Erziehung

„Es ist wichtig, authentisch von Gott zu sprechen. Auch Zweifel können ihren Platz haben.“

Die angehende, evangelische Pfarrerin Julia Schnizlein im Interview über Gott, die Wertschätzung für andere Religionen, die Wichtigkeit des Gebets und den Glauben als Geschenk für junge Eltern.

Wie erklärt man Gott?
Julia Schnizlein: Kindgerecht würde ich es wohl so ausdrücken: Gott ist der- oder diejenige, der mich wollte, noch bevor ich im Mutterleib gemacht wurde. Der mich seit jeher liebt und begleitet und mich am Ende meiner Tage erwartet. Er ist immer da, auch wenn ich ihn nicht sehen kann. In Jesus ist er auf die Welt gekommen, um uns zu zeigen, wie wir gut leben können. Um uns zu zeigen, wie wir mit unseren Mitmenschen und mit der Schöpfung, also der Natur und allen Lebewesen, umgehen sollen.

 

„Glaube kann ein wirksames Mittel gegen existenzielle Ängste sein.“
Julia Schnizlein
Pfarramtskandidatin Lutherische Stadtkirche

Ab welchem Alter kann man mit Kindern über Gott sprechen?
Schnizlein: Ich habe mit meinen Kindern ab dem Tag ihrer Geburt über Gott gesprochen – in Form von Gebeten oder Liedern. Natürlich verstehen Kleinkinder die Inhalte noch nicht, aber gerade das Ritual vermittelt ihnen Sicherheit und die Zuwendung und die Berührung ein warmes Gefühl für Glauben und Gott. Sobald sie etwas größer wurden, war es mir wichtig, ihnen zu erklären, dass Gott immer da ist und ein Auge auf sie hat. Eben auch dann, wenn ich das nicht kann. Wenn ich schlafe oder mich von ihnen trennen muss, weil ich arbeite. Glaube kann ein wirksames Mittel gegen existenzielle Ängste sein, daher halte ich es für wichtig, Kindern so früh wie möglich diese wertvolle Ressource mitzugeben.

Wie können Eltern ein modernes Bild von Gott vermitteln?
Schnizlein: Hier können sie zum Beispiel von Kindergottesdiensten lernen. Es gibt auch viele schöne Kinderbücher zum Thema Glauben, die man gemeinsam lesen und besprechen kann. Wichtig ist auch, authentisch von Gott zu reden. Auch Zweifel können Platz haben und mit Kindern besprochen werden. Für ganz entscheidend halte ich es auch, dass das Reden von Gott nicht mit Angstmache einhergeht. Früher wurde Gott oft für fragwürdige Erziehungsmethoden missbraucht, nach dem Motto: „Gott sieht alles“ oder „Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort“. Das halte ich für grundfalsch.

Wie erklärt man Kindern, dass es nur einen Gott gibt, trotz der unterschiedlichen Religionen?
Schnizlein: Ich halte es für wichtig, Kindern Respekt und Wertschätzung für andere Religionen zu vermitteln. Meistens haben sie gar kein Problem damit, dass es einfach unterschiedliche Arten gibt, Gott anzureden oder anzubeten, genauso wie sie akzeptieren, dass es unterschiedliche Sprachen und Länder gibt.

Wie wichtig ist das Gebet für Kinder?
Schnizlein: Ich finde Gebete etwas sehr Schönes im Miteinander von Eltern und Kindern. Vor dem Schlafengehen oder dem Essen können sie ein festes Ritual sein, das den Kindern Geborgenheit und Sicherheit vermittelt. Besonders bereichernd empfinde ich aber auch das freie Beten. Das Sprechen mit Gott. Die Tatsache, dass ich mit ihm mein Leben teilen kann. Dass ich ihn um Hilfe, um Schutz und Trost bitten kann, dass ich ihm aber auch manchmal meinen Ärger, meine Verzweiflung und Angst entgegenschleudern kann und dass ich aber auch immer wieder danke sagen kann. Das trägt mich durchs Leben.

Ist der Glaube an Gott heute noch aktuell bei jungen Eltern?
Schnizlein: Ich glaube, dass alle Eltern das Bedürfnis haben, ihre Kinder zu beschützen. Dass sie alles darum geben würden, ihnen Glück und Erfolg, Gesundheit und ein langes Leben zu garantieren. Aber als Eltern stößt man dabei eben auch immer wieder an seine Grenzen. Muss erkennen, dass eben nicht alles in unserer Hand liegt und dass es keine Garantien gibt. Gerade dann ist der Glaube so hilfreich. So ein Geschenk. Es geht um die Einsicht, dass nicht alles in unserer Hand liegt. Dass wir als Eltern nicht für alles verantwortlich sind und Fehler machen dürfen. Dass es da jemanden gibt, der es gut meint und gut macht. Das kann Eltern viel Kraft geben.

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