Bildung

Wenn Sprache gedeiht

Wie deutsch- und mehrsprachige Eltern die Sprachentwicklung ihrer Kinder unterstützen können.

 

Wir sprechen, um zu kommunizieren, aber Sprache ist weit mehr als ein Kommunikationsmittel, sie ist zugleich ein eminent wichtiges Werkzeug, mit dem wir lernen, unser soziales Umfeld zu verstehen und uns in ihm einzurichten. Durch das Sprechen mit ihren Kindern vermitteln Eltern diesen nicht nur Worte und grammatische Regeln für korrektes Sprechen, sondern auch Gefühle, Werte und ihre eigene Lebensanschauung. All das beeinflusst den Nachwuchs maßgeblich in seiner Entwicklung. Eine gute Sprachbeherrschung ist entscheidend für den Erfolg in der Schule, in der späteren Berufsausbildung und im gesellschaftlichen Vorankommen. Was können Eltern tun, um ihr Kind auf dem Weg seiner Sprachentwicklung gut zu begleiten? Und was können mehrsprachige Eltern tun, um den Deutscherwerb ihres Kindes zu unterstützen? 

 

Viel sprechen

Wenn ein Kind auf die Welt kommt und den Spracherwerb beginnt, braucht es natürlich sprachlichen Input. Schon als Baby und lange bevor das Kleinkind selbst zu sprechen beginnt, nimmt es Sprache intensiv wahr und verinnerlicht deren Bauformen in Vorbereitung auf das später einsetzende eigene Sprechen in Höchstgeschwindigkeit. Schon bald kann es vieles von dem, was seine näheren Bezugspersonen sagen, verstehen, hat eine Vielzahl an Mustern intuitiv erfasst, nach denen zwischenmenschliche Kommunikation und Sprache funktioniert. Tipp für Eltern: Sprechen Sie viel mit Ihrem Kind, beschreiben Sie, was Sie tun, was Sie gemeinsam beobachten und was Ihr Kind wahrnimmt. Es kann zwar noch nicht sprechen, seine Sprachentwicklung ist aber in vollem Gange. 

 

Aktiver Sprachinput

Vor allem Kinder von 0 bis etwa sechs Jahren brauchen aktive Gesprächspartner. Die Wortbedeutungen und die grammatikalischen Regeln einer Sprache erschließen sich Kindern im Austausch, das heißt wenn sie mit ihrem Gegenüber in Beziehung treten und eine Kommunikationsabsicht erkennen können. Rein passiver Sprachinput ist dafür nicht gut geeignet und kann laut neuen Studien sogar das Gegenteil bewirken. Wenn Kleinkinder zu viel Zeit vor dem Bildschirm verbringen, ist dies schädlich für ihre Sprachentwicklung. Tipp für Eltern: Setzen Sie Ihr Kind nicht in zu frühem Alter und nicht zu lange einem Bildschirm aus. Suchen Sie den Austausch mit ihrem Kind, bleiben sie dabei aufmerksam, hören Sie zu, stellen Sie Fragen und lassen Sie sich selbst nicht vom Handy oder Ähnlichem ablenken.

 

 

Die faszinierende Welt der Bücher 

Bücher erlauben uns gedanklich zu reisen, zu träumen und großartige Abenteuer zu erleben. Sie fördern die Fantasie und geben Eltern die Möglichkeit, auf einer erweiterten Ebene mit ihrem Kind in Beziehung zu treten. Es geht nichts über den kuscheligen Moment beim Vorlesen der Gutenachtgeschichte oder wenn Eltern mit ihrem Kind auf den bunten Bildern in einem Buch etwas Neues entdecken, sei es ein neues Tier oder aus welchen Bauteilen ein Flugzeug besteht oder wie die Biber ihren Damm bauen. Diese Entdeckungsreisen unterstützen intensiv die Sprachentwicklung des Kindes. Bücher erlauben es Eltern, einen schriftsprachlichen Input zu geben, der oft weit über das Anspruchsniveau der Alltagssprache hinausgeht. So können sich Kinder sprachlich entfalten, sich viele neue Worte und Konzepte aneignen, die sie später für die Schullaufbahn nutzen können. Tipp für Eltern: Mit dem Vorlesen kann man nie zu früh beginnen. Am besten ist es, Vorleserituale von klein auf zu etablieren. Lesen Sie Ihrem Kind viel vor, es ist eine direkte Investition in seine spätere Bildungssprache und Rechtschreibkompetenz. Außerdem können Sie mit ihm schöne innige Momente verbringen. Das fragen sich Pädagog*innen und Eltern häufig und zu dieser Frage gibt es viele Meinungen, die sich zum Teil mehr auf Mythen als auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen, und deren praktische Umsetzung bisweilen das Gegenteil von dem bewirkt, was sie beabsichtigt. In den Deutschkursen für Kinder der LIMU-Academy beobachten wir, dass vor allem jene Kinder gut Deutsch erwerben, mit denen viel und richtig gesprochen wird und das nicht nur auf Deutsch. 

 

Mythos Deutschgebot 

Alle drei erwähnten Tipps können auch nichtdreisprachige Eltern beherzigen. Eltern, die viel mit ihrem Kind sprechen, miteinander im aktiven Austausch sind und Freude am Entdecken neuer Inhalte in Kinderbüchern haben, unterstützen die Sprachentwicklung des Kindes intensiv. Das muss nicht zwingend auf Deutsch erfolgen, um ein Vorteil für die deutsche Sprache zu sein. Die Sprachsysteme sind bei zwei- und mehrsprachigen Kindern eng vernetzt und profitieren voneinander. Wenn Eltern ihr Kind in ihrer Familiensprache gut begleiten, entwickelt sich auch das Deutsche erfolgreich. Der Deutschinput sollte dabei von Menschen kommen, die die Sprache auf Muttersprachenniveau beherrschen. Ein früher und regelmäßiger Besuch des Kindergartens ist ebenfalls empfehlenswert. 

 

Mythos Mehrsprachigkeit als Nachteil 

Eine weitere Sprache neben Deutsch im Leben des Kindes ist niemals ein Nachteil. Wenn Kinder mit mehreren Sprachen aufwachsen, ist es immer ein Gewinn für ihre Sprachentwicklung, und nicht nur für diese. Mehrsprachig aufwachsende Kinder entwickeln sich gesamtkognitiv besser und haben im Leben viele weitere Vorteile: So entwickeln sie zum Bespiele ein gutes Gefühl für jede weitere Sprache, die sie in ihrem Leben lernen, verfügen über bessere kommunikative Kompetenzen, eine erhöhte kognitive Flexibilität und haben dank ihrer mehrsprachigen Kompetenz mehr soziale Interaktionen, was ihnen ermöglicht, vielschichtig fürs Leben zu lernen. Mit mehreren Sprachen aufzuwachsen ist ein großes Geschenk, das Eltern ihrem Kind machen können. Dabei ist jede Sprache ausnahmslos gleich viel wert.

Mahr Infos unter: https://www.linguamulti.at/ und https://www.limu.academy/.

Über die Autorin

Mag. Zwetelina Ortega ist die Gründerin der LIMU-Academy, des Sprachinstituts zur Frühörderung der deutschen Sprache für Kinder zwischen zwei und zehn Jahren. Sie ist Sprachwissenschaftlerin, Autorin, Expertin für Mehrsprachigkeit und Gründerin des Beratungszentrums Linguamulti. Dort bietet sie Beratung und Workshops für mehrsprachige Erziehung im Bereich Bildung, Erziehung und Unternehmertum an. Darüber hinaus lehrt Ortega an diversen Hochschulen in Österreich und Deutschland.

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