Nachhaltigkeit

„Nicht schlimm, das reparieren wir!“

Dieser einfache Satz kann nicht nur traurige Kinder trösten, sondern bringt auch ressourcenschonendes Verhalten bei – und das nicht nur Kindern!

Das Loch im Pulli oder die angeknackste Lieblingstasse lassen sich mit etwas Geschick und dem richtigen Material schnell zu Hause reparieren. Doch gibt das Handy oder die Waschmaschine ihren Geist auf, wird oft schnell in den Geldbeutel gegriffen – Ersatz muss her.

Zeit und Geld

Doch bevor man sich durch Onlinebewertungen arbeitet, um anschließend viel Geld in eine Neuanschaffung zu investieren, kann man sich über Reparaturmöglichkeiten informieren. Das spart mitunter Zeit – nicht nur uns, sondern auch der Natur, die sie dringend für die Produktion nachwachsender Rohstoffe braucht. Denn bekannterweise verbrauchen wir mehr Ressourcen, als nachproduziert werden können. Am sogenannten Earth Overshoot Day sind alle innerhalb eines Jahres nachgewachsenen Ressourcen aufgebraucht. Statt zum Jahresende, erreichen wir diesen Tag aktuell bereits nach etwa einem halben Jahr. Wir leben als hätten wir nicht eine, sondern 1,6 Erden zur Verfügung. 2020 fiel der Tag wegen den Auswirkungen der Corona-Pandemie „erst“ auf den 22. August, „so spät“ war er das letzte Mal 2005 (am 25. August).

Das Einsparen von Ressourcen hat einen großen Einfluss. Markus Piringer von der Umweltberatung Wien erklärt: „Würden alle Waschmaschinen, Notebooks, Staubsauger und Smartphones in der EU nur ein Jahr länger benutzt, würden jährlich rund vier Millionen Tonnen CO2 eingespart: „Das ist dieselbe Menge, die rund zwei Millionen weniger Autos einsparen würden!“

Von A-Z selber reparieren

Reparaturen lässt man in manchen Fällen am besten von Fachpersonal durchführen – das ist im Fall des Falles sicherer und erhöht die Chance, dass nicht bald wieder die nächste Reparatur nötig ist oder sogar zusätzlich verursachter Schaden entsteht. Wenn Elektrik oder giftige Stoffe im Spiel sind, die Zeit fehlt oder das reparaturbedürftige Gerät zu schwer ist um selbst transportiert zu werden, kann auf der Website reparaturfuehrer.at das passende Reparatur-Angebot gefunden werden. Bei vor kurzem gekauften Produkten ist es ratsam, sich vor der Reparatur zu informieren, ob der Hersteller für die Reparatur verantwortlich ist. Und es ist kein Vorurteil, dass manche Hersteller eine Reparatur bewusst erschweren: „Unsere Reparateure machen immer häufiger die Erfahrung, dass die Reparatur von Produkten schwerer fällt. Es muss endlich Zugang zu allem, was zur Reparatur benötigt wird, wie Ersatzteile und Schaltpläne gewährt werden – vor allem für unabhängige Reparatur-Betriebe, denen nicht der Verkauf neuer Geräte, sondern die Reparatur am Herzen liegt“, fordert Markus Piringer von der Umweltagentur Wien. Laut dem Recht auf Reparatur müssten Hersteller diesen Zugang zu Ersatzteilen gewährleisten, wobei es ein heikler Punkt ist, dass diese Ersatzteile natürlich auch produziert werden müssen. Nicht öffenbare Gehäuse jedenfalls würden dann der Vergangenheit angehören.

Gemeinsames Entdecken

Wenn es in der Werkstatt nicht nur nach Gummi oder Lösungsmitteln riecht, sondern auch nach Kaffee und Kuchen, dann ist es vielleicht ein Reparatur-Café. Das erste dieser Art wurde 2009 in Amsterdam eröffnet und das Konzept verbreitet sich seither unter diesem Namen international. Nach Schätzungen der Umweltagentur gibt es in Österreich derzeit zwischen 120 und 150 Initiativen zu Reparatur-Cafés. Es ist also durchaus wahrscheinlich, dass man ein solches Angebot in der näheren Umgebung findet. Reparatur-Cafés und offene Werkstätten bieten die Möglichkeit, kaputte Gegenstände günstig und mit fachkundiger Hilfe selbst zu reparieren. Neben einer Grundausstattung wie Nähmaschinen und Werkzeugen gibt es teilweise sogar 3D-Drucker, Lasercutter oder Ton- und Steinbearbeitungswerkzeuge. Die Internetseite reparaturnetzwerk.at bietet eine Übersicht über alle offene Werkstätten in Wien, die Website repanet.at über Reparatur-Cafés und -Initiativen in ganz Österreich.

Diese sind meist nur an bestimmten Tagen in der Woche oder im Monat geöffnet, die Infos findet man online. Bei der Reparatur helfen meist ehrenamtliche Mitarbeiter, oder vielmehr: leidenschaftliche Bastler. „Die Corona-Pandemie war auch für die Reparatur-Bewegung ein schwerer Rückschlag“, sagt Piringer, viele kleine Werkstätten bleiben geschlossen. Manche großen Initiativen haben jedoch Lösungen gefunden um den Betrieb teilweise aufrecht zu erhalten – damit etwa der Ausfall der Teigrührmaschine in der Vorweihnachtszeit nicht zum überstürzten Neukauf führen musste.

YouTube-Schatz

Als wahre Fundgrube für Interessierte erweist sich in diesem Zusammenhang wenig überraschend das Internet. Es gibt unzählige Bastlerseiten und Reparaturanleitungen für quasi alles. Oft auch in Form von informativen Videos, die vorzeigen wie vorgegangen wird und worauf geachtet werden muss. Da ist es dann mitunter überraschend einfach, einen neuen Akku für einen Playstation-Controller zu bestellen und diesen selbst auszutauschen, statt um das Dreifache des Preises einen neuen Controller zu kaufen. Dass immer mehr Menschen Dinge selbst reparieren, hat übrigens klar positive Auswirkungen: Laut Schätzungen des Re-Use und Reparatur-Netzwerks Österreichs, Repanet, bewirkt die Arbeit der 150 Reparatur-Initiativen in Österreich eine Einsparung von 1.110 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr und die Vermeidung von 210 Tonnen Abfall.

 

„Würden alle Waschmaschinen, Notebooks, Staubsauger und Smartphones in der EU nur ein Jahr länger benutzt, würden jährlich rund vier Millionen Tonnen CO2 eingespart: „Das ist dieselbe Menge, die rund zwei Millionen weniger Autos einsparen würden!“
Markus Piringer,
Umweltberatung Wien

WICHTIG ZU WISSEN: Der Gewährleistungsanspruch

Unabhängig von der Garantie, bei der es sich um eine freiwillige Leistung des Herstellers handelt, hat jeder Konsument ein gesetzlich festgeschriebenes Recht auf Gewährleistung. Das bedeutet, die Funktionalität eines Produktes muss bei der Übergabe und für einen bestimmten Zeitraum gewährleistet sein. Geht etwas kaputt, muss es entweder ausgetauscht oder repariert werden. Ist dies nicht möglich oder wäre der Aufwand zu hoch, kann eine Preisminderung oder Vertragsauflösung stattfinden.
Derzeit greift das Gewährleistungsrecht nur, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Mängel schon zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden waren und es gilt auch nur für eine bestimmte Zeit, abhängig von der Produktkategorie für entweder ein, zwei oder drei Jahre. Ausführliche Informationen zur Gewährleistung und Garantie bietet zum Beispiel der Verein für Konsumenteninformation auf seiner Website www.vki.at.

Die künstliche Produktalterung
Die Produkte aus Großmutters Zeiten scheinen tatsächlich öfter ein Leben lang zu halten, während das „neumodische Zeug“ nicht nur sprichwörtlich auseinanderfällt. Dieses Klischee hat einen wahren Kern: geplante Obsoleszenz. So wird das bewusste Einbauen von Schwachstellen in Produkten zur Verkürzung von deren Lebenszeit bezeichnet. Das kann über Sollbruchstellen hinausgehen: In Extremfällen schalten zum Beispiel speziell entwickelte Mikrochips Drucker frühzeitig aus, etwa nach einer bestimmten Anzahl gedruckter Seiten.
Um diesen Ärgernissen möglichst aus dem Weg zu gehen, rät das Reparaturnetzwerk Wien, sich schon beim Kauf bezüglich der Reparaturmöglichkeiten beraten zu lassen. Vor allem Fachgeschäfte, die selbst Reparaturen anbieten, sind hier gute Anlaufstellen. Um vorausschauend einzukaufen, fragt man am besten nach der Verfügbarkeit der Ersatzteile und ob im Falle eines Defektes die Möglichkeit zur Reparatur besteht.

Das Recht auf Reparatur
Mit dem „Recht auf Reparatur“, das derzeit im EU-Parlament diskutiert wird, sollen Produkte gesetzlich vorgeschrieben zukünftig so designt und produziert werden, dass sie einfach repariert werden können. Dann könnten etwa Hersteller keine Handys mehr bauen und verkaufen bei denen Handy-Akkus nicht ausgetauscht werden können, weil das Gehäuse nicht abnehmbar ist. Das EU-Parlament fordert zusätzlich ein einheitliches System für Ladegeräte, um so Elektronikabfall zu vermeiden. Reparaturen tragen jedenfalls dazu bei, Abfallberge zu verringern. Ein alltägliches Beispiel für die Abfallberechnung in der Produktion gibt die Umweltberatung: Ein Handy wiegt ungefähr 150 Gramm, rechnet man jedoch das Material, das zur Produktion verwendet wurde zusammen, werden schon im Vorfeld rund 75 Kilogramm Abfall produziert. Wer ein Handy repariert, statt alle zwei Jahr neu zu kaufen, spart erhebliche Mengen an Ressourcen.

Netzwerke und Informationen

Diese nützlichen Informationsseiten geben einen Überblick über das regionale Angebot zum Thema Reparatur.

WO KANN ICH WAS IN MEINER NÄHE REPARIEREN LASSEN?
Eine Auflistung von Reparaturservices in ganz Österreich, sowie Tipps und Neuigkeiten zu offenen Werkstätten: www.reparaturfuehrer.at

Alles zu Reparaturen in Wien, von Anlaufstellen, Infos zu offenen Werkstätten und dem Reparaturbonus der Stadt Wien: www.reparaturnetzwerk.at

Der Verein RepaNet, das Re-Use und Reparatur-Netzwerk Österreich fasst online Aktionen und Reparatur-Netzwerke in ganz Österreich zusammen: www.repanet.at

Im Reparaturzentrum R.U.S.Z. in Wien werden nicht nur Dinge repariert, es können auch reparaturfreundliche Waschmaschinen gemietet werden, bezahlt wird per Waschgang, wer weniger wäscht, zahlt weniger: www.rusz.at

In Villach findet einmal im Monat das größte Reparatur-Café Österreichs statt. Etwa 50 Ehrenamtliche reparieren durchschnittlich 120 bis 130 defekte Gegenstände an einem Tag: www.unruhestandaktiv.at

 

Gabriele Grün,
Recycling Kosmos

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