AV1, der Roboter im Klassenzimmer
Roboter AV1 soll es langzeitkranken Kindern ermöglichen, selbstbestimmter an ihrem eigenen Leben teilzuhaben und nicht in die Isolation zu fallen.

In Zeiten der umfassenden Digitalisierung sind Vereinsamung und Isolation ein großes Thema. Technische Innovationen wie Roboter und soziale Netzwerke stehen teilweise dafür im Kreuzfeuer der Kritik, die soziale, persönliche Interaktion zwischen Menschen zu verdrängen und. Was aber, wenn Sie genau diese ermöglichen kann, wo sonst keine Möglichkeit zu Nähe besteht? Das norwegische Start-up „No Isolation“ unter CEO Karen Dolva will einen Weg gefunden haben, Menschen durch Robotik zu verbinden.
Kranke Kinder werden vom Roboter vertreten
Kinder, die an Langzeiterkrankungen leiden, laufen besonders stark in Gefahr den Anschluss an den Unterricht zu verlieren. Und nicht nur die verlorenen Unterrichtsstunden sind es, die fehlen: die Kinder verlieren einen Teil ihrer Kindheit, viele fühlen sich einsam und vermissen ihre Freunde. „No Isolation“ hat darum einen Roboter entwickelt, der kranke Kinder im Unterricht quasi ‚vertritt„.
„AV1“ heißt der kleine Robotik-Stellvertreter für Kinder. Er ist rund 30 Zentimeter groß und besteht aus einem Kopf mit freundlichen Augen. In seinem Rumpf befindet sich ein Lautsprecher. Solange „sein“ Kind krank ist, sitzt AV1 in der Klasse, erklärt Karen Dolva, Geschäftsführerin des 2015 gegründeten, aus einem Forschungsprojekt hervorgegangenen norwegischen Start-ups: „Er ist dort, wo das Kind selbst nicht sein kann. Der Roboter dient dem Kind als Augen und Ohren.“
Das Kind kann den Roboter intuitiv von zuhause oder auch aus dem Krankenhaus steuern. Via Smartphone oder Tablet bestimmt es, wohin er schaut. Via Lautsprecher kann es mit Freunden sprechen und durch ein eingebautes Mikrofon hören, was sie sagen. Die Kommunikation ist verschlüsselt, die Informationen fließen nur nach Eingabe eines Passworts und nur zwischen Kind und Roboter.
Die Kinder geben AV1 einen eigenen Namen
Der technisch klingende Name „AV1“ bleibe den kleinen Roboter-Schülervertretern meist nicht lange, so Dolva. Die Kinder würden „ihrem“ Roboter zu einem Teil ihrer selbst machen, personalisieren ihn indem sie ihm Mützen und Kappen aufsetzen, Schals umbinden oder ihn mit Stickern bekleben. „Er wird zu einer Erweiterung des Ich“, freut sich Karen Dolva.
807 „AV1“-Roboter befinden sich bereits in Europas Klassenräumen, vor allem in Norwegen, Großbritannien und den Niederlanden. „Laut Schätzungen gibt es in Europa eine halbe Million chronisch kranke Kinder – Kinder mit Krebs, Autoimmunerkrankungen oder Behinderungen. Sie alle wollen wir erreichen“, so Dolva. Ein Hindernis könnten die Kosten sein – die Eltern müssen für Roboter und Wartung zahlen, außer die Schule übernimmt die monatlichen Kosten von rund 200 Euro pro Roboter. Auch in Österreich verhandle man schon mit ersten Schulen, heißt es von Unternehmensseite.
Roboter sollen auch Seniorinnen und Senioren aus der Isolation holen
Aufbauend auf den Erfahrungen mit Schülern bietet „No Isolation“ auch Seniorinnen und Senioren technologische Unterstützung an. Denn die sind durch zunehmende Immobilität und Krankheiten ebenfalls von sozialer Isolation bedroht. Diese kommt in Form eines bewusst einfach gehaltenen Computers: „Wir haben einen Computer entwickelt, den auch Menschen mit beginnender Demenz, mit Einschränkungen beim Sehen oder Hören benutzen können“, sagt Dolva über die seniorengerechte Entwicklung.
Es gibt nur einen großen Knopf, mit dem der Tablet-ähnliche Computer bedient wird. Die Stimmen sind laut und klar, es gibt keinen Touchscreen, keine komplizierte Navigation. Eine App verbindet die Familie, über sie können Fotos und Videos ausgetauscht werden. Technologie ist für Karen Dolva alles – von einer Schere über eine Waschmaschine bis hin eben zu Computer und Roboter. Es komme immer darauf an, was die Menschen daraus machen – und da seien die Möglichkeiten besonders für Menschen mit Einschränkungen noch nicht ausgeschöpft, ist die norwegische Forscherin überzeugt.
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