Medien

Ohne Regeln geht es nicht

Gemeinsam vereinbarte Verhaltensregeln für die Internet- und Handynutzung stecken den Handlungsspielraum für Kinder ab und geben den Eltern Sicherheit.

Es ist ein Bild, das leider schon alltäglich geworden ist. Die Familie sitzt im Wohnzimmer, am Esstisch oder im Eissalon und jedes Familienmitglied starrt in sein Handy. Gespräche finden kaum noch statt. Um dieses Szenario zu vermeiden, gilt es daher von Anfang an fixe Regeln zur Nutzung von Smartphone & Co. aufzustellen.

Dabei sollten die Eltern aber die Kinder mit an Bord holen – und auch ein wenig Flexibilität beweisen, wie auch Birgit U. Stetina, klinische Psychologin an der Sigmund Freud Universität, bestätigt: „Struktur ist wichtig, aber auch Flexibilität ist wichtig. Wenn wir das Bedürfnis nach Regeln haben, dann sollten die nicht nur gemeinsam erstellt werden, sondern auch nachvollzieh- bar gestaltet sein und transparent umgesetzt werden. Der Schlüssel im Umgang mit dem Gebrauch von Handy und Internet liegt darin, Kinder und Jugendliche in ihrer Selbstverantwortung zu stärken.“

Demnach sollten Kinder lernen, bewusst und vor allem verantwortungsvoll mit digitalen Medien umzugehen und die eigene Mediennutzung auch kritisch zu hinterfragen. Eine klare Kommunikation mit den Kindern über den Gebrauch von Handy und Internet ist hierbei maßgeblich. Stetina: „Essenziell ist
es, gemeinsame Vereinbarungen darüber zu treffen, wann, wie lange und vor allem wofür das Kind das Handy und Internet nutzen möchte sowie sich dadurch auf einen bewussten und gesunden Umgang zu einigen. Ein offenes Gespräch über die Motivationslage erlaubt es Kindern und Jugendlichen dann auch, in für sie schwierigen Situationen erneut den Kontakt zu suchen.“

Den Standpunkt des anderen verstehen

Das Thema Handy und Mediennutzung ist in den meisten Familien mit Teenagern ein Dauerbrenner, der immer wieder zu Streit führt. Das Hauptproblem ist dabei die unterschiedliche Art, wie Eltern- und Kindergeneration die Geräte nutzen. Kinder verwenden Smartphones vollkommen anders als ihre Eltern. Und die User werden immer jünger. Hier gilt es Verständnis aufzubringen. Der permanente Kontakt zu Freunden ist für die junge Generation wichtig, auch wenn ihn die Eltern als unnötig empfinden. Auch sollten die Eltern den Kindern ihren Standpunkt erklären und nicht einfach nur Verbote aussprechen.

Auch auf das Alter kommt es an

Beim Aufstellen von Regeln, muss das Alter des Kindes berücksichtigt werden. Generell sollte die Nutzung digitaler Medien in den ersten Lebensjahren auf wenige Ausnahmen beschränkt bleiben – Handy, Tablet & Co. sind keine Babysitter. Ab ca. vier Jahren wecken Lern- und Spielprogramme („Edutainment“) zunehmend das Interesse des Kindes. Jetzt ist auch der richtige Zeitpunkt, um möglichst klare Regeln über die Nutzung zu vereinbaren. Bestimmte Tage können beispielsweise „bildschirmfrei“ sein, oder man kann die Nutzung auf „eine Folge“ oder „eine Spielrunde“ beschränken. Handy und Internet werden im Laufe der Volksschule zunehmend interessanter. Besonders reizvoll sind jetzt Online-Spiele und Spiele-Apps sowie das Aufnehmen und Bearbeiten von Fotos. Erste Gehversuche im Internet werden unternommen. Nun müssen die Verhaltensregeln an die neuen Interessen und Aktivitäten des Kindes angepasst werden. Ab acht Jahren bekommen viele Kinder ein eigenes Handy, ein Tablet oder eine Spielkonsole. Die Eltern sind nun doppelt gefordert – individuell und flexibel müssen nun ein Zeitplan und Regeln für digitale Aktivitäten ausgearbeitet werden: Wie viel Zeit braucht das Kind für Schulisches aber auch für Offline-Freizeitaktivitäten? Wie viel explizite Familienzeit soll es geben? Welche digitalen Interessen hat das Kind und wie fordernd sind diese? Gibt es negative Folgen für das Kind? Wie unaus- geglichen und streitsüchtig wird es bei zu langer Nutzung? „Es gibt keine gesunde oder ungesunde Anzahl an ‚Online-Stunden‘, außer natürlich es werden die offensichtlichen Bedürfnisse wie Schlaf dadurch eingeschränkt. Kommunikation und Freizeitvergnügen sollten das Ziel der Handynutzung sein, genauso wie informiert zu bleiben. Problematisch wird es, wenn es um Flucht aus der Realität geht. Der sogenannte ,Eskapismus‘ wird klinisch als einer der relevantesten Faktoren genannt, wenn es um problematischen Konsum geht“, erklärt dazu Birgit U. Stetina.

Ein gutes Vorbild sein

Wenn Eltern nicht als gutes Vorbild vorangehen, können sie kaum von den Kindern erwarten, dass sie beim Essen keine Nachrichten schreiben oder während einer Unterhaltung nicht ständig aufs Smartphone schauen. Denn was nützen die besten Regeln, wenn das Kind bei den Eltern ein anderes Verhalten sieht und diese die selbst aufgestellten Regeln nicht befolgen? Nicht nur kleine Kinder beobachten ihre Eltern genau und merken, wenn diese es mit der Mediennutzung übertreiben oder Regeln nicht ernst nehmen, die für alle Familienmitglieder gelten. Eltern sollten darauf achten, beim gemeinsamen Spielen, Essen oder Chillen nicht ständig aufs Handy zu schauen, um bei jeder Nachricht gleich zu reagieren. Wird ein wichtiger Anruf erwartet, kann man das den Kindern erklären und auf die Ausnahmesituation hinweisen. Im Fall der Fälle kann man dann in ein anderes Zimmer gehen, um in Ruhe zu telefonieren und so die anderen nicht zu stören. Mit zweierlei Maß zu messen, macht unglaubwürdig, Streit über die Ungleichbehandlung ist vorprogrammiert.

Forum

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Insgesamt 0 Beiträge

Wir setzen Cookies auf dieser Website ein, um Zugriffe darauf zu analysieren, Ihre bevorzugten Einstellungen zu speichern und Ihre Nutzererfahrung zu optimieren. weitere Informationen

The cookie settings on this website are set to "allow cookies" to give you the best browsing experience possible. If you continue to use this website without changing your cookie settings or you click "Accept" below then you are consenting to this.

Close