Erziehung

„Die Gemeinschaft ist wichtig für den Kinderschutz“

Gewalt gegen Kinder ist ein weltweit verbreitetes Problem: Drei von vier Kindern erleiden regelmäßig Gewalt durch Eltern und Erziehende. UNICEF ist im Einsatz, um Mädchen und Jungen zu schützen. Wie diese Arbeit konkret aussieht, erklärt Sumaira Chowdhury, Kinderschutz-Expertin bei UNICEF.

UNICEF zwei Mädchen umarmen sich

„Im Kinderschutz haben wir es mit besonders verwundbaren, mit ausgegrenzten und oft übersehenen Kindern zu tun“, sagt  Sumaira Chowdhury, Kinderschutz-Expertin bei UNICEF.

Warum schaut UNICEF besonders auf Gewalt zu Hause?

Chowdhury: Leider erleben die meisten Kinder gewalttätige Disziplinierung – in Form von körperlicher Bestrafung oder psychischer Aggression – zum ersten Mal innerhalb der ersten beiden Lebensjahre. Hält sich diese Erfahrung, wächst ein Kind mit diesem Verhalten bis ins Erwachsenenalter hinein. So wird Gewalt von Generation zu Generation weitergegeben.

Was wird dagegen unternommen?

Chowdhury: Ein wesentlicher Eckpfeiler unserer Programmarbeit ist es, gemeinsam mit Müttern, Vätern und Betreuern Gewalt zu Hause zu verringern. Diese Programme sollen helfen, die Bedeutung einer positiven, gewaltfreien Erziehung und einer guten Bindung zu verstehen. Ich bin stolz darauf, dass wir mit Elternprogrammen allein 2019 mehr als 2,3 Millionen Mütter, Väter und Betreuer in 79 Ländern erreicht haben. Durch ein Elternhilfeprogramm ist es zum Beispiel auf den Philippinen nachweislich gelungen, das Risiko für Misshandlungen von Kindern um 39 Prozent zu senken.

Man sagt: "Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen“. Warum ist die Gemeinschaft so wichtig?

Chowdhury: Die meisten Kinder wachsen auf, ohne je mit der Polizei, mit Sozialarbeitern oder Kinderschützern in Kontakt zu kommen. In der Regel leisten Familienmitglieder, Nachbarn, Lehrer oder andere Mitglieder der Gemeinschaft Kinderschutz. Zum Beispiel in Sierra Leone: Nach dem Ende des Krieges waren dort viele Mädchen sexuellem Missbrauch ausgesetzt. Deshalb vereinbarten die Anführer der Gemeinschaften Gesetze, die sexuelle Übergriffe unter Strafe stellten. Traditionelle Prozesse können also potenziell eine große Macht haben. Von Gemeinschaften geführte Ansätze sind aber weder eine Wunderwaffe noch ein Ersatz für gut funktionierende Kinderschutzsysteme. Erfolgreicher Kinderschutz erfordert eine angemessene Mischung aus staatlich gelenkten und basisorientierten Ansätzen.

Sie selbst haben viele Länder bereist und Projekte begleitet, die sich mit Gewalt gegen Kinder befassen. Was haben Sie gelernt?

Chowdhury: Einmal habe ich ein beeinträchtigtes Kind getroffen, das von seinen Eltern an die Wand gebunden worden war. Nicht weil sie böse waren, sondern weil sie das Kind nicht mitnehmen konnten, während sie auf dem Feld arbeiteten. Das hat mir das Herz gebrochen. Es sind aber auch diese Begegnungen, die mich durchhalten und meine Arbeit tun lassen. Weil ich weiß, dass wir als Kinderhilfswerk daran arbeiten, Menschen in solchen Situationen zu unterstützen. Im Kinderschutz haben wir es mit besonders verwundbaren, mit ausgegrenzten und oft übersehenen Kindern zu tun. Jedes Kind verdient es, ein Leben ohne Angst führen zu können, jede verfügbare Unterstützung zu erhalten und von einer liebevollen Familie betreut zu werden. Das entsetzliche Leid dieser Kinder kann verhindert werden. Es ist unsere kollektive Verpflichtung, dies zu tun.

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Sumaira Chowdhury, Kinderschutz-Expertin bei UNICEF

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