Erziehung

Good bye, Chaos!

Warum es für Familien oft so schwer ist, ein aufgeräumtes Zuhause zu haben. Und was es braucht, um das Chaos in den Griff zu kriegen.

Jetzt also auch Marie Kondo. Seit die weltberühmte Aufräumexpertin Mutter von drei Kindern ist, habe sie das Aufräumen aufgegeben, sagt sie. Wer weiß schon, wie chaotisch es im Hause Kondo tatsächlich zugeht. Möglicherweise meint ‚Unordnung‘ für die 38-jährige Japanerin auch etwas gänzlich anderes als für alle anderen chaosgeplagten Familien dieser Welt. Mit ihrem öffentlichen Geständnis macht Marie Kondo aber eines deutlich: Mit Kindern ist es schwer, ein dauerhaft aufgeräumtes Zuhause zu haben. Mehrere Menschen auf einem Haufen, wenig Zeit, dafür viel zu viel Zeug. Und in vielen Fällen nur eine Person – meistens die Mutter – , die sich für die Beseitigung des Chaos verantwortlich fühlt: Kein Wunder, dass Ordnung für viele Familien zwar ein Wunsch, aber selten Wirklichkeit ist. „Zu all dem kommt, dass es in vielen Familien häufig kein gutes Ordnungssystem gibt“, sagt Ordnungscoach Manuela Gutschlhofer. Die dreifache Mutter aus der Steiermark weiß aus eigener Erfahrung, wovon sie spricht. Auch ihr wurde das Chaos und das ständige Aufräumen in ihrer Familie irgendwann zu viel.

Zuerst ausmisten, dann aufräumen
„Ich habe gemerkt: So geht es nicht weiter.“ Gutschlhofer fragte sich, ob Ordnung möglich ist, ohne ununterbrochen aufzuräumen und absolvierte die Ausbildung zur zertifizierten Ordnungsberaterin. Heute unterstützt sie andere Menschen dabei, ihr Chaos in den Griff zu kriegen. Stets perfekt aufgeräumt ist es bei ihr aber auch nicht. „Man muss sich ja entfalten können“, lacht die Ordnungsberaterin. „Aber wir schaffen es innerhalb kürzester Zeit, die Ordnung wieder herzustellen.“ Ihr wichtigster Tipp für ein gut geordnetes Zuhause: Nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen. „Ordnung zu schaffen, ist immer erst der zweite Schritt“, betont Gutschlhofer. „Zuerst sollte man ausmisten und weggeben, was man nicht mehr braucht.“ Das Problem vieler Familien sei nämlich das Zuviel an Zeug. Babygewand, aus dem die Kinder schon lange herausgewachsen sind, Bastelarbeiten aus der Schule, vollgestopfte Kleiderschränke und Küchenkästen. Niemand brauche zwanzig Hosen, wahrscheinlich auch keinen Spezialkochtopf für Spargel oder beschädigtes Spielzeug. „Das ist Ballast, den man mit sich herumschleppt.“

Den ‚Kreis schließen‘
Auch Kindern falle es leichter, Ordnung zu halten, wenn es weniger Sachen gibt. Verständlich: 15 Buntstifte sind schneller weggeräumt als 50. Damit sich nach dem Ausmisten Regale und Schränke daheim nicht wieder sofort füllen, helfen bei allen zukünftigen Kaufentscheidungen Fragen wie ‚Bauche ich das wirklich?‘ oder ‚Habe ich dafür überhaupt Platz?‘. Hat man reduziert, kann man ein Ordnungssystem und hilfreiche Routinen entwickeln. Zum Beispiel indem man bei allem, was man tut, den ‚Kreis schließt‘. Was esoterisch klingt, ist ein praktischer Ratschlag von Manuela Gutschlhofer. „Nehmen wir das ‚Projekt Hunger‘. Man geht zum Kühlschrank, richtet sich ein Brot her und isst es. Viele meinen, damit ist es getan. Ist es aber nicht. Erst wenn alles so ausschaut wie vorher, ist das Projekt abgeschlossen.“ Sich und allen Familienmitgliedern anzugewöhnen, die Butter wieder in den Kühlschrank und die Schuhe ins Schuhregal zu stellen, die schmutzige Wäsche in den Wäschekorb zu werfen und das Brettspiel wieder wegzuräumen, helfe, Ordnung auch zu bewahren.

Nicht aufgeben
Ausmisten, passende Ordnungssysteme entwickeln, Routinen finden: All das kostet Zeit. Die ist im Familienalltag Mangelware. Zeitmangel also als willkommene Ausrede, um sich dem Chaos daheim nicht stellen zu müssen? Manuela Gutschlhofer lässt sie nicht gelten. „Fehlende Zeit ist nämlich meist eine Folge fehlender Ordnung und nicht umgekehrt.“ Ein geordnetes Zuhause zu haben, bleibe eine Herausforderung, die man nicht immer bewältigt. Das weiß auch die Aufräumexpertin. Ihr Rat: „Nicht aufgeben! Und wenn es nicht anders geht: Einfach die Tür zum Chaoszimmer zu machen.“

„Fehlende Zeit ist meist eine Folge fehlender Ordnung und nicht umgekehrt" - Ordnungscoach Manuela Gutschlhofer - www.gutgeordnet.at

Tipps für ein ordentliches Zuhause

Jeder Schritt zählt!
Klar, drei Stunden am Stück wären toll, um den Kleiderschrank auszuräumen, Kleidung auszumisten und alles wieder einzuräumen. Die hat man im stressigen Familienalltag allerdings nicht immer. Kleine Zeitfenster von 20-30 Minuten kann man aber auch nutzen, um eine Lade oder ein Regal zu sortieren.

Jedes Ding hat seinen Platz!
Wer kennt’s? Manches räumt man von einer Ecke der Wohnung in eine andere. Und ärgert sich, weil es immer irgendwie im Weg herumsteht. Es hilft, jedem Ding einen fixen Platz zuzuweisen, den alle Familienmitglieder kennen. Dorthin wird es sofort wieder geräumt, wenn man es nicht mehr braucht.

Wozu Ordnung?
Es ist sinnvoll, sich bewusst zu machen, warum man überhaupt mehr Ordnung möchte. Um ein Vorbild für die Kinder zu sein? Um Zeit und Nerven zu sparen? Um Gäste empfangen zu können? Das Ziel zu kennen, kann das Ausmisten und das Finden von Routinen erleichtern.

Kinder miteinbeziehen.
Aber richtig! „Räum bitte dein Zimmer auf!“ Mit einer solchen Ansage können – vor allem kleinere – Kinder nicht viel anfangen. Je nach Alter brauchen Kinder erstens genaue Anweisungen (‚Die Bausteine am Boden räumst du in diese Box.‘) und zweitens ein Ordnungssystem, das sie verstehen (‚Die gelbe Box ist für die Bausteine, in die rote kommen die Autos und in die grüne alle Kuscheltiere.‘).

Zusammen ist es lustiger!
Die Aussicht auf eine Stunde ‚Aufräumen‘ wird wenige Kinder hinter dem Ofen hervorlocken. Eine gemeinsame ‚Aufräumstunde‘ am Wochenende kann trotzdem Spaß machen. Die zu erledigenden Aufgaben werden vorher besprochen und können von den Kindern gewählt werden. Mit cooler Musik und einer Belohnung danach (Eis, ein Film oder ein Spiel) kann sogar aufräumen lustig sein.

Bitte draußen bleiben!
Damit nicht ständig neues ‚Zeug‘ die Wohnung flutet, braucht es laufend aktive Anstrengung. Die kann so aussehen: Großeltern werden gebeten, nicht bei jedem Besuch kleine Geschenke zu bringen, ein ‚Keine Werbung‘-Aufkleber dämmt die Papierflut ein, von Freunden oder Nachbarn ausgemistete Kleidung oder altes Spielzeug wird nur dann angenommen, wenn man es wirklich brauchen kann.

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