Bildung

Alleine in die Schule? Aber sicher!

So meistern Kinder ihren Schulweg zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln alleine.

Theodor weiß, wie’s geht: Über die große Kreuzung, rein in den Bus, einmal Umsteigen, nochmals acht Stationen und ein kurzer Fußweg bis zum Schultor. „Ist gar nicht so schwierig“, kommentiert der Achtjährige seinen Schulweg, der ihn in Wien von seinem Wohn- in den Nachbarbezirk führt. „Ich bin den Weg ja schon oft gegangen.“ Seit der ersten Klasse Volksschule fährt Theodor an den meisten Tagen allein zur Schule und am Nachmittag wieder nach Hause.

Den Wunsch dazu geäußert hat er von sich aus, erzählt seine Mutter Ute Tüchler. „Ich hätte ihn schon noch begleitet, aber er wollte das unbedingt. Also haben wir begonnen, den Weg gemeinsam zu üben.“ Mama Ute begleitete Theodor einige Wochen in die Schule, besprach mit ihm das Verhalten im Straßenverkehr und machte ihn auf potentiell gefährliche Situationen aufmerksam. „Theodor weiß, dass er nie einem Bus nachlaufen darf oder dass er beim Zebrastreifen immer schauen muss, ob ein Auto kommt, auch wenn er als Fußgänger eigentlich Vorrang hat.“ Die Übungsphase zog sich über mehrere Wochen. Alle paar Tage trennte sich seine Mutter etwas früher von Theodor, bis dieser irgendwann morgens ohne sie losstapfte. Voller Stolz, dass er’s ganz alleine schaffte.

„Seine Zeit, sein Ding“ : Theodor, 8, (rechts) ist in Sachen Schulweg ein Profi.

Den sichersten Weg wählen

Ob in der Stadt oder auf dem Land, zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln – Eltern sollen mit ihren Kindern den Schulweg üben. „Solange, bis das Kind sicher unterwegs ist“, sagt Klaus Robatsch vom Kuratorium für Verkehrssicherheit. Robatsch empfiehlt, sich den Weg zunächst einmal ohne Kind anzuschauen und zu überlegen, welcher Weg am geeignetsten ist. „Nicht immer ist der kürzeste Weg auch der sicherste.“ Besonders heikel könne das Queren von Straßen sein, dabei komme es auch zu den meisten Unfällen. „Kinder können Entfernungen und Geschwindigkeiten von Autos noch nicht so gut einschätzen, das lernen sie erst im Laufe der Jahre“, sagt Robatsch.

Geregelte Übergänge mit Ampeln oder Schülerlotsen seien ungeregelten auf jeden Fall vorzuziehen. Entlang des Gehsteiges könnten Grundstücksein- und -ausfahrten zur Gefahr werden. „Die Kinder sollen lernen, sich dort nicht auf die Autofahrer zu verlassen. Genauso wie beim Zebrastreifen: Immer links, rechts, links schauen, Augenkontakt mit dem Autofahrer aufnehmen und erst dann queren.“ Was Robatsch außerdem rät: „Die Perspektive des Kindes einnehmen! Auch mal in die Hocke gehen, um zu sehen, ob eine Hecke oder parkender PKW die Sicht einschränken.“

Nicht immer das Eltern-Taxi

Mit dem Fahrrad dürfen Kinder spätestens ab 12 Jahren, mit Fahrradprüfung bereits ab dem neunten Lebensjahr ohne Begleitung unterwegs sein. Ob der Schulweg gut mit dem Rad zu bewältigen ist, hängt vor allem von der Strecke ab. Klaus Robatsch: „Sind Radwege vorhanden? Gibt es mögliche und sichere Querungsmöglichkeiten und wie schnell sind die Autos unterwegs?“ Während Fahrrad und E-Scooter nur auf der Straße und entsprechenden Radwegen benutzt werden dürfen, kann man mit normalen Scootern auch auf dem Gehsteig fahren. „Dabei müssen die Kinder natürlich auf die schwächsten Verkehrsteilnehmer achten, das sind die Fußgänger, vor allem jene mit eingeschränkter Mobilität.“

Werden Kinder sorgfältig auf den Schulweg vorbereitet, spricht laut Robatsch nichts dagegen, dass sie ihn auch alleine bewältigen. Es muss also nicht immer das Eltern-Taxi sein. Das hat gleich mehrere Vorteile: Weniger Autofahrten bedeuten weniger Belastung für die Umwelt, Kinder lernen schon früh, sich im Straßenverkehr zurecht zu finden und das Verkehrsaufkommen rund um die Schule ist nicht zu groß – was wiederum mehr Sicherheit für die Schüler bedeutet. „Leider gab es in den vergangenen Jahren einen Anstieg an Unfällen mit Kindern“, sagt Robatsch. „Es sind dabei in den meisten Fällen die erwachsenen Autolenker, die die Unfälle verursachen. Meistens, weil sie abgelenkt sind, zum Beispiel vom Handy.“

Bedenken wegen anderer Verkehrsteilnehmer

Das ist auch Ute Tüchlers größte Sorge, wenn sie sich morgens von Theodor verabschiedet: „Bedenken habe ich eher wegen der anderen Verkehrsteilnehmer. In Theodor habe ich volles Vertrauen, er macht das super.“ Was Tüchler zudem beruhigt: „Theodor erzählt viel über das, was er auf dem Weg erlebt, zum Beispiel darüber, wen er im Bus getroffen hat. Er würde es mir sicher sagen, wenn irgendetwas ist und er sich nicht wohlfühlt.“

Sollte Theodor doch einmal Hilfe brauchen, hat er ein Handy dabei, mit dem er sich zu Hause melden kann. Meistens bleibt das aber ausgeschalten. „Ich habe den Eindruck, der Schulweg ist seine Zeit und sein Ding“, sagt Ute Tüchler. Und Theodor? Der freut sich, wenn er schon in der Früh andere Schulkollegen im Bus trifft und „wenn ich denen ganz in Ruhe Sachen erzählen kann.“ Nur, wenn ihm der Bus genau vor der Nase davon fährt, muss er sich ärgern. Wie Erwachsene eben auch.

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