Ein Drittel der Lehrer ist frustriert und wenig motiviert.

Ing. Mag. Stefan Gros www.glueck-macht-schule.at
Bildung

„Wir versuchen, die Jugendlichen in Selbstverantwortung zu bringen“

Glückscoach und Schulberater Stefan Gros im Interview über das Prinzip Glück, die häufigsten Wünsche von Schülerinnen und Schülern und die große Bedeutung von Mitsprache in der Schule.

Warum werden Sie von Schulen geholt?
Meistens kommen Anfragen von engagierten Lehrerinnen und Lehrern. Ich werde oft gefragt, ob man Glück lernen kann. Es ist eine subjektive Erfahrung, die man nicht lernen kann. Man kann aber Fähigkeiten erwerben, durch die man öfter glücklich wird.

Wie wird auf Sie und Ihre Kolleginnen reagiert?
Man wird meist mit großen Augen angeschaut, wenn man Jugendliche fragt, wie sie Schule gerne hätten. Sie ist ein Ökosystem, das für die Lehrerschaft gemacht ist, und nicht für Schülerinnen und Schüler. Die Lehrerschaft hat meist miserable Arbeitsbedingungen – es gibt keinen eigenen Schreibtisch, das Lehrerzimmer ist überfüllt, und man kann dort nicht vernünftig arbeiten. Schülerinnen und Schüler sind keine gleichwertigen Partner.

Was sind die häufigsten Wünsche von Schülerinnen und Schülern?
Wir versuchen, die Jugendlichen in die Selbstverantwortung zu bringen und als Partner an den Tisch zu holen. Man regt Schülerinnen und Schüler dann an, eigene Projekte umzusetzen. Das kann zum Beispiel die Einführung einer Schülerzeitung sein, Whiteboards mit Tauschzentralen oder Schuluniformen in Form von Hoodies und T-Shirts mit dem Schullogo. Wir begleiten Projekte, die sozial orientiert sind. All das soll von den Jugendlichen kommen und durchgeführt werden.

Welche Rolle spielt das Verhältnis Lehrerschaft und Schülerinnen und Schüler?
Das ist immer ein entscheidendes Thema. Schülerinnen und Schüler müssen zum Beispiel manchmal beim Lehrerzimmer anklopfen, weil sie etwas brauchen. Lehrerinnen und Lehrer fühlen sich davon aber oft gestört. Die Frage ist dabei: Wie gehen Erwachsene mit jüngeren Menschen, von denen sie der Meinung sind, dass sie unfertig sind, tatsächlich um?

Das klingt, als ob Mitsprache ein Weg wäre, der Schüler glücklicher machen würde.
Ja, aber leider unterschätzen selbst gute Lehrer das, was Schülerinnen und Schüler in Selbstverantwortung machen können. Wenn man fragt, was Schüler können müssen, kommt häufig die Antwort, dass sie Dinge kritisch hinterfragen sollen, doch die Schule macht das Gegenteil. Wenn jemand tatsächlich kritisch nachfragt, ist er ein Störfaktor.

Geht es in Ihrer Arbeit vor allem um Konflikt- und Kommunikationskultur?
Es geht vor allem um Haltung, aber auch um Konfliktkultur zwischen den Lehrerinnen und Lehrern. Es gibt keinen Berufsstand in der Welt, der so eine professionelle  Opferhaltung kultiviert hat wie die Lehrerschaft. Alle sind arm und nahe am Burn-out. Dabei haben sie viel Urlaub, angenehme Arbeitszeiten und den sinnvollsten Job. Es gibt viele sehr engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die aber häufig wenig Unterstützung erhalten. Leider ist aber ein Drittel sehr frustriert und wenig motiviert.

Wie groß ist die Bereitschaft der Lehrerschaft, etwas zu ändern?
In öffentlichen Schulen ist ein Drittel motiviert und arbeitet bei unseren Projekten engagiert mit, ein Drittel ist zurückhaltend, und ein weiteres hat keine Motivation. Wenn ich Schulkonferenzen mache und die Lehrer frage, was sie in der Schule erreichen möchten, antwortet ein großer Teil, dass er in Pension gehen möchte.

Sind die Schüler motiviert?
Wenn man das Jugendliche fragt, erntet man meist Schweigen. Denn man beginnt die Schulkarriere mit hoher Motivation, die dann sinkt. Man wird mit Stoff, den keiner je braucht, autoritär beschallt und muss Prüfungen machen, die mehr oder weniger unfair sind. Hinzu kommen Druck und Stress. Wenn man die Selbstwirksamkeit bei Schülerinnen und Schülern weckt, ist es bemerkenswert, was möglich ist.

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