Bildung

Gute Schule, schlechte Schule?

Welche Schule ist die beste für mein Kind? Für viele Eltern wird die Schulwahl immer öfter zur Qual. Was die Schulwahl über uns als Eltern aussagt und was es bedeutet, wenn bestimmte soziale Milieus in den Klassenzimmern unter sich bleiben.

Der kleine Louis hat noch zwei Jahre Kindergarten vor sich. Seine Eltern sind gedanklich schon weiter. Vier Schulen haben sich Mama und Papa bereits angeschaut: zwei davon in unmittelbarer Nähe, zwei in einem anderen Grätzel. Bis zur Schulanmeldung kommt vielleicht noch die eine oder andere Schule zur Begutachtung hinzu.

Die Entscheidung für die richtige Volksschule bereitet Eltern von angehenden Taferlklasslern gegenwärtig so manche Sorgen. Sich mehrere Schulen anzusehen, gilt unter bestimmten Eltern inzwischen als State of the Art. Die wichtigsten Kriterien für die Auswahl sind erfahrungsgemäß ein möglichst kurzer Schulweg und der möglichst gute Ruf einer Schule. Letzterer wird häufig durch eine Reihe von Gerüchten bestimmt. Daraus lässt sich so eine Art inoffizielles Schul-Ranking ableiten. Zum Beispiel, wenn hinter vorgehaltener Hand die Rede ist von den besonders beliebten Schulen auf der einen Seite oder den so genannten „Bobo-Schulen“, Reform- oder Privatschulen mit besonderen pädagogischen Konzepten und den „Problem- oder Brennpunktschulen“ auf der anderen. Die Berührungsängste mit Schulen „mit besonderen Herausforderungen“ sind teilweise groß, was nicht zuletzt der hohe Andrang bei privaten Bildungseinrichtungen zeigt. So kann es vorkommen, dass auch die Kids aus unkonventionellem Hause oder die Enkel der einstigen Punks und Hippies an (katholisch) konservativen Privatschulen unterkommen.

Klassenkampf im Klassenzimmer: Bildet Bildung Elite?

Die französische Tragikomödie „La Lutte des classes“, zu Deutsch „Der Klassenkampf“ läuft zurzeit in den Pariser Kinos und gibt zahlreichen Eltern von Volksschulkindern Anlass zu heftigen Debatten – und teils auch schlechtem Gewissen. Denn auch wenn der Gedanke der Bildungs- und Chancengleichheit kaum angezweifelt wird, ergeben Prozesse elterlicher Schulwahl doch die eine oder andere Konsequenz für das demokratische Schulsystem.

Entspricht die Regelschule ums Eck bzw. im eigenen Sprengel nämlich nicht den Erwartungen, setzen besonders bildungsnahe Eltern mitunter alles daran, um auf geeignetere Alternativen auszuweichen. Nicht selten fingieren Eltern sogar Wohnsitze, um ihrem Nachwuchs einen Platz an den vermeintlich besten Schulen bestimmter Bezirke zu sichern. Oft mit dem Ergebnis, dass Kinder aus ähnlichen sozialen Milieus in den Schulklassen eher unter sich bleiben.

„Nicht alle Eltern bemühen sich in gleicher Weise um die Schulwahl für ihre Kinder“, bestätigt Jens Oliver Krüger von der Universität Koblenz. Der Bildungsforscher verweist allerdings darauf, dass die Wohnviertel der Städte ohnedies schon einer gewissen „Aufteilung nach Milieus“ unterliegen, womit hier etwa auch sozialräumliche Aspekte zum Tragen kommen. Außerdem dürfe nicht vergessen werden, dass die Schulwahl streng genommen gar keine Wahl sei. Kinder aus dem jeweiligen Sprengel werden schließlich vorgezogen, und auch in beliebten Schulen sind die Plätze oft stark limitiert. Was dazu führe, dass letztendlich die Schule die Auswahl trifft und Privatschulen die Möglichkeit erhalten, sich ihre Klientel selbst auszusuchen.

Ein vorurteilsfreier Umgang mit sozialer und kultureller Vielfalt bereits in der Schule befähigt Kinder zum gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Reality bites – was ist das Beste für die Kids?

„Unter bestimmten Eltern gibt es die Tendenz, den Bildungsweg ihrer Kinder früh zu einer Art Lebensprojekt zu machen. Das beginnt schon mit der Wahl des ‚richtigen‘ Kindergartens.“, weiß Jens Oliver Krüger zu berichten. Damit verbunden seien vor allem Ängste und Ansprüche, es bestmöglich zu machen. Zum Wettbewerb um die beste Schule für das eigene Kind gesellt sich häufig auch eine gewisse Sehnsucht nach einer Art geschütztem Bereich, der die eigenen Kinder quasi vor allen Übeln der Welt bewahren soll. Das ist eine Illusion. Möglicherweise tun Eltern gut daran, daheim eine Basis des Vertrauens aufzubauen und den Kindern die Realität zuzumuten. Wenn wir alle mit sozialer und kultureller Vielfalt vorurteilsfreier umgehen, befähigen wir auch unsere Kinder zum gesellschaftlichem Zusammenhalt. DEN besten Kindergarten oder DIE beste Schule gibt es sowieso nicht. Und was fürs eine Kind ein Drama ist, kann fürs andere letztlich genau das Richtige sein.

Forum

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Insgesamt 0 Beiträge

Wir setzen Cookies auf dieser Website ein, um Zugriffe darauf zu analysieren, Ihre bevorzugten Einstellungen zu speichern und Ihre Nutzererfahrung zu optimieren. weitere Informationen

The cookie settings on this website are set to "allow cookies" to give you the best browsing experience possible. If you continue to use this website without changing your cookie settings or you click "Accept" below then you are consenting to this.

Close