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Scheidungsrate: Rechtsanwälte verzeichnen 30 % Anstieg

Die Scheidungsrate in Österreich ist seit Jahren konstant – doch heuer ist sie in Bewegung. Corona-Scheidungen sorgen seit diesem Sommer für einen Andrang vor Gericht, mit Verzögerungen ist zu rechnen.

Mann und Frau streiten

Während die neuen Zahlen der Statistik Austria 2019 eine für Österreich gängige Scheidungsrate von etwa 40,7 % aufzeigen, wird es heuer spannend: 2020 zeichnet sich bereits als Scheidungsjahr aus. „Die Anfragen haben deutlich zugenommen“, schildert Clemens Gärner, Partner der Wiener Familienrechtskanzlei Gärner Perl Rechtsanwälte. Gemeinsam mit Kanzleipartnerin Susanna Perl betreut er jährlich etwa 100 Fälle. „Der Sommer ist eine an sich sehr starke Zeit für Scheidungen. Wir haben diesen Sommer aber einen Anstieg der Scheidungsrate um noch mal 30 Prozent registriert.“

Zum einen haben viele Menschen jetzt Scheidungen in die Wege geleitet, die das bereits vor der Corona-Krise vorhatten, ihre Pläne aber bisher schlecht umsetzen konnten. „Andere wiederum sind aufgrund des geballten Zusammenseins erst draufgekommen, dass sie diese Ehe keinesfalls weiterführen wollen“, sagt Gärner. „Dazu kommt, dass die Fälle von Gewalt in der Familie in dieser Phase angestiegen sind.“ Und letztlich sind viele in dieser Zeit überhaupt erst an relevante Informationen gekommen – beispielsweise Beweise, dass der Partner sie betrügt.

Soziale Isolation ließ Affären auffliegen

Gärner schätzt, dass 80 Prozent der Ehen am Fremdgehen scheitern. „Wie sich gezeigt hat, fliegen Affären während der gemeinsamen sozialen Isolation schnell auf. Denn heute sind viele Beweise digital – beispielsweise Fotos am Handy oder WhatsApp-Botschaften. Während der Corona-Zeit ist so mancher unvorsichtig geworden, ist praktisch unter den Augen des Partners fremdgegangen und hat dann das eigene Handy unversperrt herumliegenlassen“, analysiert Gärner.

Verschärfung während des Sommers

Aufgrund der Sommerurlaubszeit haben sich die Anzahl der Scheidungsanträge noch einmal verschärft. „Anstatt wegzufahren, verbrachten heuer zum zweiten Mal viele Menschen die Zeit gemeinsam zuhause. Die, die weggefahren sind, hatten zum Teil sehr viel Stress an den Grenzen. Dadurch wird so manche Beziehung abermals belastet“, sagt der Experte.

Keine Babyelefanten im Richterzimmer

Keine Babyelefanten im Richterzimmer

Das gestiegene Scheidungsvolumen trifft auf Gerichte, die noch den Rückstau an Fällen bewältigen müssen und zudem nur beschränkten Platz bieten können. „Verhandlungstermine für strittige Scheidungen gibt es im besten Fall erst im November, wahrscheinlicher ist nächstes Jahr“, sagt Gärner. Einvernehmliche Scheidungen gehen in aller Regel schneller, da hilft es, wenn der Anwalt viel im Familienrecht tätig ist und guten Kontakt zu den Richtern hat. „Die örtliche Situation ist beschränkt. Früher fanden viele Termine in den Richterzimmern statt, doch dort gehen sich leider keine Babyelefanten aus.“  Gärner empfiehlt, bei Scheidungsplänen möglichst bald rechtlichen Beistand zu suchen, um den Prozess in Gang zu setzen. „Aufgrund der Wartezeiten vor Gericht muss man damit rechnen, dass sich auch die eigene Scheidung verzögert.“

Clemens Gaerner
Familienrechtsspezialist Clemens Gärner

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