"Die Erholung muss in den Ferien natürlich vordergründig sein. Vor allem die ersten paar Sommerwochen sollten nichts mit dem Thema Schule zu tun haben."

Mag. Birgit Bauer www.derpauker.at
Bildung

„Schüler können in den Ferien neue, Lernstrategien entwickeln“

Birgit Bauer ist Sprachtrainerin und Lernbetreuerin. Durch ihr Lernzentrum „Der Pauker“ sammelt sie viel Erfahrung beim Lernen in den Ferien.

lernen sommerferien

Wie wichtig ist Lernen in den Ferien, und welche Kinder sollten den Sommer nutzen, um zu büffeln?
Birgit Bauer: Die Erholung muss in den Ferien natürlich vordergründig sein. Vor allem die ersten paar Sommerwochen sollten nichts mit dem Thema Schule zu tun haben. Aber es ist immer sinnvoll, den Vorjahresstoff zu wiederholen, besonders dann, wenn ein Kind schlechte Noten hat oder gar eine Nachprüfung ansteht. Hier sollte man etwa sechs Wochen vor der Prüfung mit dem Lernen und eventuell mit einem Nachhilfeunterricht beginnen.

Sechs Wochen lernen? Wow! Das klingt ziemlich lang.
Das muss man relativ betrachten. Je früher ich anfange, desto weniger Stress entsteht für Kind und Eltern. Außerdem ist dann das Lernpensum pro Tag deutlich geringer, als wenn ich ganz zum Schluss der Ferien versuche, mir noch schnell alles für die Nachprüfung einzutrichtern. Ich nenne das auch gerne Bulimielernen: viel Stoff in kürzester Zeit auswendig lernen und nach der Prüfung noch schneller vergessen. Da sind tägliche, kleine Lerneinheiten sinnvoller. Zwischendurch sollten immer wieder Ruhe- und Wiederholungstage eingelegt werden. So gelingt es, den Stoff ohne Druck durchzuarbeiten und die Ferien zu genießen. Falls keine schulischen Probleme vorliegen, dann ist es trotzdem ratsam, die aufbauenden Schulinhalte wie Vokabeln oder Formeln in der letzten Woche vor dem Schulstart aufzufrischen. Hier genügen zwei Lerneinheiten täglich, von jeweils 30 bis 60 Minuten. Es sollte dabei aber kein Druck entstehen.

Kann es sein, dass gerade in der schulfreien Zeit das Lernen wirklich Spaß machen kann?
Stimmt, weil die Kinder ohne Zeit- und Leistungsdruck üben können. Außerdem können die Schüler für sich selbst verschiedene, ganz neue und lustige Lernstrategien entdecken. Ich denke da an Lesen am Strand, im Urlaub im Restaurant auf Landessprache bestellen, Lerngruppen mit Freunden bilden, und danach geht man gemeinsam Eis essen. Hier ist alles erlaubt, was dazu beiträgt, dass Lernen Freude bereitet. Und, wenn es hilft, warum nicht auch bestimmte Gesellschaftsspiele, Handy-Apps, Lerncamps oder Sprachferien testen?

Wie sehr sollten sich die Eltern beim Sommerstrebern einbringen?
Sollte wirklich eine Verbesserung der Noten das Ziel sein oder das Bestehen einer Nachprüfung, dann ist es gut, wenn Schüler – bei jüngeren gerne zusammen mit den Eltern – einen Lernplan entwickeln. Da wird der Lernstoff strukturiert und geplant, welche Themen an welchem Tag wie lange durchgenommen werden, wann wiederholt wird, wann ruhige Pausen und wann Freizeitaktivitäten stattfinden. Dem Stoffgebiet, das am problematischsten ist, sollte die meiste Zeit eingeräumt werden. Wenn man merkt, dass das Kind alleine zu wenig Zeit investiert, nicht effizient lernt oder sich mit dem Stoff nicht auskennt, ist es sinnvoll, Hilfestellungen anzubieten. Das Kind sollte man zunächst fragen, was es sich wünscht oder braucht, um besser lernen zu können. Oft kommen überraschend klare Antworten und Lösungsvorschläge.

Was macht man, wenn das Kind so gar nicht lernen will?
Dann sollte man herausfinden, was der Grund sein könnte. Man muss Verständnis dafür zeigen und hier als Elternteil seine eigenen Gefühle hinten anstellen. Vielleicht ist schlichtweg kein Interesse für den Stoff da. In diesem Fall ist es überlegenswert, wie dieser spannender oder einmal aus einer ganz anderen Perspektive präsentiert werden könnte. Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Manchmal ist ein Fach negativ behaftet, aufgrund von schlechten Noten in der Vergangenheit, Versagensängsten des Kindes und dem Gefühl, „das nie zu schaffen“. Ebenso könnten die Ablehnung eines Lehrers oder generelle Prüfungsangst sowie sogenannte Wissensblackouts die Ursachen sein. Hier ist es ratsam, diese Blockaden zu lösen. Denn erst dann gelingt es dem Kind wieder, effektiv zu lernen. Wenn man als Eltern nicht weiter weiß, wäre das Heranziehen eines spezialisierten Kindermentaltrainers empfehlenswert. Wir erzielen damit regelmäßig sehr gute Erfolge. In manchen Fällen erwarten die Eltern zu viel von ihrem Kind. Selbst wenn unausgesprochen,  spürt es das Kind dennoch. Diese Angst, Mutter und Vater zu enttäuschen, führt unweigerlich zu enormen Druck und Verunsicherung, was wiederum schlechte Schulergebnisse verursachen kann. Ein Teufelskreis, zu dessen Durchbrechung die Eltern ihren Teil beitragen müssen.

Gibt es Geheimtricks, wie Kinder spielerisch nebenbei lernen können, ohne es richtig zu merken?
Bei Jugendlichen, die regelmäßig soziale Medien wie Facebook oder Instagram nutzen, kann man diese auf die Fremdsprache umstellen, die gelernt werden sollte. Kinofilme kann man sich ebenfalls auf Englisch, Französisch oder Spanisch ansehen.

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