Bildung

So lernt mein Kind richtig

Mit dem Start der Volksschule fragen sich viele Eltern, wie ihr Kind am besten lernt und wie sie es weiterhin unterstützen können. „familiii“ hat bei drei Expertinnen nachgehakt.

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Der Beginn der Volksschule ist ein einschneidendes Erlebnis für jedes Kind, denn nun stehen viele Herausforderungen auf dem Plan: Neue Schule, neue Mitschüler*innen und Lehrer*innen, außerdem Lernstoff, der bewältigt werden muss. „familiii“ hat mit Expertinnen gesprochen und herausgefunden, wie Kinder gut lernen, welche Fehler vermieden werden können und wie Eltern ihr Kind bestmöglich unterstützen sollten.

Zeit und Pausen einlegen

Volksschulkinder können sich nicht lange konzentrieren, erinnert Angela Schmidt von Lernquadrat. Besonders Kinder der ersten und zweiten Volksschulklassen sollten nicht länger als 15 oder 20 Minuten lernen, erklärt sie. Dies sieht auch Elisabeth Benedik von der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich so: „Wenn Ihr Kind zappelig und unruhig oder auch müde und immer langsamer wird, sorgen Sie für kurze Pausen.“ Diese könne das Kind nutzen, um Wasser zu trinken, sich zu bewegen oder zu spielen, so Benedik. Christiane Hössl, Psychologin und Lehrende an der Privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland, merkt an: „Grundsätzlich ist es von Vorteil, Lernpausen einzulegen, wenn das Kind noch nicht müde ist.“

 

Christiane Hössl, Psychologin und Lehrende an der Privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland, merkt an: „Grundsätzlich ist es von Vorteil, Lernpausen einzulegen, wenn das Kind noch nicht müde ist.“

Für Abwechslung sorgen

Christiane Hössl: „Es gibt die sogenannte ‚Ähnlichkeitshemmung‘, die besagt, dass das Lernen schwierig wird, wenn ähnliche Lerninhalte hintereinander gelernt  werden.“ Angela Schmidt gibt diesen Tipp: „Wer zuerst Deutsch lernt, danach seine Rechenübungen macht und dann nochmals liest und schreibt, ist auf der sicheren Seite!“ Auch Elisabeth Benedik plädiert für Abwechslung.

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Abwechslung beim Lernen ist für den Lernerfolg besonders wichtig.

Durch Wiederholung Lerninhalte festigen

Ebenso ist das Wiederholen des Stoffs von Bedeutung. Benedik betont die Relevanz des Lesens: „Das Lesen muss am Anfang wirklich täglich trainiert werden, damit die  Buchstabenkenntnis, das Zusammenhängen der Laute zu Silben und das Bilden von Worten aus diesen Silben problemlos klappt.“ Christiane Hössl erklärt, dass Lerninhalte fünf- bis sechsmal wiederholt werden sollten, um gut im Langzeitgedächtnis gespeichert zu werden. Natürlich hänge es aber von den individuellen Merkmalen des Kindes, von Motivation und Interesse, der persönlichen Vergessenskurve, der Konzentration und dem Lernstoff ab, wie oft die Inhalte wiederholt werden müssen, so Hössl.

 

Räumliche Umgebung gestalten

Benedik erinnert daran, dass der Arbeitsplatz gut beleuchtet sowie aufgeräumt sein sollte und Ablenkungen vermieden werden sollten. Ein eigener Schreibtisch mit passendem Sessel, der eine gute aufrechte Haltung ermöglicht, ist ideal, so Benedik. Christiane Hössl merkt an, dass das Gehirn Ordnung und Klarheit liebe. „Zusätzlich erhöht sich noch die Lernbereitschaft durch eine Umgebung, die gemütlich ist und in der man sich wohlfühlt“, so Hössl.

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Ein gut beleuchteter und aufgeräumter Arbeitsplatz ist für den Lernerfolg wichtig.

Auf Ernährung und Schlaf achten

Genügend und regelmäßiger Schlaf sowie ein gesundes Frühstück seien wesentliche Faktoren für den Lernerfolg, so Schmidt. „Die Schlafenszeit am Abend richtet sich nach der benötigten Schlafdauer und der notwendigen Aufstehzeit am Morgen. Als Faustregel kann angenommen werden, dass ein Volksschulkind ca. 10 Stunden Schlaf benötigt“, ergänzt Elisabeth Benedik.

 

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"Genügend und regelmäßiger Schlaf sowie ein gesundes Frühstück sind wesentliche Faktoren für den Lernerfolg", so Angela Schmidt von Lernquadrat.

Praktische Gestaltung

„Lernen sollte gerade im Volksschulalter wann immer es geht, spielerisch und/oder alltagsbezogen und relevant sein“, erinnert Benedik. In der Volksschule könne Lernen auf spielerische Weise passieren, merkt Angela Schmidt an. „Da darf auch mal beim Lesen die Stimme verstellt oder die Nase zugehalten werden. Buchstaben können groß in die Luft oder auf den Rücken des Spielpartners ‚gezeichnet‘ werden.“ Christiane Hössl empfiehlt die LernApp „Anton“ oder weitere Apps, um das Lernen zu organisieren. Elisabeth Benedik setzt auf die iPad-App „Rechenstrategien Zahlenraum 10“. Zudem können Kinder im Alltag selbst viel lesen, etwa Speisekarten. Hössl: „Dennoch denke ich, ersparen einem Apps nicht das herkömmliche schriftliche oder mündliche Lernen bzw. Wiederholen.“

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„Lernen sollte gerade im Volksschulalter wann immer es geht, spielerisch und/oder alltagsbezogen und relevant sein“, sagt Elisabeth Benedik von der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich.

Eigenständigkeit fördern

Wichtig ist es, die Eigenständigkeit des Kindes zu wahren. Hössl plädiert für  folgenden Leitspruch: „Helfen Sie dem Kind so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich.“ Das Kind solle lernen, sich selbst zu helfen und zu organisieren. Geschieht dies, steige nicht nur die Selbstständigkeit, sondern auch das Selbstwertgefühl und das Selbstbewusstsein. Angela Schmidt erinnert daran, das Alter des Kindes zu bedenken. „Wenn Ihr Volksschulkind alleine nicht weiter weiß, unterstützen Sie es, helfen Sie ihm auf die Sprünge, geben Sie ihm Zeit, es wird dann selbst die richtige Antwort oder Lösung finden.“ Auch Elisabeth Benedik plädiert dafür, die Eigenständigkeit des Kindes zu fördern und nach und nach zu steigern. Dennoch sollten Eltern für Fragen ansprechbar bleiben.

 

Gerade Volksschulkinder sollten von den Eltern unterstützt werden, wenn sie beim Lernen alleine nicht weiter kommen.

Auf Belohnung verzichten

Statt auf Belohnung setzt Angela Schmidt auf spannende Eltern-Kind-Erlebnisse: „Genießen Sie die wertvolle Freizeit mit Ihrem Kind. Erfüllen Sie Wünsche für gemeinsame Ausflüge oder Erlebnisse.“ Christiane Hössl betont, dass nicht Erfolg, sondern Lernbereitschaft und Anstrengung des Kindes belohnt werden sollten. „Belohnungsversprechen für gute Noten erhöhen oft den Druck auf das Kind.“ Die Expertin erinnert, dass Menschen sich oft an Belohnungen gewöhnen, so dass diese immer größer werden müssen. „Dadurch können Kinder denken, dass sie lernen, um etwas zu bekommen und das ist sicherlich der falsche Weg“, so Hössl. Auch Elisabeth Benedik hält nichts davon, Kinder materiell für Noten zu belohnen. „Dies verfestigt und unterstreicht den Gedanken, dass gute Noten essentiell für Sie als Eltern sind und vergrößert die Probleme bei Misserfolgen“, so die Expertin. Sie rät vielmehr dazu, die aufgewendete Arbeit mit Sätzen wie „Du bist dran geblieben, obwohl es schwierig war“ zu loben.

Häufige Fehler der Eltern

Hössl betont, dass Diskussionen über die Erledigung von Hausübungen oder das Lernen viel Zeit und Nerven kosten und daher vermieden werden sollten. Zudem sei es von Bedeutung, rechtzeitig mit dem Lernen zu beginnen und in kleinen Portionen zu lernen. Ungeduld sowie harte Strafen seien jedoch kontraproduktiv, so die Expertin. Elisabeth Benedik erinnert an die Ängste der Eltern: „Viele Eltern übertragen eigene Ängste oder negative Schulerfahrungen bewusst oder auch unbewusst auf ihr Kind.“ Sie sollten es laut Benedik vermeiden, negativ über die Schule, das Lernen oder die Pädagog*innen zu sprechen. „Erfolgreiches Lernen in der Volksschule lebt ganz stark von der Beziehung der Kinder zu ihrer Lehrkraft.“ Diese Beziehung müsse gepflegt und positiv besetzt werden. Auch Sätze wie „Du kannst halt kein Mathe – das hast du von mir“ sollten vermieden werden, da diese sich oft als „self fulfilling prophecy“ in den Köpfen der Kinder festsetzen.

Schlechte Noten und Misserfolge

Misserfolge gehören zum Lernen dazu, so Benedik. Die Eltern sollen die Zuversicht und das Selbstvertrauen des Kindes stärken sowie dessen Ängste ernst nehmen. Ebenso sei es hilfreich, die Aufmerksamkeit auf Dinge außerhalb der Schule, die Ihr Kind gut kann, zu legen. Christiane Hössl plädiert dafür, die Ursachen für Misserfolge zu suchen und Maßnahmen zu setzen. Zudem sollten Prioritäten gesetzt werden und nicht auf Lob vergessen werden. „Außerdem kann man als Elternteil die Aufgaben kontrollieren, mit dem Kind gemeinsam lernen, die individuellen Schwächen besprechen und bearbeiten sowie dem Kind Prüfungsfragen oder Probeschularbeiten erstellen“, erklärt Hössl

Misserfolge gehören zum Lernen dazu. Christiane Hössl, Psychologin und Lehrende an der Privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland, plädiert dafür, die Ursachen für Misserfolge zu suchen und Maßnahmen zu setzen. Zudem sollte nicht auf Lob für das Kind vergessen werden

Hilfe von außen

„Bevor das Lernen mit dem Sprössling zum täglichen Kampf wird, sollte man Hilfe von außen suchen. Manchmal wirkt es Wunder, wenn jemand außerhalb der Familie mit dem Kind lernt“, erklärt Angela Schmidt. Zudem rät sie, Ursachen zu suchen, falls das Kind eine andere Schwäche haben sollte. „Oft verbergen sich Legasthenie oder  Dyskalkulie hinter einem Schulproblem, manchmal stecken auch Seh- oder Hörschwierigkeiten dahinter“, so Schmidt. Elisabeth Benedik rät, das Kind bei den Problemen ernst zu nehmen und zu bedenken, dass der Umgang mit Misserfolgen erst gelernt werden müsse. Hilfe von außen sollte dann gesucht werden, wenn man nicht weiterkomme. Zuerst sollte aber noch das Gespräch mit der Lehrkraft gesucht werden. Je früher Lernschwächen erkannt werden, umso besser sei dies, merkt Christiane Hössl an. „Wenn die Lernprobleme jedoch weiterhin, trotz intensiven gemeinsamen Lernens bestehen bleiben, wäre es wichtig, schnellstmöglich Hilfe von außen, beispielsweise durch eine kinderpsychologische Diagnostik in Anspruch zu nehmen.“

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