Golden Generation

Großeltern statt Kindergarten?

Viele Eltern greifen für die Betreuung der Kinder auf Oma und Opa zurück. Welche Vor- und Nachteile das hat und wie es sich auf die Sozialisation der Kids auswirkt: Wir haben nachgefragt.

„Juhu, morgen bin ich wieder bei Oma und Opa!“ – Diesen oder ähnliche Sätze hört man von den Kleinen häufig, wenn ein Tag mit den Großeltern ins Haus steht. Oma und Opa sind nicht ohne Grund eine beliebte Betreuungsalternative, so verfügbar und bereit, die Enkerl tagsüber zu bespaßen: Die individuelle Betreuung ist für die Kids ein Luxus, für die Eltern eine große Entlastung.

Gute Gründe

„Großeltern unterstützen Eltern in der Kinderbetreuung oft schon vom Babyalter an und werden damit auch früh zu wichtigen Bezugs- oder gar Bindungspersonen für die Kinder. Das erleichtert die Betreuung wesentlich. Im besten Fall sind sie auch rasch und natürlich kostenlos verfügbar“, sagt Psychologin Claudia Rupp. Die Expertin spricht damit nicht nur den Faktor der Kosten für die teilweise teure Betreuung in Kindergärten und anderen Betreuungseinrichtungen an, sondern auch einen weiteren wesentlichen Punkt, der bei der Wahl der Betreuungspersonen eine gravierende Rolle spielt: das Vertrauen. Denn die eigenen Kinder in fremde Hände zu geben, fällt vielen Eltern vor allem am Anfang nicht leicht – da sind die Großeltern oft die ersten Ansprechpartner. Auch für die Kleinen hat das Vorzüge: „Für sehr junge Kinder ist eine familiäre Betreuungsform mit fixer vertrauter Bezugsperson (Eltern, Großeltern, Tagesmutter), die sehr individuell auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen kann, von Vorteil“, so Rupp.

Soziale Kompetenzen

Dennoch ist ein Einstieg in den Kindergarten für die Entwicklung und das Sozialverhalten von Kindern ein ausschlaggebender Aspekt, denn der Umgang mit Gleichaltrigen formt und festigt unter anderem ihre sozialen Kompetenzen, wie die Expertin betont: „Die Sozialisation mit Gleichaltrigen ist eine wesentliche Entwicklungsaufgabe jedes Kindes. Aus Studien weiß man, dass frühe Sozialisation im Kindergarten/der Kindergruppe die Kommunikationsfähigkeit, das Problemlöseverhalten, motorische Fähigkeiten und verschiedene Alltagsfertigkeiten fördert. Auch das prosoziale Verhalten (positives, konstruktives, hilfsbereites Verhalten) wird in der Regel verstärkt.“ Abgesehen von den Vorteilen für die Sozialisation von Kindern sollte auch nicht außer Acht gelassen werden, dass Oma und Opa schlichtweg nicht für alle Eltern verfügbar sind: Oft ist eine frühe Eingewöhnung in den Kindergarten oder die Krippe keine Frage des Wollens, daher ist das Problematisieren ebendieser ein No-Go. Allerdings sind die Grundvoraussetzungen hier ein wesentlicher Faktor, denn die Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder hängen stark von der Qualität der Betreuungseinrichtung ab, so die Psychologin: „Es bedarf – insbesondere bei sehr jungen Kindern! – entsprechender Rahmenbedingungen wie einem guten Betreuungsschlüssel, Kontinuität und einem pädagogischen Konzept.“

Only Human

Auch wenn Oma und Opa auf ihre Enkerl wie Superhelden wirken, sollte man nicht vergessen, dass auch sie nicht unbegrenzt belastbar sind. Wenn die Großeltern vielleicht nicht mehr so fit sind, wird die Betreuung oft schwierig: Merken Eltern, dass Oma und Opa der Zeit- und Betreuungsaufwand zu viel wird, gilt: „Unbedingt ernst nehmen und entlasten! Nach Alternativen oder Betreuungsergänzung suchen: Leihoma/-opa, Kindermädchen, Tagesmutter, Kindergruppe, etc. Es ist auch wichtig, dass Großeltern die eigene Überforderung sich selbst und den Eltern gegenüber eingestehen“, betont Rupp. Natürlich fällt auch Oma und Opa das Loslassen schwer, schließlich ist die gemeinsame Zeit mit den Enkelkindern für beide Parteien wertvoll. Rupp: „Ein kleiner Trost für die Großeltern ist es, dass sie ganz wichtige Bezugspersonen für ihre Enkerln bleiben, speziell wenn schon eine tragfähige Beziehung aufgebaut wurde!“

Die Mischung macht‘s

Schlussendlich ist es wohl ein Mittelweg, der wie so oft eine gute Lösung darstellt: Geht es um die Betreuung der Kids, sind sowohl Kindergarten als auch Großeltern ausdrücklich gewünscht – aufgrund der individuellen Bedürfnisse der Kleinen kann und soll auch nicht nach Schema F agiert werden, denn, so Rupp: „Kinder haben aufgrund ihres Alters, Entwicklungsstandes, Temperaments und innerfamiliärer Sozialisation sehr individuelle Bedürfnisse hinsichtlich geeigneter/ richtiger/bester Betreuungsform – daher ist es schwer, allgemein gültige Aussagen zu treffen.“ Für alle Betreuungsoptionen gilt jedoch: Vertrauen, Kontinuität der Betreuungspersonen und Abstimmung sind die relevantesten Faktoren für ein stabiles Betreuungsverhältnis.

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