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GLOSSE: Alltagsgeschichten – Das Kreuz mit dem Kreuz

Petra Pöckl-Hartner ist berufstätig, verheiratet und hat zwei Kinder. Hier schreibt sie über die Hindernisse, die einem als Frau in die Quere kommen können, wenn man versucht, den Alltag möglichst präzise zu planen.

Weihnachten ist ein unberechenbares Fest. Es kann unglaublich viel schiefgehen: Das Christkind bringt die falschen Geschenke, die Kinder verweigern das Singen der Weihnachtslieder oder der Karpfen grundelt. Bei uns beginnen die weihnachtlichen Herausforderungen bereits vor dem Fest: Mit dem Weihnachtsbaum.

In diesem Jahr hat mein Mann erstaunlicherweise ein Exemplar erstanden, das dem Idealbild des heimischen Weihnachtsbaums entspricht. Er ist weder schief noch mickrig und es fallen auch noch nicht die Nadeln ab. Erleichtert schließen wir alle den Baum in unsere vorweihnachtliche Freude ein. Jetzt gilt es nur noch, die Tanne aufzustellen. Und da beginnt es schief zu laufen – im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Kinder halten das Holzkreuz, das als Ständer vorgesehen ist. Mein Mann und ich nehmen die schwere Tanne und wuchten sie in die Öffnung. Offenbar mit etwas zu viel Wucht, denn das altersschwache Kreuz gibt ein Krachen von sich und seinen Geist auf. Was nun? Der Herr des Hauses sprüht voller Lösungen mit Hausverstand. Bis zum heutigen Tag dachte ich, dass eine Autofelge, wie der Name andeutet, für das Auto gebraucht wird. Weit gefehlt: Sie eignet sich auch als Baumständer, jedenfalls theoretisch. Ich äußere meine Zweifel hinsichtlich der optischen Eignung dieser Lösung, meine Einwände werden aber überhört. In Windeseile wird eine Felge in den Wintergarten geschleppt. Die Übung beginnt von Neuem: Die Kinder halten, wir wuchten. Leider auch diesmal ohne durchschlagenden Erfolg. Das Loch in der Felgenmitte ist zu groß, und zwar viel zu groß.

 

„In diesem Jahr hat mein Mann erstaunlicherweise ein Exemplar erstanden, das dem Idealbild des heimischen Weihnachtsbaums entspricht.“

Petra Pöckl-Hartner
zweifache Mama, berufstätig und verheiratet

Aber so schnell geben wir nicht auf. Kein Problem ist zu groß, um nicht gelöst zu werden. Wir gehen das ganze Haus, Zimmer für Zimmer durch. Wo gibt es noch Gegenstände, die man zweckentfremden könnte? Im Keller gibt es doch Weinlagersteine mit baumstammgeeigneten Löchern. Mein Mann bringt einen Stein nach oben, der das Zeug zum Ständer hat. Es scheitert lediglich noch an der Schwerkraft. Bekanntlich bietet ein Weinlagerstein Platz für eine Reihe von Flaschen. Leider ist keine der dafür vorgesehenen Öffnungen zentriert. Baum und Stein bleiben also nicht von alleine stehen. Doch auch dieses Problem lässt sich lösen. Ich äußere erneut meine Zweifel und bekomme nun Wintergartenverbot.

Nach einer gefühlten Ewigkeit weiß ich auch warum: Als mir mein Mann stolz unseren Weihnachtsbaum in der Mitte des Wintergartens präsentiert, entdecke ich in allen Himmelsrichtungen Seile, die im Holz des Wintergartens verankert sind. Ich fühle mich wie im falschen Film. Der Anblick erinnert mich an das Wirrwarr von Lichtschranken, die Tom Cruise in Mission
Impossible überwinden muss, um im Museum an den kostbaren Schmuck heranzukommen. Ich sehe im Geiste die Schweißtropfen, die Tom von der Stirn rinnen, denn sie bilden sich jetzt auch auf meiner. Ich steige aus und in mein Auto, fahre zum nächsten Baumarkt und kaufe das teuerste, weil vermutlich beste Baumkreuz – damit bleibt uns hoffentlich im nächsten Jahr ein Déjà-vu erspart.

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