Gesundheit

Albtraum Kinderlosigkeit: Ein Kind um jeden Preis?

Addendum beschäftigt sich mit der Frage, wie weit man für den Kinderwunsch gehen darf, welche Möglichkeiten der medizinische Fortschritt eröffnet und ob das alles immer moralisch richtig ist.

baby bekommen kinderwunsch

Wenn Menschen, die sich ein Kind wünschen mit biologischen Hindernissen konfrontiert werden und ungewollt kinderlos bleiben, stellen sich Frustration, Enttäuschung und Verunsicherung ein – und Hoffnung, denn: Fortschritte der Fortpflanzungsmedizin versprechen Paaren Abhilfe, wenn sie aus medizinischen Gründen kein Kind bekommen können oder wenn der Partner dem gleichen Geschlecht angehört. Mittels IVF, Social Egg Freezing, Embryonenspende, Eizellenspende oder Leihmutterschaft soll der Weg zum eigene Kind möglich sein.

Kinderlosigkeit in Österreich

baby bekommen klappt nicht
Allein im Jahr 2016 wurden in Österreich mehr als zehntausend künstliche Befruchtungen durchgeführt. Ein wichtiger Grund für die stetige Zunahme ist die immer spätere Familienplanung vieler Paare. Was vielen nicht bewusst ist: Bereits ab dem 35. Lebensjahr der Frau nimmt das Risiko für Chromosomenschäden des Kindes zu.

Addendum

Zitatzeichen

Es scheint, als könnten sich die werdenden Eltern alles kaufen, was sie brauchen: Sperma, Eizelle, Leihmutter – alles wird zur Ware. Doch wie weit darf der Kinderwunsch gehen? Dürfen Embryonen auf Grundlage der Pränataldiagnostik selektiert werden? Sind wir bereits auf dem Weg zum „Designer-Baby“?

Die Frage nach dem Recht auf ein Kind

kinderwunsch wie erfüllen

In der Debatte rund um Reproduktionsmöglichkeiten und Fortpflanzungsmedizin steht immer wieder die Frage zur Diskussion, ob Paare ein Recht auf ein Kind haben.

Addendum dazu:

Auf der ersten internationalen Menschenrechtekonferenz 1968 in Teheran wird „das fundamentale Recht“ von Paaren bekräftigt, „frei und verantwortungsvoll die Anzahl und den Altersunterschied ihrer Kinder“ zu entscheiden. Ein Jahr später wird der Resolution eine Bestimmung hinzugefügt, mit der die Staaten zur Bereitstellung der „notwendigen Mittel“ verpflichtet werden. 1974 folgt der World Population Plan of Action, der unter anderem empfiehlt, Maßnahmen gegen unfreiwillige Unfruchtbarkeit zu ergreifen. Das Völkerrecht hält Staaten allerdings primär dazu an, den Kinderwunsch von Frauen und Paaren nicht zu beeinträchtigen. Daraus leitet sich kein Recht auf ein Kind ab. Es handelt sich vielmehr um ein Abwehrrecht: Der Staat ist lediglich dazu verpflichtet, fortpflanzungsmedizinische Maßnahmen zu erlauben. Allerdings sind Einschränkungen grundsätzlich möglich. Der Staat muss die Fortpflanzungsmedizin auch nicht selbst bereitstellen oder finanzieren. Entsprechend unterschiedlich sind die Zugänge weltweit.

Zitatzeichen

Wenn es demnach kein Recht auf ein eigenes Kind gibt, wie weit darf dann der Kinderwunsch gehen? Wo ist er moralisch noch unbedenklich und wo beginnt ein Graubereich? Das Thema „Leihmutterschaft“ ist in dieser Debatte das Reizthema No. 1: Befürworter argumentieren mit dem schönen Gefühl für Leihmütter anderen Paaren zu helfen und ihnen ihren größten Wunsch zu erfüllen, Gegner argumentieren mit gesundheitlichen Risiken, rechtelosen Legehennen und Ausbeutung.

Leihmutterschaft: Darf man einen Bauch mieten?

schwanger werden tipps

Neue Möglichkeiten dank des medizinischen Fortschritts eröffnen nicht nur neue Wege, sondern stellen uns vor Herausforderungen und auch die Frage ob alles, was medizinisch möglich ist, auch moralisch unbedenklich ist – wie etwa Frauen aus ärmeren Ländern für die Erfüllung des Kinderwunsches zu bezahlen?

 

In Österreich ist die kommerzielle Leihmutterschaft verboten, dennoch nehmen österreichische Paare die Möglichkeit im Ausland in Anspruch. War Indien lange Zeit primäre Anlaufstelle für Leihmutterschaften, ist jetzt Kenia der neue Hotspot, weil dort noch die gesetzlichen Regelungen fehlen.

Dabei stehen keine altruistischen Gründe im Vordergrund, sondern finanzielle, denn die Frauen, die sich als Leihmütter anbieten, tun dies aus einer finanziellen Not heraus und nehmen dafür gesundheitliche Risiken und die Instrumentalisierung in Kauf. Die Frau wird zur Mietmutter, die keine Gefühle und Bindung entwickeln darf, sondern funktionieren muss. Sowohl Todesfälle sind bekannt, als auch Kinder mit Behinderung, das einfach bei der Leihmutter zurückgelassen wurde, weil das Paar dieses Kind nicht annehmen wollte.  Damit rückt das Schreckensbild Eugenik und die Selektion von Menschen wieder ins Bild und die Frage, welche Krankheiten ausselektiert werden dürfen.

Die Erfahrung mit der Pränataldiagnostik hat bereits gezeigt, dass Kinder mit Down-Syndrom oft abgetrieben werden. Untersuchungen und Embryo-Selektionen im Rahmen einer PID könnten aber auch eine weitere Stigmatisierung Betroffener bedeuten, deren Eltern sich für die Einleitung oder gegen den Abbruch der Schwangerschaft entschieden haben. Interessenvertretungen sprechen von einer „Rasterfahndung nach behindertem Leben. (…) Daneben existiert die Sorge vor „positiver Eugenik“, also die gezielte Auswahl von Embryos, die bestimmte Merkmale – etwa Geschlecht, Körpergröße, Augen- oder Haarfarbe – aufweisen. Mit der derzeit zulässigen PID wird allerdings nur nach bestimmten Merkmalen gesucht, also kein umfassendes Screening vorgenommen.

Addendum

Zitatzeichen

Ist Kinderkriegenlassen okay?

Wie ist es mit der biologischen Bindung während der Schwangerschaft, die dann nach der Geburt gekappt wird? Wie ist es mit der eigenen Identität? Zwar sind Gene nicht alles, aber sie sind auch nicht nichts. Unsere leibliche Herkunft zu kennen ist Teil der Identitätsfindung und sogar als Recht in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben.

Addendum dazu:

Zudem müsse die Vorstellung, dass die Leihmutter mit dem Kind biologisch nichts zu tun hat und es lediglich wie eine Art Fremdkörper austrägt nicht nur aus ethischer, sondern auch aus wissenschaftlicher Sicht als „archaisch“ zurückgewiesen werden, wie die Biochemikerin und Ethikerin Gabriele Werner-Felmayer von der Medizinischen Universität Innsbruck es ausdrückt. Nach wie vor ist das Wissen um die biologische Dynamik der Schwangerschaft begrenzt, doch Studien der letzten Jahre zeigen, dass sich beispielsweise die Immunsysteme aufeinander abstimmen müssen (Immuntoleranz) und es zum Austausch von Zellen und DNA zwischen Mutter und Kind kommt (Mikrochimerismus), was unter anderem in Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen, aber auch erhöhter Malaria-Resistenz steht.

Zitatzeichen

Die Reportage „Im Kontext“ zeigte Paare, die sich ihren Kinderwunsch im Ausland erfüllen.

Sollte die Leihmutterschaft in Österreich erlaubt werden?

Forum

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Insgesamt 0 Beiträge

Wir setzen Cookies auf dieser Website ein, um Zugriffe darauf zu analysieren, Ihre bevorzugten Einstellungen zu speichern und Ihre Nutzererfahrung zu optimieren. weitere Informationen

The cookie settings on this website are set to "allow cookies" to give you the best browsing experience possible. If you continue to use this website without changing your cookie settings or you click "Accept" below then you are consenting to this.

Close