Erziehung

Ich will nicht zur Schule!

Dass Schule zwischendurch mal mehr Frust als Lust bedeutet, gehört zum ganz normalen Schulalltag. Doch was, wenn Kinder und Jugendliche die Schule komplett verweigern? Was dahinter steckt und wie Eltern mit diesem Fernbleiben umgehen.

 

So wie Erwachsene auch einmal mehr oder weniger gerne in die Arbeit gehen, im Job gestresst sind und sich über Chef:innen oder Kolleg:innen aufregen, ist wahrscheinlich jedes Kind von Zeit zu Zeit einmal schulmüde. „Ich mag heute nicht in die Schule!“ oder „die Schule nervt so“ oder „boh, warum muss ich da bloß hin!?“ heißt es dann oft, wenn die Kids ihren Unmut äußern – sei es wegen unbeliebten Fächern, stressigen Projektwochen, nervigen Lehrer:innen oder Mitschüler:innen. Oder einfach weil Montag ist.

Dieser alltägliche Schulfrust vergeht in der Regel von alleine wieder. Oft schon, indem durchs reine Benennen der frustrierenden Situation einfach mal Dampf abgelassen wird oder klärende Gespräche so manches wieder gerade rücken. Oder dass stressige Phasen wie bei den Großen meist von erfreulicheren Dingen überlagert werden. Ausgleichende Freizeitaktivitäten etwa, das eine oder andere Erfolgserlebnis oder sonstige motivierende Ereignisse. Oft auch einfach dadurch, dass endlich die nächsten Ferien vor der Tür stehen oder das nächste Wochenende.

 

 

Wenn der ganz normale Schulfrust nicht mehr normal ist

Anders verhält es sich bei Kindern und Jugendlichen, die der Schule gegenüber ganz klare Verweigerungstendenzen zeigen. Das reicht von Kindern, die eine chronische Angst vor der Schule entwickeln und solchen, bei denen eine regelrechte Schulphobie festgestellt wird bis hin zum ständigen Schul- schwänzen. Beim dauerhaften Fernbleiben von der Schule ist im Fachjargon die Rede vom Schulabsentismus. Wobei häufig auch Begriffe wie Schulverweigerung, Schuldistanzierung, Schulflucht oder Schulaversion verwendet werden. Im Grunde sind immer Phänomene gemeint, bei denen Kinder eindeutige Symptome einer Schuldistanzierung aufweisen und Schule und Unterricht ernsthaft verweigern. „Die Kinder können oft morgens nicht aufstehen, obwohl sie hellwach sind. Sie klagen über unterschiedliche Schmerzen und Symptome von Kopfweh, Übelkeit bis hin zu Durchfall, Erbrechen, Schlaflosigkeit sowie Angstzustände vor dem Einschlafen bzw. dem bevorstehenden Tag“, erzählt Eugenie Kostistansky. Die diplomierte Dyskalkulie- und Legasthenietrainierin sowie Waldorfpädagogin arbeitet seit mehr als 17 Jahren mit Kindern und Jugendlichen, die unter anderem vehement den Unterricht boykottieren. Als Leiterin der Lernhilfe-Plattform „lernenleichtgemacht.at“ hat Kostistansky, wie sie sagt, schon so „viele belastete Familien“ begleitet und konnte betroffenen Kindern zum Schulabschluss verhelfen.

 

 

Warum Kinder die Schule verweigern

So vielfältig wie die Symptome von Kindern, die unter Schulangst bzw. einer Schulphobie leiden, seien laut Kostistansky auch die Ursachen. Das könne Angst vor Schüler:innen oder Lehrer:innen sein. Oder auch Angst vor psychischer und physischer Gewalt in der Familie. Oder Überforderung. Häufig würden auch Kinder aufgrund von Teilleistungsschwächen wie Dyskalulie oder Legasthenie in eine Negativspirale von Überforderung und Abwertung geraten. Auch Überforderung seitens der Eltern sei immer wieder ein Thema, wenn zum Beispiel Eltern ihr Leben selber aus unterschiedlichen Grün- den nicht im Griff haben. „Ich hatte oft mit Kindern zu tun, die deshalb nicht von Zuhause weg wollen, weil sie das Gefühl haben, für Mama oder Papa verantwortlich zu sein, weil sie etwa Angst haben, dass ihnen etwas angetan wird oder sie sich selbst etwas antun“, weiß Kostistansky. Ein großes Problem sei auch die Leistungsangst, etwa bestimmten Erwartungen nicht zu entsprechen. „Gerade auch in überbehüteten Elternhäusern kommt es bei Kindern immer wieder zu Versagens- ängsten mit der typischen Sichtweise, dass Kinder meinen, nichts Wert zu sein oder nicht gut genug“, so die Pädagogin. Gerade ein gesundes Selbstwertgefühl spiele oft eine entscheidene Rolle darin, inwieweit Kinder von schwierigen schulischen Umständen aus der Bahn geworfen werden können. Deshalb sei es nicht nur in ihrer Arbeit, sondern vor allem auch für die Prävention so wichtig, (schulische) Leistung immer vom Wert der Person zu entkoppeln. „Ich sehe dich, wie du bist und ich bin für dich da, egal was passiert“, lautet eine von Eugenie Kostistanskys Faustregeln. Im Endeffekt gehe es stets darum, die Probleme der Kinder immer ernst zu nehmen und nie aufzuhören mit dem „reden, reden und noch mal reden“. Ihr Tipp an alle Eltern, ob betroffen oder nicht: „Hören Sie Ihren Kindern zu! Beobachten Sie Ihr Kind ohne es zu kontrollieren! Wofür interessiert es sich, wie schaut sein Umfeld aus? Trauen sie den Kindern etwas zu und heben Sie seine Stärken hervor!“ Und ganz wichtig: „Haben Sie den Mut, sich professionelle Hilfe zu holen, wenn Sie es alleine nicht mehr schaffen!“ Soll heißen: In einem ersten Schritt unbedingt Lehrer:innen und Schulpsycholog:innen ins Boot holen. Egal welche Maßnahmen am Ende sinnvoll erscheinen: Kinder sollen lernen, mit Stress- und Konfliktsituationen umzugehen, was wiederum den Selbstwert, die Kontaktfähigkeit und die sozialen Kompetenzen stärkt.

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