist hier zu tun?
Wenn ein Familienmitglied stirbt, ist das Kind direkt betroffen. Eltern sollten ihre eigenen Gefühle zeigen, denn so erleben Kinder, dass Trauer erlaubt ist. Wenn es um den Tod allgemein geht, so können Ängste durch Erlebnisse im Umfeld, wie zum Beispiel durch ein totes Tier, entstehen. Hier helfen kindgerechte Erklärungen: Was bedeutet Tod? Wann sterben Menschen? Die meisten Menschen werden alt, bevor sie sterben. So kann das Kind lernen, mit der Vorstellung vom Tod umzugehen, ohne ständig Angst zu haben.
Kinder trauern anders als Erwachsene. Wie ist das zu verstehen?
Sie zeigen ihre Trauer auf besondere Weise. Ein Kind weint herzzerreißend nach der verstorbenen Oma, läuft im nächsten Moment aber hinaus in den Garten, um mit Freunden zu spielen. Andere wirken fröhlich und tun so, als ob nichts geschehen wäre – bis sie plötzlich in Tränen ausbrechen. Für Erwachsene wirkt dieses Hin- und Her zwischen Traurigkeit und Fröhlichkeit oft irritierend. Doch gerade dieses Wechseln hilft Kindern, ihre Trauer in kleinen Schritten zu verarbeiten.
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