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Corona-Krise hat Auswirkungen auf Kindesunterhalt

Im 3. Quartal war die Zahl der Arbeitslosen in Österreich um 29,3 Prozent höher als im Vorjahresquartal. Insolvenzen, Gehaltskürzungen und Jobverlust sind an der Tagesordnung. Unterhaltspflichtige müssen aber den Kindesunterhalt weiterhin in vollem Umfang bezahlen, solange die Summe nicht gerichtlich herabgesetzt wurde, warnen Scheidungsanwälte.

Traurige Mutter traurige Tochter

„Im Unterschied zur Situation nach dem ersten Lockdown merkt man, dass sich die Lage zugespitzt hat“, schildert Scheidungsexpertin Susanna Perl-Lippitsch, Partnerin der Kanzlei Gärner Perl Rechtsanwälte. „Aufgrund der Gehaltseinbußen und der prekären Lage sehen sich viele Unterhaltspflichtige – meist sind es die Väter – nicht mehr in der Lage, den vollen Unterhalt für ihre Kinder zu zahlen. Vielen ist bewusst, dass es sich nicht um ein temporäres Tief in ihrer persönlichen Einkommenssituation handelt, sondern um eine Dauerkrise.“ Diese Situation führt zu starken Spannungen, denn es ist nicht von heute auf morgen möglich, den Unterhalt an das geringere Einkommen anzupassen. Perl-Lippitsch sagt, „Wir haben derzeit mehrere Fälle, bei denen einerseits Mütter darum bangen, weiterhin die festgesetzten Unterhaltsbeiträge tatsächlich zu erhalten, andererseits Väter, die sich aufgrund drastischer Einkommenseinbußen die festgesetzten Beiträge schlicht nicht mehr leisten können.“

Unterhaltszahlungen in der Krise: Die wichtigsten Eckpunkte

  • Kann man sich die Unterhaltshöhe nicht mehr leisten, muss diese gerichtlich neu festgesetzt werden. Das ist natürlich ein großes Problem, da auch die Gerichte derzeit überlastet sind. Es kann Wochen dauern, bis es endlich einen Verhandlungstermin gibt. „Trotzdem kann man nicht einfach einseitig weniger zahlen“, warnt Perl-Lippitsch. „Man riskiert eine gerichtliche Exekution, also eine Gehaltspfändung, und die führt wiederum erst recht zu Problemen mit dem Arbeitgeber, der so etwas meist gar nicht gerne sieht.“
  • Prinzipiell entscheiden Gerichte aber nur dann eine Unterhaltsherabsetzung, wenn sich das monatliche Nettoeinkommen wesentlich verändert – das bedeutet in den meisten Fällen um einen zweistelligen Prozentsatz.
  • Wer vorhat, die Unterhaltshöhe neu festsetzen zu lassen, sollte sofort, am besten per eingeschriebenem Brief, dem Unterhaltsberechtigten mitteilen, dass man die Summe in ihrer vollen Höhe nur unter Vorbehalt von Rückforderungen „Ich empfehle sicherheitshalber, das immer zusätzlich in die Überweisung hineinzuschreiben. Warum? Weil es sonst vorkommen kann, dass der andere die Summe gutgläubig ausgibt und man sie danach nicht mehr zurückfordern kann“, sagt Perl-Lippitsch.
  • Bei Selbstständigen werden prinzipiell zur Berechnung des Unterhalts die vergangenen drei Wirtschaftsjahre herangezogen und ein Durchschnitt wird errechnet. Allerdings ist das Corona-Jahr eine Ausnahmesituation. „Ob im konkreten Fall statt des dreijährigen Durchrechnungszeitraums daher nur die aktuelle Einkommenssituation herangezogen wird, ist noch völlig offen. Das kann nur im Einzelfall beurteilt werden und hängt unter anderem von den Branchen ab, in denen die Unterhaltspflichtigen tätig sind“, erklärt Perl-Lippitsch. Ebenfalls fällt ins Gewicht, wie hoch die Einkommensveränderung ist und wie lange sie bereits andauert bzw. weiter andauern wird. „Es gibt dazu noch keine gefestigte Rechtsprechung.“
  • Was tun, wenn der oder die Unterhaltspflichtige einfach nicht zahlt? „Wir empfehlen als ersten Schritt den direkten Austausch mit dem anderen Elternteil. Ansonsten steht einem natürlich der Exekutionsweg offen oder man beantragt vom Staat einen Unterhaltsvorschuss. Bis zum Jahresende gilt zu diesem noch ein erleichterter Zugang“, rät die Expertin.

 

Scheidungsanwältin Susanna Perl-Lippitsch warnt: „Aufgrund der Krisensituation 2020 ist vieles anders geworden, auch die Situation rund um Unterhaltszahlungen. Informieren Sie sich zuerst über Ihre rechtliche Lage, bevor Sie Entscheidungen treffen.“

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