Gesundheit

„Nach der größten Bewegungspause seit 75 Jahren sind die Kinder heiß auf Sport“

Peter McDonald, Präsident der Sportunion, über Bewegungsmangel bei Kindern und Jugendlichen und neue, Corona-fitte Bewegungsprogramme für den Kampf gegen Übergewicht.

Die Sportunion hat mit der digitalen, täglichen Turnstunde ein Sportprogramm nach dem Corona-Lockdown gestartet. Was sind dessen Ziele?
Peter McDonald: Durch die Corona-Krise ist es in Österreich bei den Kindern zur größten Bewegungspause seit 75 Jahren gekommen. Daher haben wir unsere Sportangebote für Volksschulkinder auf eine neue digitale Ebene gebracht. Mit der täglichen Online-Turnstunde haben wir auch außerhalb von Schulen und Sportvereinen Bewegung unter professioneller Anleitung zuhause ermöglicht. Das wurde sehr gut angenommen. Insgesamt wurden all unsere digitalen Angebote von rund 150.000 Teilnehmenden im Monat genutzt.

Wird die Sportunion dieses Angebot auch mit Beginn des neuen Schuljahres beibehalten?
Wir werden sehen, wie sich die Corona-Lage entwickelt bis zum Semesterbeginn und ob die regulären Bewegungseinheiten wieder an Schulen möglich sein werden. Ansonsten wären wir vorbereitet und könnten alternativ dazu wieder die digitale Turnstunde, aber auch weitere 200 digitale Einheiten pro Woche für Jugendliche und Erwachsene anbieten. Zudem haben wir im Juli unter www.ugotchi365.at ein neues ganzjähriges und digitales Sportangebot für Kinder sowie ihre Eltern ins Leben gerufen.

Während der Sommerferien haben Österreichs Sportverbände mit „Bewegt im Park“ Sport in die Parks gebracht. Was wollte man damit erreichen?
Ziel ist die Schaffung einer niederschwelligen und kostenlosen Möglichkeit, ohne Anmeldung, sich mit neuen spannenden Sportarten vertraut zu machen. Es laufen derzeit 663 Kurse an verschiedenen Standorten österreichweit einmal die Woche, erstmals auch mit inklusiven Angeboten, wo Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam Sport betreiben.

Wird seitens der Schulen genügend für Bewegung und Sport gemacht?
Österreichs Sportvereine brauchen vor allem in den Städten mehr Raum. Die Sportunion kämpft daher für eine verpflichtende Öffnung von Schulsportstätten für die Vereine. Schulen haben an 180 Tagen im Jahr geschlossen. In dieser Zeit könnten die Sportvereine die Anlagen nutzen und den Kindern viel mehr Bewegungsangebote machen, auch am Wochenende. Das würde die Bewegungssituation der jüngsten Generation entscheidend verbessern.

 

„Wir wünschen uns eine verpflichtende Öffnung der Turnsäle für Sportvereine“
Peter McDonald
Präsident der Sportunion

Der Bewegungsanteil im Leben der 4- bis 17-Jährigen in Österreich hat sich in den letzten Jahren um ein Drittel verringert. Was ist da schief gelaufen?
Es stimmt, europaweit werden wir für unsere ehrenamtlich geführten Sportvereine bis in den letzten Winkel Österreichs beneidet, das ist ein einmaliger Schatz. Trotz dieser großartigen Selbstorganisation des Sports kann der Bewegungsmangel im Alltag durch den Vereinssport nicht mehr ausgeglichen werden. Daher braucht es konkrete Maßnahmen der Politik, die unsere Vereine aktiv unterstützen. Sportvereine sind die beste Lebensschule, nicht nur was Gesundheit, sondern auch was die Werteorientierung betrifft. Am Sportplatz gibt es keine Unterscheidung nach sozialer oder nationaler Herkunft, hier zählt Leistung, Teamgeist und Fairness. Sozialer Zusammenhalt wird im Verein gelebt und gelernt, für diese Dienste an unserer Gesellschaft wollen wir endlich offene Schulsportstätten.

Man hat nicht den Eindruck, dass die Politik die Sportverbände versteht…
Ich glaube, die Politik ist sich der Problematik durchaus bewusst. Es bedarf aber eines Kraftaktes, wie einer Beweislastumkehr: Alle öffentlich finanzierten Schulsportstätten sollen künftig für Sportvereine grundsätzlich offen sein, nur gute Begründungen sollten zu einer Ausnahme führen. Das kostet dem Steuerzahler kaum etwas und hilft der Gesundheit sowie der gesellschaftlichen und persönlichen Entwicklung unserer Kinder enorm weiter. Daher handelt es sich hier um einen der Eckpfeiler unserer Sommersportoffensive unter dem Slogan #comebackstronger.

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