Bildung

Angst vor Mathe? Das hilft gegen eine Mathe-Phobie

Kein Schulfach hält Schüler, Lehrer und Eltern so sehr auf Trab wie Mathematik. Wir sagen Ihnen, wie Sie und Ihre Kinder die Angst davor überwinden können.

Keine Angst vor Mathe

Es ist so eine Sache mit der Mathematik. Die einen lieben sie, die anderen fürchten sie. Mathe-Phobie ist hier das Stichwort. Zu welcher Gruppe gehören Ihre Kinder? Zur ersten? Dann haben Sie es gut und können getrost weiterlesen, die Zahlen fliegen Ihren Sprösslingen zu, sie jonglieren nach Belieben mit ihnen, haben Freude an der Abstraktion und lachen über Begriffe wie Algebra und Algorithmus.

Wenn Ihre Kinder allerdings jener Gruppe angehören, die Rechnen und Textaufgaben scheut wie der Teufel das Weihwasser, dann sind Sie hier richtig: Wir sagen Ihnen, wie Sie im zahlenscheuen Nachwuchs die Liebe für Addition und Subtraktion wecken, auf dass sie ein ganzes Schulleben lang anhält und wie Sie somit die Mathe-Phobie überwinden.

Gemeinsam mit Experten vom Institut LernQuadrat Wien haben wir uns auf die Suche begeben, nach Tipps, Ideen und Ratschlägen, wie Sie und Ihre Kinder der Mathematik zu Leibe rücken können, aber auch nach Erfahrungen aus erster Hand – von jenen Schülern und Schülerinnen, die aufgrund rechentechnischer Albträume der Schule widerwillig und mit größter Skepsis begegnen, und von ihren Lehrern, die sich nach absolvierter Matura und Studium (Mathematik natürlich!) wieder in die Schule zurückbegeben haben, um dort auf ihre jungen Wiedergänger zu treffen, die dieselben Unwägbarkeiten des Rechenwesens am eigenen Leib verspüren und nach Hilfe suchen.

Eines ist klar: Mathematik lässt keinen kalt

Nicht sehr überraschend ist, dass eine LernQuadrat-Umfrage unter mehr als 500 Schülern konträre Ergebnisse brachte. Abgefragt wurden die beliebtesten Schulfächer. Und in diesem Ranking war Mathematik an der Spitze der Hitliste – sowohl unter den beliebtesten als auch unter den unbeliebtesten Fächern. Kein Fach polarisiert also so sehr wie die Mathematik.

Für Fabienne, die in Wien eine HTL besucht, liegt die Sache auf der Hand: „Man hat Angst vor schlechten Noten, Angst, weil einem die Lehrer nichts erklären und wir auf uns allein gestellt sind und fürchten, dass wir das Jahr nicht schaffen und durchfallen. Das ist eigentlich die größte Angst in Verbindung mit Mathematik.“
Und für ihren Schulkollegen Benedikt ist klar: „Es haben alle Angst vor Mathe!“ Der gemeinsame Nachhilfelehrer Daniel springt in die Bresche: „Unsere Arbeit ist zu einem großen Teil eine psychologische, nämlich die Angst zu nehmen, auf das Individuum einzugehen. Und was man auch nicht unterschätzen sollte: Der Mathe-Stoff baut streng aufeinander auf – von der Volksschule bis in die Oberstufe. Das heißt: Defizite aus einem Schuljahr schleppt man in alle weiteren mit. Es gehört dann zu unserem Aufgabenbereich als Nachhilfelehrer, dass wir schauen, wo Lücken seit Jahren nicht bearbeitet worden sind. Das kommt oft vor.“

Das erklärt den nach wie vor steigenden Zulauf bei diversen Nachhilfeinstituten und -lehrern.

Was können Eltern tun, um ihr Kind bei Mathe zu unterstützen?

In der Volksschule sind die Unterschiede oft gravierend. Während die einen alles einfach in sich aufsaugen und verstehen, gibt es andere, für die trotz geduldigen Erklärens die Mathe-Aufgaben ein Rätsel sind. Keine Angst: Das ist normal! Kinder im Volksschulalter sind auf verschiedenen Niveaus. Während die einen schon locker rechnen können, müssen sich andere erst langsam diese Fertigkeit aneignen oder durch den Zahlenraum 100 mühen. Lassen Sie daher den Vergleich mit andern Kindern, möglicherweise steht Ihr Kind vor einem Entwicklungsschritt. Manche Aufgaben erscheinen jetzt noch schwierig, doch ein paar Monate später sind sie sonnenklar.

Denken Sie an die Möglichkeit einer Dyskalkulie

Volksschüler sind oft kinästhetische Typen. Sie müssen etwas angreifen, um es „begreifen“ zu können. Daher lassen Sie Ihr Kind „messen“, mit einem Lineal, mit Messbechern und mit verschiedenen Gefäßen. Lassen Sie es teilen, vierteln oder achteln mit Legosteinen. Das Anschneiden einer Pizza oder Torte veranschaulicht das Teilen in mehrere Stücke. Lassen Sie Ihr Kind im Alltag mithelfen beim Einkaufen, beim Zahlen an der Kassa mit Bargeld oder beim Zusammenzählen der Preise der Waren. Lernen mit Praxisbezug ist wichtig und unterstützt das Verständnis des Kindes für Mathematik. Lassen Sie Ihren Volksschüler auch beim Einmaleins-Üben Treppen steigen oder springen. Fragen Sie es bei der Autofahrt ab oder beim Spaziergang. Würfelspiele und andere Gesellschaftsspiele, die gut mit anderen Kindern gespielt werden können, unterstützen das mathematische Verständnis. So wird Lernen nicht zur unbeliebten Pflichtübung, sondern passiert nebenbei im Alltag.

Wenn Sie jedoch merken, dass Ihr Kind langfristig und immer wieder massive Probleme bei den Mathematikaufgaben hat, denken Sie daran, es auf eine Dyskalkulie austesten zu lassen. Wenn eine solche Rechenschwäche festgestellt wird, zögern Sie nicht, sich fachliche Hilfe zu holen.

Bei Mathe stoßen Eltern schnell an ihre Grenzen

Wenn Ihr Kind nun in die Unterstufe kommt, werden die mathematischen Aufgaben anspruchsvoller, spätestens jetzt scheidet das Gros der österreichischen Eltern als Lernhelfer aufgrund eigener Defizite aus. Benedikt sieht das sogar als gewissen Vorteil: „Denn die Eltern sympathisieren eher bei Mathematik, weil auch für sie Mathematik ein Hassfach ist. In Deutsch ist es etwa genau umgekehrt, es ist deine Muttersprache, das musst du können, da ist es mit Eltern eigentlich schwerer. Aber bei Mathematik versteht praktisch jeder, dass es nicht so leicht ist.“

Trotzdem weiß Benedikt aus eigener Erfahrung, was auch alle Experten einhellig betonen, spätestens in der Unterstufe ist Üben das Um und Auf. „Bei mir ist das Einzige, was hilft bei der Vorbereitung für Tests oder Schularbeiten, so viel Zetteln verschwenden, wie geht, das heißt, jedes Beispiel so oft wie möglich durchrechnen. Die Aufgaben nur theoretisch anzusehen, ist bei Mathematik nicht möglich, man muss die Praxis haben, man muss sehr viel rechnen, damit man überhaupt eine Ahnung hat, wie das dann geht, selbst wenn man die Formel versteht.“

Übung macht den Meister, bei Mathematik erst recht

Wie recht er hat: Die Beispiele müssen oft geübt werden und sogut sitzen, dass man sie jemandem erklären kann. Daher: Lassen Sie sich zur Übung von Ihrem Sprössling das Mathe-Beispiel erklären.

Ein häufiges Problem bei Mathematik ist, dass von Schülern die Sinnhaftigkeit des Erlernten nicht erkannt wird. Dabei ist gerade Mathematik ein Fach, das in vielen Berufen benötigt wird. Sammeln Sie gemeinsam mit Ihrem Kind Beispiele, wo Mathematik im Alltag oder im Beruf gebraucht wird. Ist Ihr Kind vor einer Schularbeit zu aufgeregt, helfen Entspannungsübungen.
Tiefes Durchatmen, das Trinken von Wasser und das Durchspielen der Prüfungssituation im Geist helfen dabei, ruhig zu werden. Weiters unterstützen Sie es mit einer ruhigen Lernumgebung, helfen Sie dabei, den Arbeitsplatz frei von Ablenkungen (Weg mit dem Smartphone!) zu gestalten, und zeigen Sie Anteilnahme
am Lernen Ihres Kindes. Motivieren Sie und feiern Sie mit Ihren Sprösslingen Erfolge.

Und noch etwas zum Abschluss: Mathe-Noten sind nicht das Wichtigste im Leben. Das Wesentliche ist, dass die Kinder zu glücklichen Menschen heranwachsen. Oder wie HTL-Schülerin Fabienne es auf den Punkt bringt: „Ich werde froh sein, wenn ich den Mathe-Unterricht überlebe.“

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