Erziehung

„Barbie ist sehr beliebt, aber eine Kunstfigur!“

Mag.a Sandra Geisler MA, Leiterin der Beratungs- und Entwicklungsförderungsteams sowie der Familienberatungsstellen der Wiener Kinderfreunde.

Barbie ist neben Lego eines der meistverkauften Spielzeuge der Welt. Wie lässt sich das erklären?
Die Puppe und ihre Welt bedient den Prinzessinnen-Traum. Sie verkörpert viele gängige Klischees, die über Medien und von Generation zu Generation weitergegeben werden. Gleichzeitig wird mit der stetigen Erweiterung des Sortiments geschickt eine schöne, heile Lebenswelt aufgebaut, in die man sich gerne zurückzieht.

Im Laufe der Jahre gab es unter anderem dunkelhäutige Barbies, Barbies mit besonderen Bedürfnissen (z.B. im Rollstuhl), asiatische Barbies, welche, die von der Figur her eine Spur realistischer waren, solche mit unterschiedlichen Haarfarben – aber am erfolgreichsten war die superdünne Barbie in blond. Warum?
Die blonde, blauäugige, superschlanke und doch kurvenreiche Frau ist nicht nur in den westlichen Industrieländern das Idealwesen, sondern es eifern ihm auch in den asiatischen Ländern viele Frauen nach. Die schöne Blondine wird seit Jahrhunderten gehypt.

Welche Wirkungen hat Barbie auf kleine Mädchen, die wenig wünschenswert waren (sind)?
Sie verkörpert ein Ideal, das weit weg von der Realität aller Mädchen ist. Sie weckt falsche Erwartungen an die eigene körperliche Entwicklung, begünstigt Magersucht und Minderwertigkeitsgefühle. Sie bedient weibliche und männliche Klischees, die es zu durchbrechen gilt. Wir beginnen damit schon in den Kinderfreunde-Kindergärten und es ist auch ein wichtiges Thema in unserer freizeitpädagogischen Arbeit, etwa bei der Parkbetreuung.

 

„Eltern sollen der Tochter die reale Welt näherbringen.“
Mag.a Sandra Geisler MA
www.wien.kinderfreunde.at

Ist es für Eltern sinnvoll, das Spiel mit Barbie aus solchen Gründen zu verbieten?
Nein, natürlich nicht. Viel besser ist es, am Spiel teilzuhaben. Gerade im Spiel mit den Kindern und der Barbie kann man die zuvor erwähnten Klischees und Ideale kindgerecht hinterfragen und mit den Kindern altersentsprechend besprechen. Und Kinder lieben es, wenn ihre Eltern mitspielen.

Kinder spielen ihre Erlebnisse oder unbewältigten Ängste oft mit Puppen nach. Barbie und Ken waren ein Paar. Sollten Eltern den Umgang ihrer Mädchen mit den Puppen gut beobachten, um eventuellen Problemen auf die Spur zu kommen?
Auch hier gilt: am Spiel teilhalben ist gut. Aber es wäre nicht hilfreich, ohne fachliche Hilfe Spielsituationen zur Selbstreflektion oder Problemdiagnose heranzuziehen. Bei Unsicherheiten gibt es viele Familien- oder Erziehungsberatungsstellen, wo man – wie etwa bei den Kinderfreunden – kostenlos und anonym nachfragen kann. Kinder artikulieren im Spiel auch ihre Wünsche und Hoffnungen, nicht nur Probleme und Sorgen. Eltern würden möglicherweise auch ihre eigenen Themen und Probleme in eine Interpretation hineinvermischen. Daher unbedingt an Fachleute wenden!

Was ist heute generell der sinnvolle Umgang mit Barbiepuppen?
Barbie und ihre Welt ist ein Mittel, um seinem Kind durch kritische Auseinandersetzung die reale Lebenswelt näher zu bringen. Dass es nicht nur darum geht, einen tollen Camper und eine Riesenvilla zu haben, sondern um gemeinsame Erlebnisse, Respekt und Verständnis füreinander. Denn diese Dinge nur zusammenzubauen wird schnell langweilig. Man kann vermitteln, dass Barbie eine Kunstfigur ist und eine anatomisch nicht mögliche Figur hat. Und dass jeder Mensch, so wie er ist, ok ist.

Forum

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Insgesamt 0 Beiträge

Wir setzen Cookies auf dieser Website ein, um Zugriffe darauf zu analysieren, Ihre bevorzugten Einstellungen zu speichern und Ihre Nutzererfahrung zu optimieren. weitere Informationen

The cookie settings on this website are set to "allow cookies" to give you the best browsing experience possible. If you continue to use this website without changing your cookie settings or you click "Accept" below then you are consenting to this.

Close