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Schönheitsideale im Internet setzen Jugendliche unter Druck

Anlässlich des 21. internationalen Safer Internet Day am 6. Februar 2024 stellt Saferinternet.at gemeinsam mit Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm die Ergebnisse einer neuen Jugendstudie zum Thema „Schönheitsideale im Internet“ vor.

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Jugendliche fühlen sich durch die omnipräsenten idealisierten Körperbilder im digitalen Raum großem Druck ausgesetzt: Über die Hälfte der Befragten würde gerne etwas am eigenen Aussehen ändern, mehr als ein Viertel hat schon einmal über eine Schönheitsoperation nachgedacht. Dabei wird Social Media und insbesondere Influencerinnen und Influencern ein großer Einfluss auf die Selbstwahrnehmung zugeschrieben. Doch Jugendliche sehen auch Möglichkeiten, sich diesem Druck zu entziehen – zumindest in der Theorie.

Großer Einfluß des Internets auf das Selbstbild von Kindern und Jugendlichen

Im Rahmen der EU-Initiative Saferinternet.at präsentierten das Österreichische Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT) und die ISPA – Internet Service Providers Austria gemeinsam mit Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm heute eine Studie über Jugendliche und ihren Umgang mit Schönheitsidealen im Internet. Die Studie untersucht, welche Auswirkungen die Nutzung von digitalen Medien auf das körperbezogene Selbstbild von jungen Menschen hat. Dazu wurden 400 Jugendliche im Alter zwischen 12 und 17 Jahren zu ihren Erfahrungen befragt, ergänzend durch vier vertiefende Fokusgruppen mit 56 teilnehmenden Schülerinnen und Schülern. Die Ergebnisse zeigen, dass der Druck auf Jugendliche, unrealistischen Körperbildern zu entsprechen, hoch ist. Gleichzeitig wird die wichtige Rolle der Eltern und anderer Bezugspersonen beim Umgang mit Schönheitsidealen deutlich.

Digitale Bilderwelten verstärken Druck auf Jugendliche

Neu ist der Druck, den solche Idealvorstellungen auf Jugendliche ausüben, nicht: Seit jeher beeinflussen Medien und das persönliche Umfeld besonders stark, wie junge Menschen ihren Körper wahrnehmen. In einer Lebensphase, in der die eigene Identität noch nicht gefestigt ist und Selbstwertgefühle oft nur schwach ausgeprägt sind, können realitätsferne Ansprüche an das Aussehen eine große Belastung darstellen. „Es braucht mehr Realität statt Fake-Fotos in den sozialen Medien, um das Selbstbewusstsein junger Menschen zu stärken. Ob Pickel, Cellulite oder Speck an den Hüften – alle sind gefordert, ehrlicher mit dem eigenen Aussehen umzugehen“, so Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm. Aktuell strömen nicht nur bearbeitete Bilder das Internet, sondern auch von Künstlicher Intelligenz hergestellte Fotos junger Menschen. „KI-Bilder von Menschen, die nicht einmal existieren, halte ich für eine Gefahr, wenn wir über Schönheitsideale junger Menschen reden“, so Plakolm. Plakolm wird sich daher für eine EU-weite Kennzeichnungspflicht von KI-Fotos von Fake-Menschen in sozialen Medien starkmachen.

Safer Internet Day 2024 - Schönheitsideale im Internet
Rund 70 Prozent der befragten Jugendlichen sind zumindest „eher zufrieden“ mit ihrem Aussehen. Dennoch würden über die Hälfte (51 %) gerne etwas an ihrem Körper ändern, bei den Mädchen sind es sogar 60 Prozent.

Gutes Aussehen für Mädchen und Burschen wichtig

Rund 70 Prozent der befragten Jugendlichen sind zumindest „eher zufrieden“ mit ihrem Aussehen. Dennoch würden über die Hälfte (51 %) gerne etwas an ihrem Körper ändern, bei den Mädchen sind es sogar 60 Prozent.

Das eigene Aussehen ist allerdings für beide Geschlechter von großer Bedeutung – sowohl offline als auch online. So posten 61 Prozent aller Befragten Fotos bzw. Videos, auf denen sie selbst zu sehen sind, und legen dabei großen Wert auf ihr äußeres Erscheinungsbild. Wichtig ist es ihnen vor allem, schön (68 %), gestylt (64 %) und schlank (54 %) auszusehen. Sich sexy darzustellen, ist für 34 Prozent von Bedeutung, wobei Burschen (40 %) darauf deutlich mehr Wert legen als Mädchen (27 %). Hier zeigt sich, dass der Fokus auf das eigene Aussehen entgegen der weitverbreiteten Annahme längst kein reines Mädchenthema mehr ist. Um möglichst gut auszusehen, nutzen die Jugendlichen Licht, Posen und/oder Handywinkel (54 %) und bearbeiten die Fotos und Videos, zum Beispiel mit Filtern (41 %).

Social Media sowie Influencerinnen und Influencer haben großen Einfluss auf Selbstwahrnehmung

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or allem Influencerinnen und Influencer aus den Bereichen Beauty und Fitness haben einen Einfluss auf Kinder und Jugendliche, meinen drei Viertel der Befragten (74 %).

Soziale Netzwerke wirken sich auf die Selbstwahrnehmung aus und beeinflussen, ob man sich selbst schön findet oder nicht – dieser Meinung sind zwei Drittel der Jugendlichen (65 %). Insbesondere Mädchen (76 %) und Befragte ab 15 Jahren (78 %) stimmen dieser Aussage zu.

Vergleiche mit anderen spielen eine große Rolle – und diesen sind Jugendliche gerade im Internet stark ausgesetzt. Fast drei Viertel (71 %) der Jugendlichen bestätigen, dass die in sozialen Netzwerken konsumierten Bilder dazu führen, dass man sich mit anderen Personen vergleicht. Über ein Viertel (27 %) betont die negativen Folgen und gibt an, sich nach dem Scrollen durch die diversen Social-Media-Feeds schlecht zu fühlen. Vor allem Influencerinnen und Influencer aus den Bereichen Beauty und Fitness haben einen Einfluss auf Kinder und Jugendliche, meinen drei Viertel der Befragten (74 %). Rund die Hälfte (53 %) gibt an, aufgrund entsprechender Bilder schon einmal etwas am eigenen Aussehen geändert zu haben. Ebenso viele Jugendliche haben bereits Produkte gekauft, die von Influencerinnen und Influencern empfohlen wurden. 28 Prozent haben sogar schon einmal über eine Schönheitsoperation nachgedacht.

Beleidigungen bezüglich des Aussehens auch online an der Tagesordnung

Im Internet haben Jugendliche nicht nur mit unrealistischen Schönheitsidealen zu kämpfen, sondern müssen auch befürchten, Beleidigungen bezüglich ihres Aussehens ausgesetzt zu sein. 74 Prozent haben eine solche Situation schon einmal beobachtet. Vor allem Mädchen (84 %) berichten von abwertenden Äußerungen im Internet und in sozialen Netzwerken. Vielleicht spielen auch deshalb Avatare in der digitalen Welt eine zunehmend wichtigere Rolle. Immerhin gibt fast ein Drittel (30 %) an, ein solcher Avatar sollte möglichst gut aussehen.

Strategien gegen den Schönheitswahn: Reality Check, Social-Media-Pausen und gegenseitige Unterstützung

Jugendliche nennen unterschiedliche Strategien, um sich von Schönheitsidealen im Internet nicht negativ beeinflussen zu lassen. Dazu zählt zum einen die Beschäftigung mit der Selbstwahrnehmung: Als hilfreich wird empfunden, an der Selbstakzeptanz zu arbeiten (67 %), aktiv zu versuchen, sich nicht unter Druck setzen zu lassen (60 %) und zu hinterfragen, warum die konsumierten Inhalte einen selbst stressen oder Druck erzeugen (55 %). Von den Jugendlichen in den Fokusgruppen wurde als weitere Möglichkeit ein „Reality Check“ genannt – also „rausgehen und schauen, wie die Leute wirklich sind“. Dadurch werde einem die Diskrepanz zwischen der verzerrten Online-Darstellung von Menschen und deren tatsächlichem Aussehen bewusst.

Als weitere Strategie nennen die Jugendlichen einen bewussten Umgang mit sozialen Netzwerken. Dazu zählt vor allem, weniger Zeit in sozialen Netzwerken zu verbringen (63 %), Social-Media-Pausen einzulegen (60 %) und gezielt solchen Influencerinnen und Influencern oder Inhalten zu folgen, die einem gut tun (60 %).

Auch gegenseitige Unterstützung wird als relevant empfunden: Sich im Freundeskreis immer wieder Komplimente zum Aussehen zu machen finden 59 Prozent hilfreich, während 38 Prozent dafür plädieren, sich gemeinsam über stressige Inhalte lustig zu machen und darüber zu lachen.

Auch wenn sich die Jugendlichen dieser Strategien bewusst sind, können sie diese in der Praxis zum Teil nur schwer umsetzen. Während beispielsweise 63 Prozent der Jugendlichen in der Umfrage angeben, dass weniger Zeit in sozialen Netzwerken eine gute Vorgehensweise wäre, zeigte sich im Rahmen der Fokusgruppen, dass sie sich der Sogwirkung von Online-Angeboten oft nur schwer entziehen können.

Kritischen Umgang mit Schönheitsidealen erlernen – Eltern sind besonders gefordert

Um Jugendliche bei einem kritischen Umgang mit Schönheitsidealen im Internet und bei der Entwicklung eines gesunden körperbezogenen Selbstbildes zu unterstützen, sind neben Lehrenden und Onlineplattformen vor allem Eltern gefordert. 57 Prozent der Befragten sind dieser Ansicht.

Eltern spielen eine Schlüsselrolle dabei, Jugendliche im Umgang mit Schönheitsidealen im Internet zu unterstützen und ein gesundes, körperbezogenes Selbstbild zu fördern. Die Jugendlichen selbst sehen die Familie als entscheidenden Ort der Aufklärung und betonen, dass der Umgang mit diesen Idealen primär von den Eltern erlernt werden sollte„, erklärt Barbara Buchegger, pädagogische Leiterin von Saferinternet.at.

Allerdings verfügen die Eltern oft selbst nicht über ausreichend Medienkompetenz. Sie benötigen nach Meinung der Jugendlichen ebenfalls Unterstützung, damit sie ihre Kinder bei der kompetenten Mediennutzung begleiten können. Den Schulen fällt dabei die Schlüsselrolle zu, auch die Eltern zu erreichen und ihnen Aufklärungsmaterial anzubieten. Gleichzeitig wird die Schule von 47 Prozent auch als wichtiger Ort gesehen, um die Jugendlichen direkt anzusprechen. Möglichkeiten, den Umgang mit Schönheitsidealen im Unterricht zu thematisieren, sehen die Jugendlichen viele. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema anzuregen und die Medienkompetenz junger Menschen zu fördern, ist demnach eine entscheidende Aufgabe der Lehrenden.

Aber auch die Plattformbetreiber sind gefordert, ein möglichst vielfältiges Angebot für die Nutzer und Nutzerinnen zu schaffen. Die Jugendlichen sehen hier aber auch Verbesserungspotential: So würden sich 63 Prozent der befragten Jugendlichen wünschen, dass bearbeitete Bilder gekennzeichnet werden.

Die Plattformbetreiber sind sich bewusst, dass unrealistische Schönheitsideale in sozialen Netzwerken die Selbstwahrnehmung von Jugendlichen negativ beeinflussen können. Sie bemühen sich daher laufend, das Nutzungserlebnis für jeden einzelnen positiv zu beeinflussen, zum Beispiel durch die Möglichkeit, persönliche Präferenzen für Inhalte zu treffen. Gleichzeitig sind alle gefordert, zu Bewusstseinsbildung und einer verantwortungsvollen Nutzung beizutragen„, so Stefan Ebenberger, ISPA-Generalsekretär.

Am 5. Februar 2024 fand eine Pressekonferenz zur Präsentation der Studie ?Schönheitsideale im Internet - Jugendliche unter Druck? mit Staatssekretärin Claudia Plakolm (2.v.r.), Saferinternet.at-Projektleiter Matthias Jax (l.), ISPA-Generalsekretär Stefan Ebenberger (2.v.l.) und der pädagogischen Leiterin von Saferinternet.at Barbara Buchegger (r.) statt.
Am 5. Februar 2024 fand eine Pressekonferenz zur Präsentation der Studie "Schönheitsideale im Internet - Jugendliche unter Druck" mit Staatssekretärin Claudia Plakolm (2.v.r.), Saferinternet.at-Projektleiter Matthias Jax (l.), ISPA-Generalsekretär Stefan Ebenberger (2.v.l.) und der pädagogischen Leiterin von Saferinternet.at Barbara Buchegger (r.) statt.

Saferinternet.at unterstützt mit vielfältigem Angebot

Um Jugendliche bei allen Herausforderungen rund um das körperbezogene Selbstbild zu unterstützen, bietet Saferinternet.at zahlreiche Maßnahmen und Informationsmaterialien an. Im Rahmen von Workshops und Elternabenden, mithilfe einer FAQ-Sammlung zum Thema Selbstdarstellung, diversen Unterrichtsmaterialien und vielem mehr erhalten Interessierte konkrete Hilfestellung und Anregungen zum Thema. Auch die neue ISPA-Broschüre „Schönheitsideale im Internet: Tipps für selbstbewussten Umgang mit Schönheitsidealen in virtuellen Welten“ informiert über das Thema und unterstützt mit Tipps für einen selbstbestimmten Umgang mit körperlichen Idealvorstellungen im Internet und auf sozialen Medien.

Über die Studie

Die Studie „Schönheitsideale im Internet“ wurde vom Institut für Jugendkulturforschung und Kulturvermittlung im Auftrag des Österreichischen Instituts für angewandte Telekommunikation (ÖIAT) und der ISPA – Internet Service Providers Austria im Rahmen der EU-Initiative Saferinternet.at durchgeführt. Im Befragungszeitraum (Dezember 2023) nahmen 400 Jugendliche im Alter von 11 bis 17 Jahren teil, repräsentativ nach Alter, Geschlecht und Bildungshintergrund. Zusätzlich wurden vier Fokusgruppen-Gespräche mit insgesamt 56 Jugendlichen zwischen 13 und 19 Jahren durchgeführt.

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